Hallo, ich schreibe dir mal über die Kommentarfunktion. Für mich hat die Inklusion viel geändert. Ich habe jetzt Schüler in der Klasse, die wir vor zehn Jahren an andere Schulen überwiesen haben. Viele der Kinder tun mir leid, weil sie nicht die Förderung erhalten, die sie bräuchten. Es wird viel geredet, was geht, aber ich muss inzwischen darüber nur noch müde lächeln. Gerade diese Kinder sind ja keine Kinder, die man "beschäftigen" kann. Diese Kinder brauchen wirklich Förderung, viel Unterstützung. Meine anderen Kinder kommen bei mir oft zu kurz. Ich probiere oft allem gerecht zu werden, aber es klappt nicht.
Evtl. kann man auch sagen, dass die Konzentrationsspanne (noch) kürzer geworden ist. Es kommt mir im Moment vor allem bei meinem Jahrgang so vor. Es kann aber auch damit zusammenhängen, dass ich selbst 10 Jahre älter bin und nicht mehr so "gute" Nerven habe.
Was mir im Moment auch auffällt im Gegensatz zu früher, dass meine Mitte immer mehr verloren geht. Entweder super oder schlecht, dazwischen nur noch wenig. Ich hoffe, du kannst mit meinen Gedanken etwas anfangen. LG Pet
Entschuldigung, ich sehe Deine Nachricht erst jetzt; keine Ahnung, warum. Vielen Dank aber erst mal für Deine Ehrlichkeit. Ich glaube, dass sich auch in diesem Forum stillschweigend viele Teilnehmer Deinen Zeilen anschließen würden und habe insgesamt auch den Eindruck, dass sich nur keiner so recht traut, offen mit dem Thema umzugehen.
Genau die Situationen, die Du beschrieben hast, fürchte ich nämlich auch und ich kann sie, wenn es in den Medien wieder einmal verstärkt um den Lehrermangel und die damit verbundenen Folgen geht, in den darauffolgenden Tagen allzu häufig in den von Lehrkräften verfassten Leserbriefen nachlesen. Und ganz salopp gesagt: Die sind ja nicht alle überempfindlich und nicht belastbar, sondern da läuft wirklich etwas schief, was die Lehrkräfte einfach nicht auffangen können. Ein Alarmsignal ist vielleicht, dass es heute wohl sehr schwierig ist, Schülerinnen und Schüler an einer Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung unterzubringen, wenn die Eltern das nicht möchten. Und da Eltern vieles erst mal nicht möchten, verbleiben die Kinder an der Regelschule mit allen Folgen für sie selbst, die Mitschüler und die Lehrkräfte. Ich habe einige Monate an einer Förderschule mit Schwerpunkt Lernen unterrichtet. Fast alle Schülerinnen und Schüler waren froh, dort und nicht mehr an einer Regelschule zu sein, weil ihnen an der Förderschule ganz anders geholfen werden konnte und sie keinerlei Hänseleien ausgesetzt waren und endlich einmal Erfolgserlebnisse hatten.
Ja, ich fürchte auch, dass mein Alter eine zusätzliche Belastung sein wird, denn nach vier Kindern merke ich auch, dass das Nervenkostüm nicht mehr mit dem einer Person von Mitte dreißig mithalten kann.
Ich wünsche Dir alles Gute und vielen Dank nochmals für Deine Ehrlichkeit
Kein Problem, das mit dieser Pinnwanaktion hat es irgendwie in sich. Früher konnte man PN schreiben, aber die Funktion finde ich irgendwie nicht mehr.
Es ist so, wie du es beschreibst. Der Elternwille entscheidet, dass Kinder eine FÖschule besuchen. Vor allem im Bereich der soz.- emotionalen Entwicklung ist das sehr anstrengend. Diese Schüler*innen können dir den Unterricht sprengen. Die Unterstützung durch Förderlehrer ist bei uns wenig. Wenn ich überlege, wie viele Schüler die mit ihren wenigen Stunden auffangen und dazu noch an zwei Schulen pendeln...Die Klassenkonferenz hätte das Recht zu beschließen, dass ein Kind wiederholt. Aber wenn die Eltern klagen vor Gericht, dann musst du alles offenlegen. In 99 von 100 Fällen geht das Urteil zugunsten der Eltern aus... Eine schwierige Situation. Dir aber trotz allem einen guten Start.
vielleicht wären viele Schulen vor Gericht siegreicher, wenn sich die Richter vor der Urteilsfindung mal ein paar Unterrichtsstunden mit dem an die Förderschule zu überstellenden Kind anschauen würden. Es ist ja auch ein Unterschied, ob man im Gerichtssaal sagt: " Das Kind stört den Unterricht in einem Umfang, der den anderen Schülern und der Lehrkraft nicht mehr zuzumuten ist." oder ob man das mal live erlebt hat - mit allem, was so dazu gehört.
Ja, vielen Dank, aber ich werde mir das auch nur so lange ansehen, wie ich das Unterrichten ohne größere gesundheitliche Abstriche durchhalte.
Eine Frage habe ich aber noch: Ist es nicht mehr so, dass der Unterricht der Förderschüler als Einzelunterricht läuft? Es ist zwar schon 10 Jahre her, dass ich inklusiv unterrichtet habe, aber damals war es in Einzelunterricht. Oder war es nur zufällig so, weil es nur ein Schüler pro Klasse war und wenn es mehrere Schüler gewesen wären, dann hätten die alle zusammen von mir unterrichtet werden müssen?
Einzelunterricht ist bei uns fast Standard, sollte allerdings nicht so sein. Nach Aussage des Ministeriums und unserer Schulaufsicht soll die Förderlehrkraft mit im Unterricht sein, besser noch gemeinsam vorbereiten. Wir haben zwei Förderlehrkräfte, die nur an drei Tagen die Woche da sind. Unsere Schule hat ca. 200 Schüler, sie haben 15 Stunden, wir haben fast ca. 20 "echte" Förderschüler...Jetzt kann man ja rechnen, was da raus kommt. Es ist alles so schöngeredet... Meine Förderlehrerin fiel dann mal für mehrere Wochen aus, Ersatz gibt es keine, denn es gibt ja auch keine Förderlehrerfeuerwehr. Eine gute Woche, liebe Grüße Pet
das hört sich wirklich nicht gut an. Es ist auch schwierig: Man empfiehlt den Eltern, ihr Kind an eine Förderschule zu schicken (es verbliebe wahrscheinlich im Klassenverband, insofern änderte sich ja äußerlich nicht so viel), hat vielleicht auch ein Elternpaar vor sich, das (ohne Klage einzureichen ) sein Kind nach Förderschulkriterien unterrichten lassen will, weil es selbst merkt, dass es im normalen Unterricht überfordert ist - um dann festzustellen, dass der Förderschulunterricht hinten und vorne nicht ausreicht. Und wenn dann noch eine Förderschullehrkraft krank ist...
Mir wurde 2013 auch gesagt, dass die Kinder, die ich nach Förderschulkriterien unterrichten soll, eigentlich im Klassenverband verbleiben sollen, aber ich fand das Unterrichten einzelner Schüler im Klassenverband ziemlich schwierig und bin dann mit ihnen in einen separate Raum gegangen. Ich hatte den Eindruck, dass diese Vorgehensweise auch den Schülern entgegenkam.
Ist das auf Deinem Profilbild eigentlich eine Kartäuser-Katze?
Liebe Grüße und Dir auch eine schöne Woche
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Pet
Hallo, ich schreibe dir mal über die Kommentarfunktion. Für mich hat die Inklusion viel geändert. Ich habe jetzt Schüler in der Klasse, die wir vor zehn Jahren an andere Schulen überwiesen haben. Viele der Kinder tun mir leid, weil sie nicht die Förderung erhalten, die sie bräuchten. Es wird viel geredet, was geht, aber ich muss inzwischen darüber nur noch müde lächeln. Gerade diese Kinder sind ja keine Kinder, die man "beschäftigen" kann. Diese Kinder brauchen wirklich Förderung, viel Unterstützung. Meine anderen Kinder kommen bei mir oft zu kurz. Ich probiere oft allem gerecht zu werden, aber es klappt nicht.
Evtl. kann man auch sagen, dass die Konzentrationsspanne (noch) kürzer geworden ist. Es kommt mir im Moment vor allem bei meinem Jahrgang so vor. Es kann aber auch damit zusammenhängen, dass ich selbst 10 Jahre älter bin und nicht mehr so "gute" Nerven habe.
Was mir im Moment auch auffällt im Gegensatz zu früher, dass meine Mitte immer mehr verloren geht. Entweder super oder schlecht, dazwischen nur noch wenig. Ich hoffe, du kannst mit meinen Gedanken etwas anfangen. LG Pet
sinaneele
Hallo Pet,
Entschuldigung, ich sehe Deine Nachricht erst jetzt; keine Ahnung, warum. Vielen Dank aber erst mal für Deine Ehrlichkeit. Ich glaube, dass sich auch in diesem Forum stillschweigend viele Teilnehmer Deinen Zeilen anschließen würden und habe insgesamt auch den Eindruck, dass sich nur keiner so recht traut, offen mit dem Thema umzugehen.
Genau die Situationen, die Du beschrieben hast, fürchte ich nämlich auch und ich kann sie, wenn es in den Medien wieder einmal verstärkt um den Lehrermangel und die damit verbundenen Folgen geht, in den darauffolgenden Tagen allzu häufig in den von Lehrkräften verfassten Leserbriefen nachlesen. Und ganz salopp gesagt: Die sind ja nicht alle überempfindlich und nicht belastbar, sondern da läuft wirklich etwas schief, was die Lehrkräfte einfach nicht auffangen können. Ein Alarmsignal ist vielleicht, dass es heute wohl sehr schwierig ist, Schülerinnen und Schüler an einer Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung unterzubringen, wenn die Eltern das nicht möchten. Und da Eltern vieles erst mal nicht möchten, verbleiben die Kinder an der Regelschule mit allen Folgen für sie selbst, die Mitschüler und die Lehrkräfte. Ich habe einige Monate an einer Förderschule mit Schwerpunkt Lernen unterrichtet. Fast alle Schülerinnen und Schüler waren froh, dort und nicht mehr an einer Regelschule zu sein, weil ihnen an der Förderschule ganz anders geholfen werden konnte und sie keinerlei Hänseleien ausgesetzt waren und endlich einmal Erfolgserlebnisse hatten.
Ja, ich fürchte auch, dass mein Alter eine zusätzliche Belastung sein wird, denn nach vier Kindern merke ich auch, dass das Nervenkostüm nicht mehr mit dem einer Person von Mitte dreißig mithalten kann.
Ich wünsche Dir alles Gute und vielen Dank nochmals für Deine Ehrlichkeit
Pet
Kein Problem, das mit dieser Pinnwanaktion hat es irgendwie in sich. Früher konnte man PN schreiben, aber die Funktion finde ich irgendwie nicht mehr.
Es ist so, wie du es beschreibst. Der Elternwille entscheidet, dass Kinder eine FÖschule besuchen. Vor allem im Bereich der soz.- emotionalen Entwicklung ist das sehr anstrengend. Diese Schüler*innen können dir den Unterricht sprengen. Die Unterstützung durch Förderlehrer ist bei uns wenig. Wenn ich überlege, wie viele Schüler die mit ihren wenigen Stunden auffangen und dazu noch an zwei Schulen pendeln...Die Klassenkonferenz hätte das Recht zu beschließen, dass ein Kind wiederholt. Aber wenn die Eltern klagen vor Gericht, dann musst du alles offenlegen. In 99 von 100 Fällen geht das Urteil zugunsten der Eltern aus... Eine schwierige Situation. Dir aber trotz allem einen guten Start.
sinaneele
Hallo
vielleicht wären viele Schulen vor Gericht siegreicher, wenn sich die Richter vor der Urteilsfindung mal ein paar Unterrichtsstunden mit dem an die Förderschule zu überstellenden Kind anschauen würden. Es ist ja auch ein Unterschied, ob man im Gerichtssaal sagt: " Das Kind stört den Unterricht in einem Umfang, der den anderen Schülern und der Lehrkraft nicht mehr zuzumuten ist." oder ob man das mal live erlebt hat - mit allem, was so dazu gehört.
Ja, vielen Dank, aber ich werde mir das auch nur so lange ansehen, wie ich das Unterrichten ohne größere gesundheitliche Abstriche durchhalte.
Eine Frage habe ich aber noch: Ist es nicht mehr so, dass der Unterricht der Förderschüler als Einzelunterricht läuft? Es ist zwar schon 10 Jahre her, dass ich inklusiv unterrichtet habe, aber damals war es in Einzelunterricht. Oder war es nur zufällig so, weil es nur ein Schüler pro Klasse war und wenn es mehrere Schüler gewesen wären, dann hätten die alle zusammen von mir unterrichtet werden müssen?
Einen schönen Sonntag
Pet
Hallo Sinaneele,
Einzelunterricht ist bei uns fast Standard, sollte allerdings nicht so sein. Nach Aussage des Ministeriums und unserer Schulaufsicht soll die Förderlehrkraft mit im Unterricht sein, besser noch gemeinsam vorbereiten. Wir haben zwei Förderlehrkräfte, die nur an drei Tagen die Woche da sind. Unsere Schule hat ca. 200 Schüler, sie haben 15 Stunden, wir haben fast ca. 20 "echte" Förderschüler...Jetzt kann man ja rechnen, was da raus kommt. Es ist alles so schöngeredet... Meine Förderlehrerin fiel dann mal für mehrere Wochen aus, Ersatz gibt es keine, denn es gibt ja auch keine Förderlehrerfeuerwehr. Eine gute Woche, liebe Grüße Pet
sinaneele
Hallo Pet,
das hört sich wirklich nicht gut an. Es ist auch schwierig: Man empfiehlt den Eltern, ihr Kind an eine Förderschule zu schicken (es verbliebe wahrscheinlich im Klassenverband, insofern änderte sich ja äußerlich nicht so viel), hat vielleicht auch ein Elternpaar vor sich, das (ohne Klage einzureichen ) sein Kind nach Förderschulkriterien unterrichten lassen will, weil es selbst merkt, dass es im normalen Unterricht überfordert ist - um dann festzustellen, dass der Förderschulunterricht hinten und vorne nicht ausreicht. Und wenn dann noch eine Förderschullehrkraft krank ist...
Mir wurde 2013 auch gesagt, dass die Kinder, die ich nach Förderschulkriterien unterrichten soll, eigentlich im Klassenverband verbleiben sollen, aber ich fand das Unterrichten einzelner Schüler im Klassenverband ziemlich schwierig und bin dann mit ihnen in einen separate Raum gegangen. Ich hatte den Eindruck, dass diese Vorgehensweise auch den Schülern entgegenkam.
Ist das auf Deinem Profilbild eigentlich eine Kartäuser-Katze?
Liebe Grüße und Dir auch eine schöne Woche