Hallo,
ich kenne die Problematik "Teil-leistungsschwäche / Teilleistungsstörung" besser von der Legasthenie her; aber die Dyskalkulie ist genauso eine Teil-leistungsschwäche - und deshalb beziehe ich mich beispielhaft auf mir dazu bekannte Schulrecht-Texte in Hessen.
Ich zitiere sie mehr wegen ihres pädagogischen Gehaltes als wegen ihres natürlich hilfreichen juristischen Inhaltes.
Bundesweit soll (!?) Gleiches in der KMK (Kulusministerkonferenz) für die Dyskalkulie formuliert werden.
Vorneweg möchte ich rhetorisch fragen: Goethe und Einstein waren erwiesenermaßen "Legastheniker", hatten eine Teilleistungsstörung - waren Sie dumm ? Sicherlich nicht !
Zitat
musikatze schreibt: Das Problem liegt ... im Bett mit angeblichen Beschwerden
Dazu der hessische Schulrechtstext:
Zitat
Richtlinien zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und Rechtschreiben - gilt übertragen genauso für Dyskalkulie Erlass vom 15. Dezember 1995
2.2 Misserfolge und Schwierigkeiten ... haben gravierende Beeinträchtigungen nicht nur des gesamten schulischen Lernens, sondern auch der Persönlichkeitsentwicklung zur Folge:
- durch Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls bis zu Verhaltensauffälligkeiten und körperlichen Störungen,
- in sozialer Hinsicht durch den Verlust von Ansehen und Zuwendung,
- im Unterricht durch Leistungsrückgang bis zum völligen Schulversagen,
- im häuslichen Bereich durch Belastungen der Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern,
- im späteren beruflichen Rahmen durch verminderte Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten.
In Extremfällen können diese Störungen zu einer übergreifenden Entwicklungsbehinderung im Sinne des § 39 des Bundessozialhilfegesetzes führen.
2.3 Es müssen bei gleicher Zielsetzung den Schülerinnen und Schülern verschiedene (variable) Lernangebote gemacht werden, um die unterschiedlich ausgeprägten Wahrnehmungsmöglichkeiten (visuelle, auditive, motorische, taktile) zu berücksichtigen,
3.3 Im Arbeits- und Sozialverhalten können sich durch unvermeidbare, teilweise länger andauernde Misserfolgserlebnisse bei den betroffenen Schülerinnen und Schülern einzelne oder mehrere Auffälligkeiten zeigen, wie
- deutliches Vermeidungsverhalten gegenüber Lesen und Schreiben - hier Mathematik,
- übersteigertes oder herabgesetztes Anspruchsniveau gegenüber diesen und manchmal auch weiteren Lerngegenständen,
- unausgeglichene Stimmungslage,
- Ersatzbefriedigungen,
- auffälliges Verhalten in der Gruppe (aggressiv, regressiv),
- Rückfall in kleinkindhafte Verhaltensweisen,
- Schulschwänzen,
- psychosomatische Beschwerden (Erbrechen, Magenschmerzen, Durchfall, Schlafstörungen)
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Später wird beschrieben, wie mit diesen Kindern umgegangen werden muss :
Zitat
5. Fördermaßnahmen
5.4 Erfolgreiche Förderung ist nur dann zu erwarten, wenn es gelingt, einen persönlichen, vom Leistungsdruck unbelasteten Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern zu gewinnen und dadurch die oft ausgeprägte und verfestigte Entmutigung der Schülerinnen und Schüler zu überwinden.
"vom Leistungsdruck unbelastet" kann nur "keine Noten = Notenschutz" bedeuten.
Eine "5" oder "6" sind sozial und das Selbstwertgefühl belastende schlechte Noten. Wieso sollen sie pädagogisch unvernünftig noch zusätzlich zur Belastung durch die Dyskalkulie selbst hingenommen werden ?! "musikatze" hat doch jetzt eindrucksvoll über Monate die Verschlechterung des Zustandes ihrer Tochter gerade durch diese Noten beschrieben. Warum muss man dem Kind bei dieser Belastung noch noch mit "6" in die Seele treten ?
Es ist auffällig, wie schwer sich Lehrerinnen und Lehrer trotz der beschriebenen gravierenden Beeinträchtigungen mit dem Notenschtutz tun. (Entsch'gung - es folgt ein typischer gemo-Satz:) Die schlechte Note scheint für die Lehrer ganz lebens-wichtig zu sein, denn mit Logik und päd. Engagement dürfte der Notenschutz einem bei diesen Texten doch ganz selbstverständlich einsichtig sein.
Im Berliner Legasthenie-Erlass steht und muss gleichwertig für Dyskalkulie gelten:
Zitat
2 - Zweck der Vorschrift
Die in diesen Ausführungsvorschriften vorgesehenen Maßnahmen sollen Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens befähigen, die dadurch auftretenden Beeinträchtigungen soweit wie möglich zu überwinden, und es ihnen durch gezielte Förderung und ergänzende Hilfen und angemessene Erleichterungen ermöglichen, eine ihren Fähigkeiten entsprechende schulische Entwicklung und eine ihrem individuellen Leistungsvermögen angemessene Schullaufbahn zu durchlaufen.
http://www.bvl-legasthenie.de/…ex=schule&subindex=berlin
Dort findet Ihr
Zitat
IV. Maßnahmen in der Oberschule
11 - Verfahren zur Einleitung von Maßnahmen in der Oberschule
(1) Je nach der festgestellten Art und Schwere der (Lese- und Rechtschreib-Mathematik- ) Schwierigkeiten entscheidet die untere Schulaufsichtsbehörde, ob auf der Grundlage der Empfehlungen des Schulpsychologischen Beratungszentrums ... unterstützende Maßnahmen nach Nummer 12 in den Klassenstufen 7 bis 10 gewährt werden können.
13 - Besonderheiten der Leistungsbewertung
(1) Nummer 8 Abs. 1 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass Besonderheiten der Leistungsbewertung nur dann festgelegt werden können, wenn gravierende Lese- und Rechtschreibstörungen vom Schulpsychologischen Beratungszentrum gutachterlich bestätigt wurden.
(2) In den Klassenstufen 7 bis 9 werden die Rechtschreibleistungen in schriftlichen Leistungsnachweisen, ansteigend von Klasse 7 bis 9, zunehmend höher gewichtet. Die individuellen Fortschritte in den Rechtschreibleistungen sind verbal auszuweisen.
Abgesehen von der Vorschrift der gutachterlichen Feststellung halte ich es auch pädagogisch für sinnvoll, zu seiner Teilleistungsstörung und der seines Kindes zu stehen - wie musikatze es seit Monaten hier tut - und dann alle Rechte in Anspruch zu nehmen.
Ich erlaube mir zu vermuten, dass der Schulpsychologe von einer "Stigmatisierung" durch schriftliche Feststellung zu den Schulakten abriet und damit die Verantwortung/Entscheidung den Eltern zuschob - es nicht ablehnte, die Dyskalkulie festzustellen -, weil er die ablehnende Haltung der Schulen kennt und musikatze keinen Anspruch auf Papier schreiben wollte.
Im Ganzen muss ich auch dazu schmunzeln, wie hier eine Lehrerin aber als Mutter die Probleme mit den lieben Kollegen und dem ganzen Scchulapparat beschreibt.
"musikatze", Du siehst, wie sich die Situation Deiner Tochter verschärft. Trete jetzt entschieden für ihre Schutzrechte ein! Zieh die Notbremse, denn es hätte schon seit langem pädagogisch und vorschriftsmäßig anders mit Deiner Tochter verfahren werden müssen.
Mich wundert, dass Dir der Berliner Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie nur für andere Kinder passend erscheint. Gerade für solche ansonsten gut begabte Kinder will er sich bundesweit offiziell engagieren.
Was die materielle Seite "Kosten einer speziellen individuellen Therapie" angeht, habt Ihr Anspruch auf Leistung des Jugendamtes nach dem Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) = dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) § 27 ff (Hilfe zur Erziehung, insoweit Ihr spezielle Aufgaben nicht selbst erfüllen könnt und Fachkräfte braucht) und nach § 35a (Hilfe zur Re-Eingliederung bei drohender oder bereits bestehender seelischer Behinderung). Es handelt sich hierbei um eine Leistungs-PFLICHTdes Staates - und trotzdem muss man darum kämpfen.
Das Oberverwaltungsgericht in Ba.-Wü. hat schon Eltern zu ihrem Recht und Geld verholfen.
http://www.kindex.de/pro/index.aspx?mode=gesetze&value=kjhg
Viele weitere Links zum KJHG = SGB VIII unter www.google.de
Hier im Raum Frankfurt/Main kenne ich mehrere Adressen von Therapeuten. Es sollte mich wundern, wenn es in und um Berlin keine Fachleute gäbe. Adressen müsste der Landeverband Leg. u. Dyskalkulie haben.
Aber auch die Jugendämter selbst führen Listen von von ihnen anerkannten Therapeuten.
Alles Gute, gemo.