Die kommenden Aussage werden wieder Entrüstung hervorrufen. Empfindliche Menschen bitte auf eigene Gefahr lesen.
Es wird den Gymnasiallehrern vorgeworfen zu viel an unnützem Fachwissen zu haben. Mag ich teilweise zustimmen, wobei man immer bedenken muss, gerade in der Naturwissenschaft macht es Sinn zumindest ein mal im Leben halbwegs am aktuellen Stand der Forschung dran gewesen zu sein. Immerhin bildet man die zukünfigen Professoren, promovierten Chemiker, Ingenieure usw. aus, die eben genau diesen Wissenstand noch erweitern sollen.
Aber jetzt kommts. Ich finde, dass ein 9 semestriges Studium für 0Sonderschullehrer einfach zu viel ist um dann ("nur") die schwächsten Leistungsstufe an Schülern zu unterrichten.
Wie sinnvoll ist es da so viel Geld hineinzustecken in die (mit Sicherheit anstrengende und viel didaktisches Wissen erfordernde) Förderung dieser Klientel? Wenn ich jetzt sage, das ist als wenn man Perlen vor die Säue wirft wird mir jeglicher klägliche Rest an Sozialkompetenz und Empathie abgesprochen, also sage ich, es ist für mich ein bisschen so, als würde man mit Kanonen auf Spatzen schießen. Es würde mich interessieren, ob das in Amerika oder in europäischen Nachbarländern auch so gehandhabt wird. Mein Empfinden ist, dass in Deutschland sehr viel Förderung der Schwachen (an sich ja eine tolle Sache!) und wenig Förderung der Elite stattfindet. Jetzt auch auf Gelder für Leistungsstipendien gegenüber Fördergeldern für Benachteiligte bezogen.
Ist ein Thema für sich, aber ich fände ein strafferes Studium und dann eine geringere Bezahlung im Sonderschulbereich durchaus diskutabel. Da wäre das Geld meiner Ansicht nach besser im Grundschulbereich aufgehoben, weil da einfach mehr (volkswirtschaftlich gesprochen) bei heraus kommt durch die Investition.
Wem das jetzt zu "unmenschlich" klingt der solle sich mal bewusst machen, dass wir in einer immensen Konkurrenz zu aufstrebenden Ländern wie China oder Indien befinden und es vor allem wichtig ist eine Elite herauszubilden, die Innovation in Technik usw. schafft um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähige Produkte zu haben.
Auf dem Erfolg der Gymnasiasten ruht die Zukunft Deutschlands, nicht auf perfekt geförderten leistungsschwachen Schülern. Nur dem Erfolg der deutschen high tech industry ist es zu verdanken, dass wir überhaupt einen Lebensstandard haben, der es uns erlaubt so viel soziale Systeme aufrecht zu erhalten.
Deshalb sollte man immer bedenken, dass eine stärkere Förderung der fachlichen Elite (seien es Gymnasiasten, Hochbegabtenförderung, bessere Bezahlung der entsprechenden Lehrer usw.) vielleicht indirekt zu mehr Geldern für soziale oder kulturelle Dinge führt. Erst wenn deutsche Ingenieure, Physiker, Chemiker, Genetiker usw. mit Innovation die Wirtschaft am laufen halten ist Geld dazu da, einen Ethnologen als Kurator für ein Museum für Völkerkunde aus öffentlichen Mitteln zu bezahlen.
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Hm, geht bei einer immer besseren Förderung der "Guten" und einer gleichsam immer schlechteren Förderung der "Schlechten" nicht die "Schere" zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft immer weiter auseinander? Ist es nicht auch im Sinne einer guten Volkswirtschaft, wenn möglichst wenige Menschen arbeitslos sind, sondern alle ihren Teil beitragen können und keine Sozialhilfe empfangen müssen, sondern auch noch Steuern zahlen?
Wissen wir heute nicht, wie stark (Schul-)Erfolg auch vom sozio-ökonomischen Hintergrund abhängt? Da aber aufgrund der demographischen Entwicklung Leute "unterer" gesellschaftlicher Schichten deutlich mehr Kinder haben, stirbt deine "Elite" irgendwann aus, wenn wir uns nicht daran machen, alle zu fördern. Dann kann Deutschland als Land mit wenigen Rohstoffen aber international erst recht nicht mehr mithalten.
Und ist dieses marktwirtschaftliche und nur auf finanziellen Erfolg getrimmte Denken tatsächlich die Messlatte, nach der wir uns richten sollten? Wenn so etwas schon aus dem Mund von Pädagogen kommt, ist das meines Erachtens sehr traurig. Als ob es um nichts Wichtigeres im Leben ginge - wenn du deinen Auftrag als Lehrer tatsächlich nur in der 'Mobilisierung des Humankapitals' siehst, tun mir deine Schüler jetzt schon leid.
Aber, wie gesagt, auch diese Mobilsierung hat nur ihren Sinn, wenn man alle Schüler, insbesondere die "Schwachen", mit ins Boot holt, da die demographischen und gesellschaftlichen Entwicklungen sonst dafür führen, dass wir immer mehr für die Wirtschaft "Unbrauchbare" haben, die auch noch finanziert werden müssen.
Zwei abschließende Gedanken:
Erstens: Einem guten Schüler macht schlechter Unterricht nicht so viel aus wie einem schlechten Schüler. Ein Grund mehr, warum bei "niedrigerer" Schulform die Lehrer eigentlich besser ausgebildet sein müssten (sind sie pädagogisch-didaktisch ja auch; aber um auf die speziellen Schwierigkeiten von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf eingehen zu können, bedarf es nun einmal dieses intensiven Studiums).
Zweitens: Auch Sonderschüler sind nicht immer zwangsläufig diejenigen mit den schlechtesten Schulleistungen. Ich weiß von einem Mädchen, das nachdem ihre Schullaufbahn an der Sprachheilschule begonnen hatte, später am Gymnasium eine Klasse übersprungen hat. Es ist wohl fraglich, inwieweit sie ohne die spezielle sonderpädagogische Förderung im Anfangsunterricht überhaupt das Lesen und Schreiben erworben hätte. An Schulen für Blinde und Sehbehinderte, Hörgeschädigte und Körperbehinderte kann man teilweise das Abitur ablegen. (Aber das betrifft natürlich nur eine Minderheit der Sonderschüler und Sonderschullehrer.)