Primarlehrer sollten so viel verdienen wie Gymnasiallehrer? Nein. Ich finde es schon gerechtfertigt, wenn die höhere Qualifikation sich in höherem Gehalt niederschlägt. Ich gehe davon aus, dass ein Großteil der Primarlehrkräfte an einem universitäten Physik / Mathe Studium intellektuell scheitern würde. Dies legitimiert aus meiner Sicht eine bessere Bezahlung.
Wenn die höhere Qualifikation nicht als Maßstab dienen sollte, dann müssten sich Primarlehrkräfte im Gegenzug die Forderung nach gleichem Gehalt, vorgetragen von Kindergärtnerinnen und Erzieherinnen, gefallen lassen. Denn genausowenig wie man sagen kann, die Arbeit eines Gymnasiallehrers sei wichtiger als die eines Primarlehrers, kann man sagen, dass die Arbeit einer Kindergärtnerin weniger wichtig sei als die eines Primarlehrers. Wichtig sind alle! Der Unterschied liegt lediglich in der Komplexität der zu vermittelnden Materie ("Schuhe zu binden" im Kindergarten versus "Quantenphysik in Sek. 2"), die sich in unterschiedlichen intellektuellen Anforderungen an die Lehrkraft niederschlägt, unterschiedlich schwierige Ausbildungswege zur Folge hat, und demnach unterschiedlich vergütet werden sollte (und ja auch wird). Ich bitte um moderate Entrüstung.
Zuerst einmal würden sicherlich auch viele Gymnasiallehrer ein Physik-/Mathematikstudium nicht schaffen. Genauso, wie auch erst der Nachweis erbracht werden müsste, dass Physiklehrer am Gymnasium das Grundschullehramtsstudium schaffen würde. Natürlich gibt es Tendenzen, dass das eine oder andere Studium schwerer oder einfacher sein soll. Schlussendlich ist das aber sehr subjektiv; es sind immerhin Ausbildungen auf dem gleichen Niveau (Universität resp. wissenschaftliche Hochschule) und die Regelstudienzeit gleicht sich auch immer weiter an. Sofern diese gleich ist (wie es in einigen Bundesländern der Fall ist), kann man von der (subjektiven) Schwere des Studiums nicht unterschiedliche Gehälter ableiten. (Wie gesagt, sonst müsste man auch am Gymnasium zwischen verschiedenen Fächern differenzieren, aber ich glaube, sogar das hast du schon einmal vorgeschlagen.)
Hieran sieht man auch, dass der Vergleich mit den Erziehern deutlich hinkt, weil es sich erstens um eine Ausbildung auf einer anderen Stufe (Fachschule) und zweitens auch eine in der Regel kürzere Ausbildung handelt.
Die "Komplexität der vermitteltenden Materie" ist natürlich zwischen Grundschule und Sekundarstufe 2 unterschiedlich, aber damit gleichzeitig doch auch die Voraussetzungen bei den Schülern. Mit der Arbeit in der Grundschule sind einfach andere Herausforderungen (fachdidaktikische, psychologische, pädagogische statt fachwissenschaftliche) verbunden, nicht niedrigere. Hieraus eine größere (intellektuelle) Herausforderung an Gymnasiallehrer zu folgern, ist wiederum rein subjektiv und kann sicherlich auch nicht empirisch o.ä. nachgewiesen werden.
Es ist nur in Deutschland, auch aus historischen Gründen, der Fall, dass Fachwissen bei Lehrern mehr zu zählen scheint als erziehungswissenschaftliches, didaktisches und psychologisches Wissen und Können. Damit stellen wir international aber auch eine Ausnahme dar. Das wäre vielmehr einmal überdenkenswert, wenn wir zum Beispiel nach Gründen für das allenfalls mittelmäßige deutscher Schüler in internationalen Leistungsvergleichsstudien suchen. (Gestützt werden könnte das darauf, dass die deutschen Kinder bei IGLU in der GS z.B. noch im guten Mittelfeld abschneiden, während die Leistungen in der Sekundarstufe abzufallen scheinen. Hängt vielleicht auch mit der unterschiedlichen Ausbildung der Lehrkräfte zusammen?)
P.s.: Durch dein Modell ("Komplexität der zu vermittelnden Materie") kann zum Beispiel auch nicht erklärt werden, warum wir Sonderschullehrer besser bezahlt werden als Grundschullehrer, denn wir bringen den Kindern i.d.R. ja noch basalere Dinge bei.