Beiträge von Plattenspieler

    Ein Kind mit massiven Behinderungen im sozialen Bereich, Aggressionsattacken usw. kann durchaus Grund für eine (stressbedingte, überforderungsbedingte) Frühpensionierung sein.


    Wie viele solcher Kinder kennst du denn?
    Und glaubst du wirklich, der Umgang mit Sonderschülern unterscheidet sich so grundsätzlich von dem von "Regelschülern", dass du diese nicht unterrichten könntest? Auch Sonderpädagogik ist Pädagogik ...
    Gibt es am Gymnasium keine Kinder mit Verhaltensstörungen? Dass die Unterscheidung, wer klassifiziert und "sonderbeschult" wird, oft sehr willkürlich ist, sollte doch nicht wirklich neu sein ...
    Sollten dann solche Kinder, wie du sie beschreibst, gar nicht beschult werden? Oder schließt du nur dich als Gymnasiallehrer dich hier aus, mutest es anderen Lehrern aber zu?
    Wenn du dich überfordert fühlst, gibt es auch Fortbildungen etc., zu denen du als Lehrer im übrigen verpflichtet bist, gerade weil sich im Laufe eines Arbeitslebens Arbeitsbedingungen ändern können ...


    p.s.: Zu dem Artikel und dem gleichschrittigen Vorgehen habe ich oben schon etwas geschrieben. Einen Text, der im Jahr 2012 noch von "Taubstummen" schreibt, kann ich auch per se nicht richtig ernst nehmen.

    Aber die Arbeitsbelastung kommt doch durch die "Sonderschüler" hinzu, oder? Also wird es schlussendlich doch auf diese zurückgeführt.


    Wie schon einmal geschrieben, sehe ich die personelle/finanzielle Umsetzung der Inklusion durchaus auch kritisch, aber bei manchen Beiträgen hier fragt man sich schon, was für Vorstellung so mancher Schreibling hier von den Schülern hat, die hier eventuell an die eigene Schule kommen könnten ...
    Ganz abgesehen von den fragwürdigen Links, die hier gepostet werden, 8 Lektionen in Englisch "nicht geschafft". Wer macht denn heute an welcher Schule wirklich noch einen gleichschrittigen Unterricht mit der gesamten Klasse?! So kann Inklusion natürlich nicht gelingen, aber so frage ich mich sowieso, wie der momentane Unterricht so aussieht. Hier liegt doch dann ein Problem vor, dass lange vor der "Inklusion" beginnt ...


    In allen integrativen Projekten, in die ich bislang Einblick erhalten konnte, klappte der "gemeinsame Unterricht" gut, auch bei vergleichsweise schlechten personellen und räumlichen Bedingungen. Manche Sorgen sind sicherlich berechtigt, aber viele hier angedeuteten Untergangsszenarien wirken schon lächerlich.

    Lieber Silicium,


    eigentlich wollte ich hier nicht mehr schreiben, aber jetzt habe ich doch noch drei kleine Rückfragen an dich, die du hoffentlich gestattest:



    1.


    So wie ich das mitbekommen habe sind manche Fachlehrer froh, wenn sie den unzähligen Gesichtern noch Namen zuordnen können und Noten zu jedem einzelnen verfassen können. Eine detaillierte, ausführliche Beschreibung jedes einzelnen Schülers mit seinem individuellen Leistungstand ist mir da noch nicht untergekommen.


    Das verstehe ich nicht: Wie kann ich denn Noten zu jedem Schüler konstruieren, ohne über seinen Leistungsstand bescheid zu wissen? Das muss dann ja reine Willkür sein ... ?



    2.


    In welchem Bundesland heißt die "Schule für Geistigbehinderte" denn "Schule zur individuellen Lebensbewältigung"? Interessiert mich ernsthaft; ich finde den Namen nämlich gar nicht so schlecht, auch wenn er eigentlich tautologisch ist, weil jede Schule bei der "individuellen Lebensbewältigung" helfen sollte.
    An Schulen dieses Typus, die ich kennenlernen durfte, waren ca. 3 - 8 Schüler pro Klasse. Gibt vielleicht auch welche mit 10 (oder mehr), aber dann hoffentlich nur mit gutem Personalschlüssel.



    3.


    Du weißt, dass es empirische Studien gibt, dass integrativer Unterricht die fachlichen Leistungen der "normalen" Schüler nicht beeinträchtigt? Oder soll ich sie für dich heraussuchen?

    So wie ich euch verstehe, ist es bei euch mehr ein gradueller Unterscheid zwischen "Rechenschwierigkeiten" und "Dyskalkulie" als ein prinzipieller?
    Eine solche Abgrenzung nach dem Schweregrad ist ja ok und sicherlich hilfreich. Nur den Begriff "Dyskalkulie" sehe ich immer noch kritisch, weil er eben für ein bestimmtes ätiologisches-medizinisches Konzept steht (hinter dem sicherlich nicht alle Leute stehen, die den Terminus verwenden).

    Eine solche Unterscheidung zu treffen, wie du es nennst, Ilse, halte ich durchaus für sinnvoll und natürlich kann jeder dafür seine eigenen Termini verwenden. Dennoch halte ich es nicht für Wortklauberei, denn "Dyskalkulie" und "Legasthenie" stehen im Allgemeinen eben für den medizinischen Ansatz, der weitgehend als überholt und wenig sinnvoll gilt, und deutet insofern schon auf ein bestimmtes Verständnis von Lernschwierigkeiten hin. Der Ansatz stigmatisiert und pathologisiert Kinder und eine "Ursache" ist damit leider trotzdem nicht gefunden. Und zuletzt entlastet er auch Lehrer und hält sie davon ab, die didaktisch-methodische Unterrichtspraxis zu überdenken - konkrete Hilfen für die Therapie bietet er im Gegensatz zur pädagogischen Diagnostik auch nicht. Eine schöne, knappe, aber auf den Punkt gebrachte Einführung zur Kritik am medizinischen "Legasthenie"-Ansatz von Valtin findet man unter http://www.rsb-borken.de/fileadmin/Downloads/LRS/Valtin.pdf ; die meisten Punkte lassen sich relativ analog auf das Thema "Dyskalkulie" übertragen.


    Silicium, ich habe überhaupt nichts gegen die Psychologie (übrigens auch nicht per se gegen die Medizin) und halte sie für eine sehr wichtige Bezugswissenschaft für die Pädagogik. Bei den hier erörterten Fragen grenzt man meist auch eine pädagogisch-psychologische Perspektive von einer medizinischen ab (vgl. den verlinkten Artikel von oben). Und, wie gesagt, wie sie das schlussendlich nennen, hat nicht unbedingt etwas mit dem dahinterstehenden Konzept zu tun - trotzdem und gerade deshalb plädiere ich aber gegen eine originär medizinische Terminologie in diesen Bereichen, die auch die Psychologie, soweit ich den aktuellen Forschungsstand überblicke, weitgehend abgelegt hat. Die meisten neueren Aufsätze oder Bücher, in deren Titel noch "Dyskalkulie" oder "Legasthenie" vorkommt, sind von Medizinern verfasst.
    Neurowissenschaften halte ich für durchaus nicht uninteressant, aber für die konkrete pädagogisch-didaktische Praxis weitgehend irrelevant. Schulisch relevante psychologische Gebiete sind im Allgemeinen die Entwicklungspsychologie, die Lern- und Motivationspsychologie und die Verhaltens- und Sozialpsychologie (in denen natürlich auch verstärkt naturwissenschaftlich-biologische Aspekte eine Rolle spielen). Ich glaube da aber auch nicht an einen Paradigmenwechsel in der pädagogischen Psychologie zugunsten der Biopsychologie und Neurowissenschaften. Aber wir werden sehen, was kommt; wir stehen ja beide erst zu Beginn unserer Berufslaufbahn.
    Mein Lieblingswort für Rechenschwierigkeiten ist übrigens "Zahlendyssymbolismus". (Also nicht, dass ich es verwenden würde, aber im Sinne eines amüsanten Wortes - so war es ja wohl auch von dir gemeint.) :)

    Das sind keine "anerkannten" Krankheitsbilder, sondern seltsame Konstrukte der Medizin in einem Bereich, der nicht zu ihrem Fokus gehört und originär in anderen Disziplinen angesiedelt ist.


    Gibt ja auch berechtigerweise genug Kritik daran, denn die Begriffe schaden mehr als sie nutzen. Erschreckend, wie viele Pädagogen trotzdem daran hängen.


    Was unterscheidet denn ein Kind mit "echter Dyskalkulie" von einem "nur rechenschwachen" Kind?

    Hier sind wir an einem speziellen Förderbedarf, der aber kein sonderpädagogischer ist.


    Hm, doch. Auch in einer Klinikschule (z. B. in der Psychiatrie) oder in einer Intensivgruppe, wo man ihn im "Notfall" unterbringen könnte, unterrichten Sonderpädagogen. Und das Lernen bei emotional-sozialen sowie psychischen Störungen gehört sehr wohl in die sonderpädagogische Hand. (Wenn wir schon kaum eigene Kompetenzen haben, könnt ihr uns die wenigen doch nicht auch noch wegnehmen.) 8)

    Nö, ich weiß schon, was ich schreibe. Aber ich verstehe nicht, warum man Lehr-Lernschwierigkeiten (denn meist sind die nicht unwesentlich auch durch didaktisch-methodische Fehlleistungen hervorgerufen) als Krankheitsbild ("Dyskalkulie") klassifizieren und die Schüler damit stigmatisieren muss. Kann man das ganze nicht einfach Mathe-Fördergruppe o.s.ä. nennen ? 8)


    Hatten wir eine solche Diskussion nicht schon vor kurzem hier im Forum um das Thema "Legasthenie"?

    Bei allem Verständnis für Sorgen um die finanzielle und personelle Umsetzung der Inklusion finde ich es doch nach wie vor bedenklich, wie hier von behinderten/benachteiligten Menschen gesprochen wird.
    Da wird zuerst an Stühle werfen gedacht etc. und da wird alles getan, um sich von diesen Schülern abzugrenzen und zu sagen, man sei ja nicht für den Unterricht mit ihnen ausgebildet. Sind ja keine richtigen Menschen, gell, was soll man mit denen schon machen? :rolleyes: Und überhaupt, sich auf unterschiedliche Schüler einstellen - wo kommen wir denn hin ...


    Vielleicht hätte einigen hier etwas mehr Inklusion von ihrer Jugend an gut getan.


    In dem Zusammenhang nehme ich mir heraus, auch noch einmal auf einen Post auf der ersten Seite des Threads zurückzugreifen, weil er meines Erachtens wunderbar bezeichnend ist:


    Ich gehe jede Wette ein, Silicium, dass wir das nicht vorher erfahren, sondern dass ich irgendwann unangekündigt ein Kind in meiner Klasse vorfinde und dann eben sehen kann, wie ich damit umgehe.


    Als Lehrer ein Kind in der Klasse vorfinden - das kanns ja echt nicht sein!


    Unsere Inklusionsklasse bekommt keinen (!) Förderschullehrer zugeteilt, nicht einmal für die vorher versprochene Hälfte der Stundenzahl.


    Aber Elternschreck, das wird für dich doch kein Problem sein?!


    Du erzählst doch auch den Grundschulkollegen immer, wie sie Unterricht zu machen hätten, und scheinst für die Handhabung sämtlicher Lern- und Verhaltsprobleme über adäquate Interventionsmaßnahmen zu verfügen.
    Was sollen dir dann schon so ein paar Sonderschüler? Denen zeigst du ganz schnell, wer der Chef ist und dass dir Leistung wichtig ist!
    Da brauchst du doch keinen Sonderpädagogen an deiner Seite, zumal die Mehrzahl derer wohl auch unter die Kategorie "Kuschelpädagogen" zu zählen sein dürfte.


    Nein, Elternschreck, ich bin mir ganz sicher, dass du die Situation trotzdem im Griff haben wirst ! 8)


    Ob jetzt jemand hochkarätige Nachhilfe hat, einfach sehr intelligent ist oder unzählige Stunden zuhause gebüffelt hat um eine Leistung zu erbringen empfinde ich als unerheblich. In der Regel weiß ich das auch nur bei einem Bruchteil der Schüler.


    Na, das spricht auch nicht unbedingt für dich. Man sollte sich mit Lebenswelt, Stärken und Schwächen seiner Schüler schon beschäftigen. Ist klar, dass das während Studium/Praktika/Praxissemester nicht in großem Umfang möglich ist, aber ich hoffe, auch du wirst das spätestens als fertiger Lehrer einsehen.



    Ansonsten ist das natürlich nicht per se falsch, was du schreibst, sondern Ausdruck eines Spannungsfeldes, in dem sich die Schule befindet.
    Das aufzulösen ist kaum möglich, und schon gar nicht mit einer (reinen) Notenbewertung. Deshalb ja auch die Anmerkung von alias, dass man diese (reine) Notenbewertung aufgeben sollte, weil sie den Schülern einfach nicht gerecht wird und auch keinen förderlichen Aspekt auf ihre Lernentwicklung hat.
    Aber klar, dass das so schnell nicht kommen wird; das ist wiederum ein gesamtgesellschaftliches Problem, in dem ein ganz bestimmtes Verständnis von "Leistung" vorliegt (nämlich so, wie du es definierst: als - weitgehend - objektivierbar). Das muss man aber nicht unbedingt beibehalten, nur weil es sich etabliert hat.



    Aber die objektiven Leistungsmaßstäbe zu verschieben finde ich nicht angebracht.


    Das Problem ist, dass Noten eben keine objektiven Leistungsmaßstäbe widerspiegeln. Das mag man sich im Sinne des oben skizzierten Leistungsverständnisses einreden, das ist aber nicht so. Wie stark Noten subjektiv sind, wurde bereits vielfach - auch empirisch - nachgewiesen.


    Sicher seid ihr alle im Urlaub.


    Das glaube ich nicht; schließlich sind noch nicht überall Ferien.




    Ich bin aber kein Grundschullehrer, sondern Gymnasiallehrer!


    Wenn du das Ref. noch nicht gemacht hast, bist du noch gar kein Lehrer, oder?




    Hinzu soll ich Frühenglisch in einer dritten Klasse und Englisch in einer fünften Klasse unterrichten.


    Gibt es in Berlin tatsächlich Frühenglisch und Englisch als zwei verschiedene Fächer?




    Das Problem ist, dass ich nicht mal weiß, ab welchem Niveau eine vierte Klasse mit Mathematik anfangen soll?


    Du schaust, wo die Schüler in Mathe stehen (ebenso in Englisch usw.). Und da wird "ein Niveau" nicht ausreichen, weil Schüler selten alle den gleichen Entwicklungsstand aufweisen.




    Und was sollen sie am Ende des Schuljahres gelernt haben?


    Das findest du im Lehr- bzw. Bildungsplan. Solltest du nach einem Lehramtsstudium wissen.




    Ich muss selber soooo viel lernen.


    Du darfst noch so viel lernen. :)




    Ich habe nie Mathematik oder Sachkunde unterrichtet. Dies sind nicht mal meine Fächer.


    Du unterrichtest auch keine Fächer, sondern Schüler!




    Und ja, wie macht ihr mit den Namen? Wie kann man sich soviele Namen merken?


    Wie hast du dir das denn am Gymnasium vorgestellt, wo du vier bis sechs Klassen (oder mit Nebenfächern noch mehr) hast? Wie hast du das in Praktika gemacht?
    Ich glaube, das wird kein so großes Problem. Als Klassenlehrer beschäftigt man sich so viel mit den Schülern, da lernt man die Namen schnell.

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