Aha, Plattenspieler. Spannend.
Du brauchst dich hier nicht so herablassend zu äußern. Ich habe in meinem Studium bestimmt mehr Aspekte der internationalen Sonderpädagogik behandelt als du.
Ich habe auch nirgends behauptet, dass alle anderen Länder 100 % inklusive Schulen haben o.ä.
Aber dass die Konvention international so verstanden wird, ist unbestreitbar. Und eigentlich alle europäischen Länder haben einen steigenden prozentualen Anteil integrativer/inklusiver Beschulung.
Natürlich muss man in einem Vergleich auch viele andere sozialen, demographischen und politischen Faktoren berücksichtigen sowie sich Fragen über den Anteil der Schüler, bei denen SPF klassifiziert wird, und über die Definition von "Inklusion" stellen. Deshalb bringt so eine Gegenüberstellung aus dem Kontext gerissener Zitate oder Zahlen verschiedener Länder eigentlich relativ wenig. Trotzdem möchte ich kurz darauf eingehen:
Schweden: "In Schweden gehört der Gemeinsame Unterricht von Schüler/-innen mit und ohne Behinderungen nicht zur alltäglichen Praxis. „Weder Jugendliche mit besonderem Förderbedarf im Lernen oder in der Motorik noch solche, die besondere Förderung in der emotionalen oder geistigen Entwicklung bedürfen, werden die meiste Zeit gemeinsam mit ihren Altersgenossen in einer Klasse unterrichtet“ (Engelhardt/Ellinger 2006, 5). Stattdessen gibt es häufig noch hochdifferenzierte Sonderschulklassen, die an die schwedische Gesamtschule angegliedert sind."
Sonderklassen sind etwas anderes als Sonderschulen. Unterricht an der selben Schule ist schon ein weiter Schritt in Richtung Integration/Inklusion. Außerdem beachte man die Formulierung "die meiste Zeit" - es ist also durchaus zeitweise angelegter "gemeinsamer Unterricht" vorhanden. Dessen Dauer und Intensität wird individuell für jeden Schüler festgelegt. Dies ist ein Vorgehen, wie es zum Beispiel auch in den USA weitgehend vorzufinden ist und den meisten Definitionen schulischer Inklusion mitnichten widerspricht.
Finnland: Unterricht häufig in Sonderklassen, außer bei Förderbedarf L. Außerdem gibts noch 250 Sonderschulen in Finnland, vorrangig für "Sinnesgeschädigte" und schwer geistig Behinderte. Und das sagt die Zeitschrift für Inklusion! http://www.inklusion-online.ne…lusion/article/view/59/63
Hierzu bedenke man, dass der FSP Lernen bereits über 50 % der deutschen "Sonderschüler" ausmacht (in Finnland vermutlich aufgrund deren Klassifikationskriterien noch mehr). Über die Schwerpunkte Sprache, körperlich-motorische Entwicklung, sozial-emotionale Entwicklung wird in diesem Zitat nichts ausgesagt. Außerdem wieder Sonderklasse, nicht Sonderschulen.
Italien: Ja, okay, keine Sonderschulen. Aber was ich da von einer Freundin, die ihr FSJ in Italien gemacht hat, gehört habe, was mit den behinderten Kindern in den normalen Klassen passiert (nämlich häufig: überhaupt nichts), lässt mich fragen, ob es nicht doch besser wäre, die Kinder wären auf Sonderschulen und hätten da Unterricht...
Italien würde auch ich nie als Vorbild in Sachen Bildung hinstellen.
Gibt übrigens noch paar Länder mehr als die drei, zu denen du jetzt zufällig Zitate gefunden hast.
Abschließend möchte ich noch betonen, dass ich beide Extrempositionen - sowohl uneingeschränkte Bejahung der Inklusion als auch ihre konsequente Ablehnung - reichlich lächerlich finde.
Ach so, hatte ich noch vergessen:
Wenn es also für euch total die Inklusion ist, wenn alle Schüler im selben Gebäude unterrichtet werden, dann ist nichts leichter als das. Gibts in vielen deutschen Städten schon. Nennt man Schulzentrum.
1. Es ist in dem Kontext ein immenser Unterschied, ob ich ein Schulzentrum mit verschiedenen Schulen habe oder wirklich eine Schule mit verschiedenen Klassen.
2. Viele dieser Modelle sind auf eine zeitweilige direkte gemeinsame Beschulung hin ausgerichtet (s.o.).
3. Es ist nach vielen integrationstheoretischen Modellen ein Entwicklungsschritt: Integration in das Schulsystem -> Integration in die Schulen -> Integration in die Lerngruppen (z. B. nach Möckel).