Ich bin jetzt noch nicht ganz so erfahren, wie Rotherstein, und trotzdem deckt sich vieles, was sie hier schreibt auch mit dem, was ich bisher erlebt habe. Ich habe mein Referendariat an einer GB-Schule gemacht, war anschließend 2 Jahre Klassenlehrerin einer Mittelstufe an einer GB-Schule und habe mich dann -ganz bewusst- für den Gemeinsamen Unterricht entschieden. Ich war idealistisch und noch von schönem Uni-Theorie-Gelaber geprägt, war total für Integration. In den seit dem vergangenen 2 1/2 Jahren stoße ich aber immer mehr an meine Grenzen. Ich stelle fest, dass meine Wünsche und Vorstellungen kein bisschen zu dem passen, was ich mir eigentlich vorgestellt habe. Eigentlich habe ich eine Grundschule, die meine Stammschule ist. Aber in diesen 2 1/2 Jahren durfte ich nun schon die 5. Grundschule des Kreises näher kennenlernen. Weil ich dauernd vom Schulamt abgeordnet werde, weil die Sonderpädagogen hier schlicht fehlen. Meistens war ich an zwei- drei Schulen gleichzeitig hatte immer ca. 10-15 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allen möglichen Klassen und fast allen sonderpädagogischen Schwerpunkten zu betreuen (ausgebildet bin ich für GB und KB). Von Beziehungsaufbau und Kontinuität für die Kinder kann keine Rede sein, ich hab im Schnitt 2 Std. pro Woche pro Kind. Eigentlich bin ich oft genug Nachhilfelehrer (zugegeben, gut bezahlt), der dann nach nem halben Jahr wieder verschwunden ist... Ich kann und will so nicht mehr arbeiten, das ist für mich frustrierend und bringt für die Schüler GAR NICHTS! Viele meiner Schüler sitzen im Unterricht ihre Zeit ab, wertvolle Lernzeit, die sie mit ausmalen und nachspuren verschwenden, Zeit, in der sie in einem anderen System wirklich etwas für sie sinnvolles lernen könnten. Zudem haben fast alle meiner Schüler so gut wie gar kein Selbstbewusstsein, erleben sich selbst immer wieder als den "Doofie" der Klasse, der noch 2+3 rechnet, während die anderen Kinder das 1*1 lernen. In den Pausen sind sie oft alleine und werden teilweise immer verhaltensauffälliger. Damit tut man diesen Kindern doch keinen Gefallen...wenn die Kinder Glück haben, dann gibt es hier und da ereinzelt noch einen Integrationshelfer, der sich auch in den Pausen mal mit ihnen beschäftigt, aber gerade wenn die Kinder älter werden interessiert sich kein Klassenkamerad mehr für sie.
So sehen meine Rahmenbedigungen und meine Realität aus. Ich kann da nichts Positives mehr dran finden, ich hoffe, dass ich mich so schnell wie möglich versetzen lassen kann...
Beiträge von Ilse2
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Diese Grafik bringt die Unterschiede gut auf den Punkt, finde ich:
Stufen schulischer Integration
Naja, die Theorie dazu schon -die praktische Umsetzbarkeit leider nicht... -
Was ich mich gerade frage: die Eltern können entscheiden, ob das Kind in der Regelschule unterrichtet wird, oder an einer Förderschule.
Wie aber sollen die Eltern sich für die Förderschule entscheiden, wenn es gar keine AO-SF-Verfaahren mehr gibt, die Kinder also demnach per se kein Förderschulkind mehr sind?
*kopfkratz*kleiner gruener Frosch
Jetzt werd mal nicht kleinlich in deinen Überlegungen -
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Integration (die wir seit 18 Jahren praktizieren) und Inklusion?
Der Hauptunterschied ist wohl, dass im Rahmen von Inklusion jedes Kind individuell nach seinen Bedürfnissen gefördert werden soll, ohne, dass ein Förderbedarf festgestellt wird. Sonderpädagogischen Förderbedarf wird es dann nicht mehr geben, es wird kein Feststellungsverfahren und keine Diagnose geben. Wie man so adäquat fördern soll, ist mir allerdings unklar!
(Und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf bedarf es ja auch keine Sonderpädagogen mehr, so verschwinden die Probleme von allein. Das wird bestimmt gut werden)
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Djino: Viel häufiger sehe ich die schüler in den Grundschule als Fachlehrer aber z.B. auch nicht!
Aber die haben einen Klassenlehrer, der sie häufiger sieht... das ist in der SekI meist nicht der Fall! -
Natürlich, Differenzierung ist richtig und wichtig - aber nicht das Allheilmittel, besonders bei stark verhaltensauffälligen Schülern. Da ist nicht zwangsläufig Über- oder Unterforderung der Auslöser für das auffällige Verhalten, oft genug steckt eine psychische Störung dahinter, traumatische Erlebnisse oder was auch immer. Und ich denke nicht, dass man da als Lehrer guut genug ausgebildet ist, um diese Probleme lösen zu können. Übrigens denke ich auch nicht, dass Förderschullehrer dafür hinreichend ausgebildet sind. Aber die haben zumindest an der Förderschule noch die Möglichkeit, eine Beziehung zu dem Schüler aufzubauen und aus dieser Position heraus anders mit dem Schüler umzugehen. Das kann an der Regelschule kaum geleistet werden, schon gar nicht in der Sek I... (Fachlehrerprinzip etc.pp) Manchmal schadet es nicht, mal einen Blick ber den eigenen Tellerrand zu werfen...
Ich bleib dabei, besonders die verhaltensauffälligen Schüler sind am allerschwersten zu inkludieren und da soll die Rate ja zumindest in NRW dauerhaft bei 100% ankommen... Viel Spaß dabei! -
Klar, viel sind sie ja sogar deutlich fitter als andere, aber wenn man ihnen eben nicht entsprechendes Futter gibt, werden sie eben störend.
Guckt euch doch mal an, wie hochbegabte auffallen, selten doch durch ihre Leistung, sondern eher durch ihr Verhalten!
Das find ich jetzt allerdings auch zu pauschal und zu sehr Küchenpsychologie! Ich hab auch schon wunderbare hochbegabte Hochleister kennengelernt. Oder Hochbegabte, die sich ohne irgendwas zu tun durch die Schulzeit geschlängelt haben und ihr Potential eher in ihrer Freizeit genutzt haben.
Genauso kenne ich deutlich mehr verhaltensauffällige Schüler, die nicht durch ihr kognitives Potential in die Störer-Rolle gerutscht sind, als hochbegabte Minderleister...
Diese Argumentation ist mir einfach viel zu wenig differenziert. -
Können verhaltensgestörte Kinder nicht "geistig fit" sein?
Können sie natürlich. Ich hatte im GU schon mehrfach hochbegabte, aber extrem "verhaltensgestörte" Kinder. Diese waren zum Teil in der Klasse nicht tragbar, weil sie sämtlichen Unterricht ge- und zerstört haben. Die Klassenkameraden haben unter ihnen gelitten, aber es gab GAR KEINE Möglichkeit, irgendwie adäquat mit ihnen umzugehen. (Ich hatte ca.2-3 Std./Woche in der Klasse. Den Rest der Zeit mussten die Klassenlehrer zusehen.) Gerade solche Kinder halte ich für sehr schwer inkludierbar in den Klassen, vor allem dann, wenn sonst keinerlei Personal beständig dabei ist... Da ist es eindeutig leichter, lernschwache oder leicht geistig behinderte Kinder mit irgendetwas zu beschäftigen (was ich auch nicht für sinnvoll halte, was aber leider Realität ist...)
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Vielleicht soll es das auch gar nicht? Immerhin ist das öffentliche Schulsystem einer der größten Kostenblöcke in den Länderhaushalten. Wäre doch schon, wen man es privatisieren könnte. Natürlich nicht direkt, das wäre ja "unsozial", sondern auf einem Umweg, indem man die Eltern und Schüler "mit den Füßen" abstimmen läßt. Und außerdem gibt es da ja noch das GATS-Abkommen...
Natürlich wird es Inklusion auch im Privatschulsystem geben: Das eine oder andere (ausgewählte) Inklusionskind ist sicherlich gut für die Außendarstellung solch einer Schule...
Gruß !
Das könnte natürlich auch hinter diesem ganzen Unsinn stecken... -
Tina: Was ist MSD? Sowas wie sonderpädagogische Beratung?
Mama Muh: Mit ausreichend Personal von verschiedener Professionalität kann man natürlich gut arbeiten. Da spricht dann auch nichts gegen Inklusion. Die hiesige Realität sieht da leider ganz anders aus... Bei uns an der Schule bin ich weit und breit die einzige Sonderpädagogin, habe mittlerweile 17 GU-Schüler in 10 Klassen (mehr Klassen hat die Schule übrigens nicht...). Und auch die anderen Schüler sind eher schwieriges klientel. Integrationshelfer gibt es nicht. Einen Schulsozialarbeiter gibt es zwar, der hat aber leider nur selten Zeit, eben, weil unser Klientel hier eher schwierig ist... So schade das ist, so kann es nicht funktionieren. wenn man Inklusion will, dann muss man auch investieren, in Geld, Personal, Material etc. Kostenneutral wird das nicht gehen...
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Wo liest du das?
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In meinen Augen ist Inklusion, so wie sie in der Theorie dargetellt wird, nicht mit unserem Schulsystem vereinbar. Um Inklusion in den Schulen tatsächlich leben zu können, müssten alle Schüler genau da abgeholt werden, wo sie gerade stehen. Jeder hätte seinen eigenen Lehrplan, eigene Ziele, die er erreichen muss. Wie das in einem selektierenden Schulsystem aussehen soll, das erschließt sich mir nicht. Und wenn Kinder mt sonderpädagogischem Förderbedarf (das ist NICHT zwangsläufig ein körperbehindertes Kind im Rollstuhl, da kommt in der Regel mehr dazu, als nicht laufen zu können) ans Gymnasium gehen können, warum dann nicht auch die Kinder, die eigentlich besser an der Hauptschule aufgehoben wären.
Das Ganze ist in meinen Augen ein politischer, völlig undurchdachter Schnellschuß, bei dem letztlich alle Schüler die Chance auf qualitativ hochwertige Bildung verlieren werden. Im Endeffekt wird es ein gesellschaftlicher Supergau werden, weil die Schüler aller Schulformen nicht mehr so gefördert werden können, wie sie es benötigen würden (okay, seeeehr schwarz gemalt, aber ich sehe doch jetzt schon wie wenig ich bei "meinen" Schülern im Gemeinsamen Unterricht erreichen kann.... Ich bin mir sicher, die könnten alle mehr, wenn ich nicht nur 2 -3 Std./Woche Zeit für sie hätte, während sie den Rest der Shulzeit "sinnlos" absitzen, weil keiner der anderen Kollegen die Zeit hat, sich in dem Maße um sie zu kümmern, wie sie es eigentlich bräuchten).
Inklusion im momentanen Schulsystem und kostenneutral kann nicht erfolgreich sein! -
Was passiert eigentllich mit den teilweise sehr gut ausgestatteten Förderschulen (vor allem im GG- und KM-Bereich), wenn die Inklusion durchgesetzt ist?
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... weil du das vorher nicht geschrieben hast. Ich habe leider eine Kristallkugel!
Aber dann beschreibe doch bitte mal, wie man z.B. einen Tag in einer inklusiven Klasse so gestalten kann, dass kein Kind, weder die fitten, noch die mit sehr hohem Förderbedarf, noch die netten, ruhigen Durchschnittskinder zu kurz kommen. Ich will mich da gar nicht über dich lustig machen, wenn du da ein super Konzept hast, ich würde wirklich gerne dazu lernen! -
Es fasziniert mich ja schon etwas, dass sich wirklich kaum jemand, der aktuell im Gemeinsamen Unterricht arbeitet, positiv zur konkreten Umsetzung äußert... Macht dich das nicht etwas stutzig, Susannea? Oder liegt das daran, dass wir alle unwillig und inkompetent sind?
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Jazzy, hast du schon Lernmatrizen versucht? Dann läuft das bestimmt! Und streng dich einfach mal ein bisschen an, denk mal an die Kinder!
(sorry, das musste raus...)
Susannea, du wirkst an der ein oder anderen Stelle tatsächlich sehr theoretisch...Diese netten Konzepte, die man so lesen kann klingen ja auch ganz gut, aber so ganz in echt? Da kann einem das ein oder andere Kind scho mal nen Strich durch die Rechnung machen... -
Wenn ihr dann eure Fortbildung geplant habt, ich würd gerne teilnehmen!
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Ich bewundere deinen Optimismus
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NImmst du das an? Ich sicherlich nciht.
Nein, ich nehme das nicht an. Ich sehe, wie das vor die Wand gefahren wird.
Ich würde fürchterlich gerne für bessere bedingungen arbeiten? Aber wie mache ich das? Das Schulamt leugnet ja, dass es Probleme gibt, alles läuft bestens. In Wirklichkeit aber stehen viele Kollegen kurz vor dem Zusammenbruch, weil sie die Aufgaben, die von ihnen erfüllt werden sollen schlicht nicht erreichen können, oder aber sie haben resigniert und kümmern sich nicht wirklich, frei nach dem Motto "ich ann es nicht ändern, ist mir auch egal" und das ist reiner Selbstschutz...Gibt es hier Kollegen aus Thüringen, die mir ihr Modell mal aus der Praxis beschreiben können? Ich würd mich freuen!
Edit: ich hab jetzt grad mal ein Beispiel aus Thüringen angeschaut: 2 Klassenräume, 2 Lehrer, 8 Schüler, einer davon mit sonderpäd. Förderbedarf... Ja, so kann ich auch wunderbar arbeiten.
Es wäre natürlich wunderbar, wenn alle Klassen/Schulen so arbeiten können, Vielleicht passiert das ja auch bald...
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Mich würde interessieren, wo es denn ein wirklich funktionierendes inklusives Schulsystem gibt? Welche Rahmenbedingugen gibt es? Wie kann man das umsetzen? Und zwar so, dass jedes Kind wirklich sein Potential auschöpfen kann?
Es muss nicht immer nur lerngegenstandsgleich gearbeitet werden, klar. Das geht ja auch gar nicht, wenn man denn inklusiv oder auch nur integrativ arbeitet. Aber wie soll man das umsetzen, ohne die richtigen Bedingungen? Ohne ausreichend Personal? Das geht nicht, ohne. Da fallen alle durch die Maschen, die nicht perfekt funktionieren. Und es ist einfach utopisch anzunehmen, dass man einfach nur mal machen muss, dann wird das schon.
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