Und doch spürt man den unseligen Geist der 68er hinsichtlich Erziehung und pädagogische Utopien, wenn man so einzelne Passagen genauer analysiert !
Ich habe heute keine große Lust, mich mit Utopisten und ihren Schreibtisch-Utopien zu beschäftigen (Sie haben das große Glück, dass sie im realen Leben ihre Ideen gar nicht umsetzen müssen), die den Lehrern mal wieder den Schwarzen Peter zuschieben wollen.
Ich werde deswegen nur einen (suspsekten) Satz herausnehmen und ein wenig kommentieren :
Zitat
Das liegt nicht daran, dass sie generell das Interesse am Lernen verlieren, sondern an den Schulen selbst, die keinen Raum für die Jugend und ihre Bedürfnisse bieten.
Soso, mal wieder die Bedürfnisse ! Ich frage mich nur, welche Bedürfnisse unser Verfasser meint und wie er es in der Praxis gedenken würde, die Summe der Bedürfnisse von ca. 32 Kindern/Klasse unter einem Hut zu bringen. Und ich frage mich ernsthaft, was erzieherisch bei rumkommen soll, wenn man Kinder als Menschen betrachtet, die nur aus Bedürfnissen bestehen, denen man als Pädagoge schleunigst nachzukommen hat. Der Lehrer als Bedürfniserfüller ! Und das noch individualisiert !
Welchen unreglementierten Bedürfnissen gehen denn Kinder/Jugendliche eigentlich sehr oft nach, wenn sie nicht von Erwachsenen/Lehrern ab und zu reglementiert und geleitet werden ? Z.B. Morgens lange schlafen statt früh aufstehen, faulenzen/konsumieren statt sich anzustrengen, Bevorzugung der Erlebnisgeschwindigkeit statt Erlebnistiefe, Fernseh- und Computerkonsum statt Lesen und Bilden, Playstation statt Naturerlebnisse, Bevorzugung von Cola, Chips und Fast-Food statt gesunder Ernährung, Party/Komasaufen statt Hausaufgabenerledigung, Cybermobbing statt soziales Verhalten und Engagement für die Gesellschaft...
Diese Liste könnte man beliebig erweitern. Ich glaube, unser Verfasser würde sich da sehr erschrecken, welche realen (!) Bedürfnisse unsere Kinder/Jugendliche in Wirklichkeit haben. Hat er selbst Kinder ? Entspricht seine Vorstellung von Bedürfnissen der o.g. Auflistung oder geht er bei der Begrifflichkeit von seinen eigenen Bedürfnissen aus ?
Es finden sich im Text noch weitere zahlreiche utopistische Ungereimtheiten, auf die ich jetzt nicht eingehen möchte. Aber es ist immer mal wieder schön, sich von Menschen belehren zu lassen, die nicht an unserer (!) täglichen Schulfront stehen !
Auch ansonten kann ich mich mit den Grundthesen von Jesper Juul nicht identifizieren. Auch der Psychiater Dr. Winterhoff würde ihn ganz schön abmeiern.8)