Womit ich allerdings ein Problem habe sind folgende Punkte, die ich hier aufgreife mit der Bitte an die die Gegner des Bildungsplans, diese erstmals oder nochmals zu reflektieren!
Die immer wiederkehrende Aussage, dass dieses Thema nur extrem wenige Menschen direkt tangiert:
Ich wiederhole mich hier: Statistisch kann man davon ausgehen, dass mindestens eine Person pro Klasse direkt zur LSBTTIQ-Gruppe gehört! Damit ist auch
klar, dass bei der Thematik mindestens ein Schüler/Schülerin einen konkreten Lebensbezug dazu herstellen kann – und sei es erst etwas später. Wobei man sich dessen in der Regel bereits während des Grundschulalters bewusst wird. Man kann es noch nicht direkt benennen, merkt aber dass man nicht „der Norm“ entspricht!
Die Sexualisierung des Themas:
Berichtigt mich bitte falls ich hier falsch liege. Sexualkunde in der Primarstufe hat bezüglich körperlicher Sexualität die Geschlechtsorgane und die Zeugung an sich zum Inhalt. Weitere Sexualpraktiken und Fetische werden nicht besprochen. Da Menschen mit LSBTTIQ-Lebensweise keinerlei Sexualpraktiken haben, die nicht auch bei heterosexuelle Menschen vorhanden sind, ist es deshalb doch nur logisch diese hier ebenfalls nicht zu besprechen (weshalb sollte man auch?).
In welcher Altersstufe und in welcher Form:
Weshalb sollte man, um einen ungezwungenen und respektvollen Umgang zu erreichen, dieses Thema nach hinten verzögern und einen „extra Rahmen“ schaffen. Dadurch wird doch eine „Außergewöhnlichkeit“ zementiert. Weshalb sollte es Kinder verwirren zu hören, dass Liebe zwischen zwei Menschen mehr sein kann als Liebe zwischen Mann und Frau. Überspitzt gesagt würde es bedeuten, dass ich mich immer und überall so verhalten muss als wäre ich heterosexuell. Damit ich ja keine Kinder verwirre oder verstöre, die mich eventuell sehen könnten. Dann kann man aber nicht einmal mehr von Toleranz sprechen. Geschweige denn von einem normalen Umgang mit der Thematik.
Das bedeutet zumindest für mich, dass es am wenigsten verwirrend und außergewöhnlich ist, wenn eben hier und da in Aufgaben, Büchern oder anderen Lehr-Lernmaterialien entsprechende Lebensweisen vorkommen ohne dem einen extra Raum schaffen zu müssen. Idealerweise auch ohne dies dann jedes Mal speziell zu thematisieren. Kommen Fragen dazu auf, kann man diese eben dahingehend beantworten, dass Beziehung und Liebe zwischen zwei Menschen vorhanden sein kann,
egal welchem Geschlecht sie angehören oder sich zugehörig fühlen. Körperliche Sexualität ist und darf nicht das Thema sein. Deshalb auch bereits in der Grundschule und bevor sich Kinder mit der körperlichen Sexualität auseinandersetzen.
Und ich finde schon, dass die Schule hier einen Auftrag hat und eine Perspektive darlegen muss, die eventuell im Elternhaus nicht vorhanden ist: Diese Menschen sind genau die gleichen, haben die gleichen Bedürfnisse nach Zuneigung und Respekt, die gleichen Rechte, müssen sich nicht verstecken und dürfen nicht diskriminiert werden. Ebenfalls, dass es einen natürlichen Anteil dieser Ausprägungen in der gesamten Fauna gibt. Schließlich zeigt die Schule auch in allen anderen Bereichen die Perspektive auf, welche gesetzlich oder als gesellschaftlicher Konsens gegeben ist.
Auf die Medien und die Gesellschaft insgesamt zu verweisen halte ich für einen eher kontraproduktiven bis sogar gefährlichen Weg. Ich werde dies am Beispiel von Schwulen versuchen zu erläutern. Es kann doch keiner ernsthaft annehmen, dass die Medien oder die Gesellschaft als Ganzes ein reelles Bild von schwulen Menschen nachzeichnen. Entspricht denn die Wahrnehmung des Lehrer/innenberufs in der Gesellschaft und in den Medien der Realität (Stichwort: Nachmittags nichts zu tun, andauernd Ferien, gerade mal eine 25-30 Stundenwoche)? Der Großteil der Schwulen rennt eben nicht mit gebrochenen Handgelenken im Paillettenkleid und mit
Megafon durch die Gegend, um die eigene Ausrichtung kund zu tun. Die meisten erkennt man noch nicht einmal, da sie genau so im Verhalten sind, wie alle anderen auch (vielleicht auch deshalb die Wahrnehmung, es seihen doch nur so extrem wenige).
Ich bin immer offen für Gegenargumente und an einer Diskussion interessiert, die gegenteilige Meinungen zulässt und hoffe, dass man dies auch an meinen Äußerungen erkennt. Schließlich bin ich zum einen emotional eingebunden und habe ein Eigeninteresse am Bildungsplan und zum anderen kann ich – wie jeder andere auch – nicht für mich beanspruchen alle Argumente und Perspektiven in meine Überlegungen einbezogen zu haben.