Leider geht hier Einiges durcheinander.
Mit der kommunistischen IDEE (wie sie Marx, aber nicht nur er, formuliert hat), setzen sich bis heute viele Tausende Menschen auseinander. Auch die französischen Philosophen Sartre, Badiou (bin mir grad nicht sicher, wie der sich schreibt) haben sich sehr intensiv mit dieser Idee und dem Werk "Das Kapital" als solches auseinandergesetzt.
In der BRD waren dies u.a Adorno, Horkheimer, Marcuse usw usf.
Durchaus also sehr intelligente Menschen, bis heute gibt es in der BRD eine linke Intelligenz (z.B. Michael Heinrich, recht gelungen seine "Einführung in die politische Ökonomie"), die sehr genau differenzieren zwischen der Idee und der Umsetzung.
Leider haben die Stalinisten den parteiinternen Kampf am Anfang des 20. Jahrhunderts gewonnen: Und das bedeutete Diktatur von oben, Mord und unendliches Leid für viele Hundertausende oder Millionen Menschen.
Aber die Ideen der Selbstbestimmung, der Autonomie, der sozialen Gemeinschaft sind deswegen noch lange nicht schlecht. Im Gegenteil: Sie sind aktueller denn je!
Diese Opferlisten von kommunistischen Staaten sind beeindruckend, allerdings auch ein bisschen Augenwischerei.
Erstellt doch mal eine Liste mit den Toten, die von westlich-kapitalisitischen Ländern zu verantworten sind, die getragen von ihrer Ideologie des Kampfes um Ressourcen und Mittel, im Namen der Kolonialisierung, der Befreiung, des Öls oder aus anderen Gründen geführt wurden.
Gewalt muss hier auch, so meine ich, weiter gefasst werden.
Ist es nur Gewalt, wenn ein Mensch einen anderen erschießt oder zusammenschlägt? Nein: Auch das Zu-Markte-Tragen der eigenen Haut, die die Entfremdung des Menschen von dem, was ihn ausmacht (=der Mensch ist ein soziales Wesen), die Zwänge zur Verwertung, zur Leistungsgesellschaft, zur Individualisierung, zur Konkurrenz usw.
Repression und Überwachung: Vorratsdatenspeicherung, Massengentests, Rasterfahndung, Einschüchterung von Demonstrationsteilnehmer_innen durch massives Abfilmen und Misshandlung. (Nein, die Polizei ist nicht nur dein Freund und Helfer). In Dänemark wurde kurzerhand der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt und ohne nähere Angabe oder Anlass können Leute mal eben 12 Stunden festgenommen werden.
Hm...aber Dänemark ist ja keine kommunistische Dikatur...komisch...
Das sind alles auch offene oder subtile Formen von Gewalt.
Aber die wenigsten Leute denken darüber nach. Sie ärgern sich über Steuern, über Hartz IV, das Klima, die Armut in der Welt, über dies und das, nur denken sie nicht in größeren Zusammenhängen. Schade!
Und zum Abschluss noch etwas:
Wer Kapitalismus nicht reden will, soll von Faschismus schweigen. (Horkheimer)
Rassismus, Gewalt gegen Frauen, gegen Homosexuelle, gegen Trans*Menschen, gegen Menschen mit Migrationshintergrund ohne den durch die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auferlegten Kampf um gesellschaftliche Teilhabe / Ressourcen / Arbeitsplätze zu denken, verkürzt das Problem und verkennt die Zusammenhänge.
Ich erwarte viel Widerspruch und kaum ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Inhalt in meinem Beitrag.
Den dieser Inhalt bedeutet Gefährdung der eigenen Selbstverständlichkeit.
Ich glaube nicht, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben.
Und die Kids und die SuS haben in ihrer "Naivität" der Jugend auch dafür ein Gespür.
Übrigens bin ich auch schon vereinahmt vom System. Gehalten durch Privilegien, Beamtenstatus und Geld. (Denn ich muss auch meine Haut zu Markte tragen, womit sich der Kreis auch hier schließt)
Aber der Gedanke des Widerstands, der Utopie, der lebt weiter!
Und noch etwas:
Oft höre ich: Ja, dann sag doch, wie es besser geht, rumkritisieren kann jeder!
Darauf antworte ich:
Selbstverständlich muss Kritik immer und überall möglich sein.
Auch wenn ich nicht so gut Klavier spiele wie Glenn Gould (es also nicht besser machen könnte) erlaube ich mir, aus bestimmten Kenntnissen über Musik ein Urteil zu bilden und zu sagen, das finde ich gut, das weniger!
Insofern ist dieses Argument (nur konstruktive Kritik bitte, sonst halt gefälligst deinen Mund!) sehr gefährlich, denn es entzieht der Kritik den nagenden Stachel, den wir brauchen, um unsere Gesellschaft weiterzuentwickeln.
Übrigens hätten sich die armseligen geschunden Kreaturen der Fabrikarbeiter Ende des 19.Jh. auch nicht vorstellen können, dass es besser geht...
Einen schönen, gerühsamen Abend!