Man kann natürlich auch in der Krisenzeit mit der Grundsatzdiskussion beginnen, dass man auf eigene Kosten keinen PC kauft. Während Leute ohne Beamtensalär gerade auf die Auszahlung eines Notgroschens warten, ihren Job verloren haben oder einer Arbeit im HO nur träumen können.
Es ist richtig, dass die Situation für die Beamten im Vergleich zu vielen anderen Menschen im Augenblick sehr entspannt ist. Trotzdem bringt es mir nichts, jetzt alle Lehrkräfte zu verpflichten, mit den Schülern unbedingt per Videochat in Kontakt zu treten. Dieser Aufwand würde sich nach meiner Einschätzung überhaupt nicht lohnen. Als Schulleitung muss man immer gut abwägen, wofür man sein "Pulver" verschießt. Und für den Videochat mache ich das sicherlich nicht.
Was hat die Schule davon, wenn die Kollegin, die in 2 Jahren in den Ruhestand geht sich in sowas mühevoll und ohne wirkliche Motivation einarbeitet? Sich noch entsprechendes Equipment besorgt. Das ist weit weg von der Realität.
Die Kollegin lasse ich jedenfalls in Ruhe und freue mich, wenn sie ihren Klassen vielleicht per Mail interessante Aufgaben geschickt hat. Oder als Klassenlehrerin mal einen Rundruf bei ihren Schülerinnen und Schülern gemacht hat. Da muss doch nicht jeder Fachlehrer alle Schüler anrufen ob ein Arbeitsblatt angekommen ist. Da ist doch ehrlich gesagt nur albern.
Noch mehr freue ich mich jedenfalls darüber, wenn sie nach der Krise mit Motivation wieder in ihren Unterricht geht. Es wäre von Seiten der Schulführung ein ganz großer Fehler, sein Kollegium in solch einer Situation zu stressen. Manche sind mit Sorgen in der Familie konfrontiert, andere haben ernsthafte gesundheitliche Risiken. Da ist so etwas wie ein Videochat doch ganz weit unten auf der Liste der Prioritäten.
Jedes Kollegium wird sich nach der Krise daran erinnern, wie die Schulleitung in dieser Situation agiert hat. Da ist wie so oft im Leben Maß und Mitte geboten. Ich erwarte von jeder Kollegin und von jedem Kollegen, dass er die Schulschließung nicht als Ferienverlängerung interpretiert und in der Lage ist, seinen Stärken und Möglichkeiten gemäß dieser Zeit zu nutzen. Da erwarte ich von einem Single mit viel Zeit und Muse im Homeoffice andere Dinge, als von einem alleinerziehenden Vater mit 3 Kindern die nun zu Hause sind oder einer Kollegin, deren pflegebedürftige Mutter im Haushalt plötzlich ohne die Unterstützung der polnischen Pflegerin dasteht.
Insofern Fraggles würde ich dir empfehlen, ein bißchen Gas rauszunehmen. Es wird eine Zeit nach der Krise geben. Eine sehr lange Zeit...