Ich fürchte, was viele Lehrer an den weiterführenden Schulen sich auch nicht annähernd vorstellen können, ist , welche Schwierigkeiten einzelne Kinder tatsächlich mit der Schreibmotorik haben. Da geht es nicht darum, dass sie sich nur "ein bisschen schwer tun" oder die Schrift halt nicht so toll aussieht, sondern dass sie trotz Übens an der Schreibschrift verzweifeln. Die können dann oft selbst nicht mehr lesen, was sie geschrieben haben (und ich oft genug auch nicht). Ich hatte in meinem letzten Durchgang eine Häufung von massiven Grobmotorikern in der Klasse (in meinem jetzigen komischerweise nicht einen...). Und das waren genau dieselben Kinder, die dann irgendwann eine LRS-Diagnose bekamen. Und da muss man dann halt abwägen: ist es wichtiger, dass das Kind Schreibschrift schreibt oder ist es wichtiger was das Kind schreibt (sowohl inhaltlich als auch rechtschriftlich)?. Das Problem ist: Kinder mit so massiven Schwierigkeiten können sich nur auf eins gleichtzeitig konzentrieren: Schreibablauf oder Inhalt oder Rechtschreibung. Alles geht nicht. Klar kann man sagen: müssen die halt mehr üben. Das Dumme ist nur, das es häufig dieselben Kinder sind, die auch noch alles mögliche andere mehr üben müssten. Und die Aufnahmekapzität von 7- oder 8-Jährigen ist nun mal irgendwann erschöpft. Wenn ich das zusätzliche Üben in den Unterricht verlagere, schaffen sie irgendwas anderes nicht und zu Hause üben sie ja meist schon (und machen oft auch noch Ergotherapie), aber das reicht bei manchen halt nicht. Wenn dann so ein Kind langfristig mit der Druckschrift besser zurecht kommt, zwinge ich es nicht Schreibschrift zu schreiben. Bei LRS-Kindern ist das dann auch schlicht eine Form des Nachteilsausgleichs.
Früher sagte man außerdem, dass der Füller dazu erzieht, nicht so fest aufzudrücken (weil er sonst kaputt geht).
Darüber wurde hier doch schon dikutiert. Und wenn eine Sonderpädagogin mit viel Erfahrung zu der Einschätzung kommt, dass dem nicht so ist, ist das für mich deutlich relevanter als das was "man früher gesagt hat" (das ist nämlich genau das, was ich eingangs mit "gefühltem Wissen" gemeint habe). Ich würde mir ja wünschen, dass es zu diesen Punkten mal Untersuchungen und stichhaltige Handlungshinweise für Lehrer geben würde, aber ich konnte dazu bislang nichts finden...
Auch ich (ebenfalls aus Gymnasiallehrersicht) frage mich aber häufig, mit welchem Ziel der Schrifterwerb an manchen Grundschulen stattfindet.
Ich weiß zwar nicht, welche Schulen da mit "manche" gemeint sind, aber gehe mal davon aus, dass der durchschnittliche Grundschullehrer alle Möglichkeiten ausschöpft, um die Kinder dazu zu bringen, eine flüssige gut lesbare Handschrift zu entwickeln. Aber es ist wie es ist und:
Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht
Wo ich allerdings zustimme: die VA ist eine Katastrophe und ich bin heilfroh, dass wir die hier nicht unterrichten müssen. Warum man das auswählt, wenn man frei wählen kann (kann man ja in manchen Bundesländern nicht) ist mir auch ein Rätsel.