Beiträge von unter uns

    Lol. Lustiger Thread. Die Schüler können nichts - also muss man mit ihnen singen, Filme gucken und Theaterstücke aufführen. Und das bei Schülern im Anfangsunterricht, wo noch eine reale Chance besteht, Defizite zu reduzieren, bevor sie endgültig überfordert sind.


    Nach meiner bescheidenen Erfahrung gibt es in solchen Förderunterrichts-Gruppen (die ich allerdings intensiv nur aus dem Deutschunterricht kenne) drei Möglichkeiten: (a) Man verwaltet die Schüler lediglich und wäscht seine Hände in Unschuld, wenn sie dann später "abgeschult" werden; wobei das "Verwalten" sehr unterschiedlich aussehen kann, das reicht vom drögen Herumsitzen bis zum kompletten, aber ziellosen Entertainment-Programm; (b) man versucht, durch intensive Arbeit (üben, üben, üben!) wenigstens einige Schüler aus dem Leistungsloch zu holen, in dem sie stecken. Das kann durch Arbeitsblätter geschehen, kann aber auch interaktiv laufen, durchaus Spiele enthalten (Vokabelspiele) etc...


    Weil man in solchen Stunden allerdings fast nie alle Schüler erreicht, läuft es meist auf (c) hinaus: Man bringt die zum Arbeiten, die noch einen Rest Leistungswillen haben und verwaltet die anderen, bis das Jahr vorüber ist - was aber immer noch besser ist als (a).


    Um es gleich zu sagen: Das ist nach meiner Erfahrung wahnsinnig anstrengend. Ich habe zurzeit Förderunterricht Klasse fünf (Deutsch) und dort nur sieben Kinder, aber das ist für mich brutaler als mein gesamtes restliches Deputat. Man springt ununterbrochen von einem Tisch zu nächsten, erklärt, motiviert, verbessert, gibt individuelle Rückmeldung... Und führt natürlich zwischen durch auch mal Gespräche über Privates, über Lieder, Filme, die Probleme der Kinder usw. Die Kinder haben meist bereits so viel Misserfolg gehabt (in Deutsch noch schlimmer als in Englisch, da sie Deutsch schon intensiv aus der Grundschule kennen), dass es wichtig ist, Erfolgserlebnisse zu erzeugen. Also immer wieder positive Rückmeldung geben, wenn ein Schritt (ein Arbeitsblatt etc.) bewältigt ist - aber die Kinder nicht belügen, klar machen, wenn noch viel zu tun ist; mit den Fachlehrern Kontakt aufnehmen und eine Verbindung zwischen Fachunterricht und AG schaffen - sodass man den Kindern sagen kann: Frau X hat gesagt, Du hast Dich heute gut beteiligt; oder den Fachlehrern Grund geben, die Kinder zu loben...; eventuell versuchen, eine reale Notenverbesserung auch im Fachunterricht mit zu erreichen (geht besonders gut im Vokabelbereich).


    Ansonsten würde ich sehr deutlich machen, worum es geht und das auch durchsetzen; und Prioritäten setzen: Wer braucht wieviel Hilfe, wer lässt sich zur Arbeit bringen, wo ist die Arbeit am erfolgversprechendsten (in Klasse fünf und sechs vermutlich noch viel mehr als in sieben...) - wer will definitiv nicht und kann vernachlässigt werden, wer kann sich alleine helfen.


    Die Kinder leiden, klar. Und haben keine Lust, auch klar. Aber klar ist auch: Wer schon in fünf und sechs in Englisch im Förderunterricht sitzt, hat ein Problem - und wahrscheinlich kein reines Motivationsproblem.


    Viel Glück und gute Nerven.


    [Edit: Sehe gerade, es geht um eine IGS, trotz Profils Gymnasium. Dann dürften sich einige Probleme so scharf natürlich nicht stellen, trotzdem würde ich versuchen, Defizite zu schliessen, soweit möglich...]

    Zitat

    Der "Hinweis" kommt nun allerdings von einem Elter, welches selbst Lehrer ist und daher habe ich nun überlegt, ob ich da was "verpasst" habe und es evtl. wirklich eine solche Vorschrift gibt.


    Okay, verstehe, klar, "schwierig" ist immer Mist und das will man nicht.


    Ich kann nur für mich sprechen, aber ich denke, ich würde hier auf dem Punktabzug beharren - weiterhin mit dem Argument: Es ist zwar die Rechtschreibung falsch. Aber die Lösung ist dadurch eben auch sachlich falsch. Zumindest kann man darüber streiten, ob es hier um Sach- oder Rechtschreibfragen geht. Und Du hast ja auch nicht den ganzen Punkt abgezogen, sondern nur den halben, was ja schon zeigt, dass Du in Rechnung stellst, dass das Kind ja vermutlich nur unsauber gearbeitet hat.


    Aber in der Tat, es ist eben wirklich ein Grenzfall, auf der Grenze zwischen Orthographie und Sache.

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    Hat jemand einen Tipp, wo es in einer Vorschrift oder in einem Gesetz/einer Verordnung dazu einen Passus gibt?


    Nein. Aber wegen so etwas würde ich keine Minute verschwenden. Vor allem, da man argumentieren kann, dass es hier gar nicht um die Rechtschreibung geht, sondern um die sachliche Leistung. Wer die Hauptstadt von Frankreich "Pahris" nennt, hat sie, streng genommen, gar nicht benannt. Denn eine solche Stadt gibt es nicht.

    In BW testen die schulpsychologischen Beratungsstellen, allerdings müssten da wohl die Eltern mit dem Kind hingehen. Abgesehen davon müsste man am Schriftbild schon erahnen können, ob LRS vorliegt, was bei Deiner Beschreibung imho gut der Fall sein könnte. Mit einer Notenaussetzung ist es natürlich nicht getan, das Kind braucht individuelle bzw. Kleingruppen-Intensiv-Förderung. Wie das in eurem System umzusetzen ist, kannst nur Du selbst herausfinden. Überprüfung der Wahrnehmung ist natürlich u. U. auch wichtig.

    Zitat

    Ob die Geheimpolizei, die später einen bei Nacht und Nebel verhaften wird, mit einem roten Stern an der Mütze etikettiert ist oder lange schwarze Ledermäntel trägt, macht für mich keinen Unterschied.


    Das klingt ziemlich verzweifelt. Aber wird Dich ja dann nicht mehr betreffen, wenn es >irgendwann< mal so weit ist (oder auch nicht). Viel Spaß auf Mallorca! Ist auf jeden Fall ein besserer Boden für geschichtsspekulative Gegenwartsverweigerung als, z. B., Greifswald oder Anklam.

    Zitat

    Ich schlage vor, diesen Thread in "Allgemeinplätze" umzubenennen.


    Dazu hätte ich auch noch eine Anmerkung: Insgesamt finde ich, dass die Schüler immer dümmer werden (liegt vermutlich an den ganzen Ausländern) .


    Ich finde: Es muss viel mehr ferngesehen werden! Das Medium für rundes Millionärs-Wissen! Außerdem läuft da nix über Sonderpädagogik-rettet-Grundschule oder Kuschelnoten-im-Chemie-Unterricht-erklären-dass-unsere-Schüler-keine-Tatort-Kommissare-mehr-kennen-was-ein-Armutszeugnis-ist, das MUSS gut sein. Ich sage meinen SchülerInnen ab Klasse 9 immer nur: Ihr lest zuviel und schaut zuwenig fern. Das merkt man euch (leider) an. Kein Abitur mit 1,1, sondern viel vor der Glotze hängen macht den Millionär.

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    Nö, dafür werden die meisten Sportvereine von Firmen, Wirtschaftskonzernen, Banken oder wie die ganzen Sponsoren sich schimpfen, unterwandert !


    Exakt. Deshalb stehen die Namen der Sponsoren auch auf Werbebanden und in Flyern, im Schaukasten der Sportvereine, werden bei Turnieren durch die Lautsprecher geplärrt etc.

    Frosch- oder Wikinger-Gruppenreisen. In allen Preislagen mit allen Aktivitätsstufen. Habe ich vor zwei Jahren gemacht und es war sehr unterhaltsam, das Altersspektrum reichte von 35 bis 65, es gab die Möglichkeit, ein Zimmer zu teilen, aber EZ waren auch bezahlbar.


    Angeboten werden auch "Single-Reisen" in Kleingruppen, aber das kam mir doch potentiell etwas stressig vor.

    Zitat

    Ich habe schon ganz am Anfang darauf hingewiesen, dass ich an neutralen Fakten sehr interessiert bin, z.B. von Regierungsseite. Aber das wurde von dir gerade mit einer allgemeinen Phrase zur Seite geschoben.


    Es gibt keinen Grund anzunehmen, Fakten von "Regierungsseite" wären neutraler als andere. Wenn, dann wären wohl Fakten von "wissenschaftlicher Seite" vorzuziehen. Es ist aber nach wie vor für Dein Verhalten bezeichnend, dass Du selber keinerlei Anstrengung unternimmst, irgendwelche Fakten zur Diskussion beizutragen. Darüber hinaus bleibt aber bei Dir ohnehin völlig offen, was Du als "Fakten" anerkennen würdest, da Du ja nun hinreichend deutlich gemacht hast, dass es im Bereich des Sozialen keine belastbaren Fakten gibt. Es gibt daher im Übrigen auch dies nicht:


    Zitat

    Ein klassisches Eigentor


    Zitat

    Zitat von »unter uns« Fakt ist nach wie vor (und ganz ohne Reflexe):
    (aber auch ohne Begründung, warum das Fakt sein soll - aber bitte schön


    Lol. Es wird parodistisch.


    Was bleibt?


    - Eine Frage wird "ganz neutral" zur "vorurteilsfreien Durchdringung" aufgeworfen.
    - Antworten werden mit epistemologischen Fundamentalargumenten (was weiß schon der Mensch?), durch Spitzfindigkeiten oder dadurch fortgewischt, dass man die argumentative Last für andere immer weiter steigert.
    - Gleichzeitig wird selbst keine greifbare Argumentation entwickelt.
    - Im Gegenteil wird unter einem Mantel eigener "Neutralität" eine bestimmte Schlussfolgerung insistent nahegelegt.


    Grübel. Wo begegnet man solchem Diskussionsverhalten sonst noch? Ach ja...

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    Ich lehne es ab, auf diesen Vorschlag der NRA mit der reflexhaften Ablehnung zu reagieren, die hier in Deutschland vielleicht als politisch korrekt angesehen aber im seltensten Fall tatsächlich sachlich begründet wird und als Reaktion wird mir unterstellt, ich unterstütze argumentativ ihre Aussagen? Gehts noch?


    Die von Dir hier behauptete "reflexhafte Ablehnung" aus "politischer Korrektheit" existiert nicht. Es gibt sie weder in den USA, wo eine relativ differenzierte Diskussion existiert - wobei allerdings vor allem von der NRA wenig Differenziertes beigetragen wird - noch hier im Thread, wo schon ganz am Anfang einige ernstzunehmende argumentative (!) Beiträge verlinkt wurden, die Du aber mit wenigen allgemeinen Phrasen zur Seite geschoben hast, um sie dann zu ignorieren. Einen eigenen Versuch, Substantielles zu formulieren, hast Du imho aber eher nicht unternommen. Insofern ist dieser Satz erstaunlich:


    Zitat

    Ich kann ja verstehen, dass man im Frust, nichts gegen eine derartige Argumentation in der Hand zu haben


    Es steht Dir natürlich eine Vielzahl von Quellen offen, um Dich zu informieren und selbst eine eigene differenzierte Argumentation vorzuschlagen. Du hättest etwa selbst ein paar gute Argumente für (oder gegen) die Bewaffnung von Privatpersonen einbringen können - durch ein Fallbeispiel vielleicht, bei dem ein Amoklauf von einer solchen Person gestoppt wurde. Das ist bezeichnenderweise nicht passiert. Im Fall der Geschichte vom 100 Kilo Vater wäre wohl übrigens der Besitz einer Schusswaffe (!) zu gar nichts nütze gewesen.


    Fakt ist nach wie vor (und ganz ohne Reflexe):


    - Beispiele, bei denen eine Privatperson, die nicht beruflich mit Waffen zu tun hat, einen Amoklauf durch Abfeuern einer Waffe gestoppt hätte, sind fast non-existent.
    - Die bekannten Fälle, bei denen ein entsprechender Versuch (!) unternommen wurde - durch Google ermittelbar - deuten nicht daraufhin, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit sehr hoch ist.
    - Auch in den "erfolgreichen" Fällen ist oft umstritten, ob hier der Amoklauf oder die Schießerei wirklich gestoppt (!) wurde, denn oft sind die Täter bereits am Ende, weil sie nicht mehr schießen, weil ihnen die Muniition ausgeht, weil ihre Waffe blockiert etc.
    - Allerdings kann man gegen diese Beobachtungen mit dem Hinweis argumentieren, Amokläufe fänden vor allem in Bereichen statt, in denen bekanntermaßen unbewaffnete Menschen herumlaufen. Das ist natürlich richtig. Es wäre ein echtes Argument dafür, Schulen mit Waffen auszustatten. Man müsste - dieser Logik zufolge - allerdings etwa auch das Personal von Schnellrestaurants bewaffnen (ein weiteres beliebtes Ziel) und letztlich die gesamte Bevölkerung.
    - Aber bleiben wir bei den Schulen: Nehmen wir also an, Schulen wären mit bewaffnetem Personal ausgestattet und dies würde einige Amokläufe an Schulen tatsächlich verhindern oder rascher beenden (was reine Spekulation ist). Dann bleibt vor allem, wenn Lehrer oder Direktoren bewaffnet sind, noch gegenzurechnen, was für Nebenfolgen dies hat: Wie viele Menschen sterben unbeabsichtigt durch die Waffen oder werden durch Schießunfälle verletzt, wie viele Waffen geraten in Hände, in die sich nicht geraten sollen (weil Lehrer sie irgendwo in der Schule liegenlassen, weil Schüler sie Lehrern im Gedrängel entwenden, weil Lehrer sie mit nach Hause nehmen und sie dort in Kinderhände geraten etc.)? Wie viele Lehrer bedrohen früher oder später Schüler, Kollegen oder Eltern mit den Waffen oder schießen auf sie? Wie viele Situationen, die ohne Schusswaffen mit leichten Verletzungen enden, enden nun in schweren Verletzungen oder mit Todesfolge? Wie wird das Schulklima beeinflusst? Etc. pp.
    - In diesem Kontext ist schließlich noch festzustellen, dass in der überwiegenden Mehrheit von Amokläufen in den USA, aber etwa auch in Erfurt und Winnenden keine Waffen auf irgendeinem "Schwarzmarkt" erworben wurden. Die Täter erhalten die Waffen durch Freunde und Bekannte oder ganz legal. Das spricht - was Amokläufe angeht - insgesamt eher nicht dafür, die Zahl der in Umlauf befindlichen Waffen zu erhöhen. Mir ist auch kein Fall bekannt, in dem etwa die Polizei dazu aufgerufen hätte, die Bevölkerung zu bewaffnen.

    Zitat

    Also, die ziehen da irgendwie eine andere Schlussfolgerung als die FAZ:


    Man sollte imho aber auch den Rest des Textes und die noch folgenden Sätze beachten.


    Abgesehen davon hält sich der Text - zurecht - natürlich an die übliche Wissenschaftsrhetorik: Die eigenen Ergebnisse nicht überberwerten, es könnte auch alles ganz anders sein, etc. pp. Das ist natürlich eine andere Rhetorik als in der FAZ - aber auch eine andere Rhetorik als man sie von (deutschen) Pädagogikzeitschriften, Lehrerseminaren etc. kennt. Wo in der Regel ebenfalls rückhaltlos bestimmte Präferenzen geäußert werden, oft ganz ohne empirische Basis (wenn man von gefühlten Evidenzen aus eigenen Unterrichtsstunden absieht bzw. von Evidenzen, die daraus resultieren, mit dem jeweils modischen Trend mitzugehen).


    Zitat

    und mal davon ab handelt es sich hier ausschließlich um Mathe/NaWi in der Mittelstufe, nicht alle Fächer oder alle Jahrgänge!


    As I said.

    Zitat

    Die FAZ hat es wohl auch etwas arg verkürzt zusammengefasst...


    Wie ich oben schon schrieb, ja.


    Dennoch kann man die Ergebnisse kaum in Allerweltsformeln übersetzen a la "Unterrichtsmethoden sind egal, es kommt nur auf individuelles Können an" oder "es geht nur um den Lehrer und seine Beliebtheit". Denn:

    Zitat

    But the strength of our approach is that it examines which teaching style turns out to be effective, on average, for teachers in general.

    Ich weiß nicht, wie man aus diesem Zitat


    Zitat

    Zitat Bei einem durchschnittlich begabten Pädagogen hat die Abkehr vom Frontalunterricht deutlich negative Effekte.“


    dieses ableiten kann:


    Zitat

    es ist eben immer eine Frage von gut gemacht oder schlecht gemacht.


    Das ist ungefähr auf einem Niveau mit "manche Raucher werden neunzig, weshalb sollte ich also nicht rauchen?" oder "guns dont kill people, people do". Es geht aber nicht nur um "gut gemacht"/"schlecht gemacht" oder "kann kochen"/"kann nicht kochen", sondern (wie überall im Leben) um unterschiedlich ausgeprägtes Können und seinem Zusammenhang mit Erfolgswahrscheinlichkeiten.


    Neben den von Philosophus erwähnten Aspekten.

    Zitat

    dass viele eurer Behauptungen komplett dem widersprechen, was ich im Referendariat lernen.


    Natürlich ist das erstaunlich. Dafür gibt es aber eine Reihe von Gründen. Philosophus hat den vielleicht wichtigsten schon genannt. Hinzu kommt natürlich, dass Lehrer überwiegend bestimmten sozialen Schichten entstammen und deshalb bestimmte Wertvorstellungen haben - und wenn sie eigene Kinder haben gehen sie z. T. sicher auch von dem aus, was sie sich für diese Kinder wünschen/was diese Kinder (vermeintlich) können. Die Bedingungen einer schriftaffinen Sozialisation mit (potentiell) viel familiärer Unterstützung werden dann rasch verallgemeinert und ideologisch besetzt.


    Im Übrigen sollte man imho natürlich mit offenen Szenarien vertraut sein und sie einsetzen können - und im Ref geht es auch gar nicht anders. Ich hatte gestern z. B. zwei Stunden in einer fünften Klasse mit Stationenarbeit, es war wundervoll, ich war entspannt, die Kinder happy (sie konnten zwischendurch, anstatt zu arbeiten, auch über den Maya-Weltuntergang reden). Das ändert aber nichts daran, dass man die Effizienz solcher Stunden nicht überschätzen darf und vieles hier auch einfach unverstanden bleibt, schlecht gelöst wird etc.


    Es gilt vermutlich generell, dass die Bedeutung vieler pädagogischer Fragen falsch gewichtet wird. Das jedenfalls sagt eben u. a. die Hattie-Studie. Z. B. werden Schulstrukturfragen (welches Schulsystem) in ihrer Bedeutung gegenüber Unterrichtsqualitätsfragen viel zu hoch gewertet und nehmen unverhältnismäßig viel Raum ein.


    Wenn ich an meine Schule gucke, soll jetzt die Unterichtsqualität verbessert werden. Dazu werden in allen möglichen unsinnigen Sitzungen viele komplizierte und ineffiziente Modelle entworfen. Und wenn wir fremdevaluiert werden, sitzt jemand mit Uhr drin und misst die Länge der Gruppenarbeitsphasen. Dabei wäre eine echte und breite Verbesserung der Unterrichtsqualität vermutlich sehr billig und leicht zu haben: Man müsste einfach alle Kollegen verpflichten, sich pro Jahr zweimal von jeder Klasse anonymes Feedback geben zu lassen. Dies würde wahrscheinlich mehr für guten Untericht tun als Smartboards, pädagogische Tage etc. pp. Aber das ist (1.) nicht bei uns durchsetzbar (ich mache es ja nicht mal selbst). Und (2.) kommt noch nicht einmal jemand drauf, dass das eine Option sein könnte. Dabei ist empirisch auch bekannt, dass Schüler in der Breite die Qualität ihres eigenen Unterrichts recht gut beurteilen können.


    PS: Da die Hattie-Studie zurzeit auch hier soviel bemüht wird: Eine gute Zusammenfassung mit kritischen Anmerkungen und Einordnung bietet in deutscher (!) Sprache: Ewald Terhart: Hat John Hattie tatsächlich den Heiligen Gral der Schul- und Unterrichtsforschung gefunden? Eine Auseinandersetzung mit Visible Learning. In: Edwin Keiner et. al. (Hg.): Metamorphosen der Bildung. Historie – Empirie – Theorie. Bad Heilbrunn 2011, S. 277-292.

    Zitat

    Okaay - dann halte ich mich jetzt raus


    Ach was, Unsinn. Das wollte ich gar nicht nahelegen. Ich wollte den Blick auf die ADHS-Kinder auch überhaupt nicht kritisieren, er ist imho interessant und aufschlussreich. Er legt allerdings die Reaktion nahe zu sagen, "Frontalunterricht machen wir bei ADHS und sonst ist alles Offene spitze". Das aber ist eben zweifelhaft.

    Zitat

    unter schwachen Schülern würde ich jetzt nicht unbedingt den Gymnasiasten sehen, der besser auf der Realschule wäre


    Wenigstens in den Studien, die hier bisher erwähnt wurden, geht es allerdings (auch) um genau solche Schüler. Es geht um normale Schüler, die nicht zur Leistungsspitze gehören bzw. einfach keinen familiären Hintergrund haben, der schulische Probleme auffängt.

    Zitat

    naja, ich seh schon, auf eine diskussion nöchtest du, unter uns, dich nicht einlassen...


    Das hängt vom Niveau ab. Schaun wir mal:


    Zitat

    ach gottchen, die eine Studie zeigt das, die andere das.


    Aha.


    Zitat

    Und wer ist denn überhaupt dieser "Vollblutpädagoge" Felte?


    Es fehlt ein "n". Abgesehen davon ist der Name für die verlinkte Untersuchung nicht zentral. Aber die Frage hat ja ohnehin keine sachliche Funktion.


    Zitat

    So weit ich weiß bzw. es im Ref. lerne, beinhaltet Frontalunterricht lehrerzentrierte Formen des Unterrichts wie Lehrervortrag, fragend-entwickelte Unrichtsgespräch etc. und Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit ja gerade nicht.


    Basiswissen ist vorhanden. Auch wenn es nicht "fragend-entwickeltes Unterrichtsgespräch" heißt.


    Zitat

    Aber gerade für lernschwache Kinder können diese Phasen eine Chance sein, da sie beim schnellen Frage-Antwort-Spiel zwischen Lehrer und Schülern im frontalen Unterricht oft nicht mithalten können.


    Das mag in Einzelfällen so sein, entspricht insgesamt aber eher nicht empirischen Befunden. Es lässt außerdem die Frage offen, was genau diesen Kindern besser entspricht. Sich selbst die Bedeutung einer Aufgabe zu erschließen, sie zu lösen und sich dann selbständig zu kontrollieren? In vielen Fällen wohl nicht.


    Zitat

    Andererseits bereiten einige Lehrer so schlechte Arbeitsbögen vor oder kopieren für eine heterogene Lerngrupp die gleichen Aufgaben aus irgendnem Gymnasialchulbuch, so dass die leistungsschwachen Schüler die Aufgaben nicht verstehen und verständlicherweise nur die Leistungsstarken von der Erarbeitungsphase profitieren. Dann kann man sich natürlich im Nachhinein einreden, dass Erarbeitungsphasen - gerade für die Schwächeren - keinen Nutzen haben.


    These ist: Die Ergebnisse empirischer Studien sind wertlos, da sie durch die schlechten Arbeitsblätter/-materialien einzelner Lehrer, die offene Unterrichtsmethoden praktizieren, verzerrt werden. Diese Lehrer reden sich dann ein, nicht ihr schlechtes Arbeitsmaterial, sondern die verwendete (offene) Unterichtsmethodik sei Schuld an schlechten Resultaten.


    Aha.


    Zitat

    selbstständiges denken und arbeiten zu fördern ist - neben der vermittlung von kulturtechniken und allgemeinbildung - aufgabe der schule. diese kompetenz KANN u.a. durch offene unterrichtsformen vermittelt und trainiert werden. natürlich steht es jeder/jedem lehrer(in) frei, die unterrichtsformen und -methoden der lerngruppe anzupassen.


    Hier geht es zunächst um die Vermittlung von Fähigkeiten, die nicht in der Selbständigkeit selbst bestehen. Die oft vertretene These, für ihren Erwerb seien offene Unterrichtsmethoden vorzuziehen, ist zweifelhaft. Auch was die Selbständigkeit angeht, wäre aber noch zu klären, inwiefern offene Unterrichtsformen sie besonders schulen. Das ist aber natürlich schwer zu messen. Dass der Erfolg auf dem Arbeitsamt aus einem Erfolg bei der problembasierten Gruppenarbeit resultiert, wirkt auf mich trotzdem etwas weit hergeholt.


    Zitat

    ich habe das gefühl, dass sich einige kollegInnen auf den schlips getreten fühlen, sobald ihr althergebrachter und seit jahrzehnten (evt. durchaus erfolgreich) praktizierter frontal- oder lehrgangsunterricht infrage gestellt wird.


    Mag sein. Ob es besser ist, schon in der Ausbildung zu wissen, dass empirische Bildungsforschung Unsinn ist, es nichts Neues zu entdecken gibt und es sowieso irgendwie immer auf den Einzelfall ankommt, ist offen.

    Zitat

    Ich finde, das ist auch ein Problem der Begriffsabgrenzung. Wenn für dich, Cambria, frontal = Lehrervortrag bedeutet, dann ist der Artikel daneben.


    Gemeint ist "lecture-style teaching", also Lehrervortrag, abgegrenzt von "problemorientierten Methoden". Dass das heißt, dass der Artikel "daneben" sei, ist natürlich klar, schließlich gilt:


    Zitat

    ach gottchen, die eine Studie zeigt das, die andere das.


    Wen es interessiert, der findet alles Wissenswerte hier:


    http://educationnext.org/sage-on-the-stage/


    Gearbeitet wurde mit TIMSS-Daten aus der achten Klasse in Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern in den USA. Dadurch sind die Ergebnisse natürlich weniger allgemein (und plakativ) als im FAZ-Artikel dargestellt.


    Zitat

    Das ist mit Verlaub Blödsinn. Studien und Metastudien (Hattiestudie) haben ergeben, dass keine der Unterrichtsformen gegenüber der anderen einen meßbaren Vorteil bieten.


    Das stimmt natürlich mit Blick auf Sozialformen, also strenggenommen mit Blick auch auf den Frontalunterricht. Bezüglich der Unterichtsmethodik insgesamt stimmt es wenigstens mit Blick auf Hattie nicht. Da bestimmte Unterichtsmethoden mit bestimmten Sozialformen oft korreliert sind, finde ich es etwas irreführend. Was das Gewicht des Lehrers angeht, hat mindestens die Hattie-Studie ein recht klares Bild vom "guten" Lehrer - auch mit deutlichem methodischen Einschlag.

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