Hallo!
Selbst, wenn an deiner Uni LehrämtlerInnen weniger Punkte zum Bestehen brauchen, heisst das doch noch lange nicht, dass alle LehramtskandidatInnen ihre Klausuren mit 40% bestehen oder?
Reine Philosophen:
es gibt meines Wissens keine / kaum Studiengänge, wo man nur Philosophie auf Diplom hätte.
Ich bin Germanistin, Romanistin und Politiwissenschaftlerin.
Ob ich in Germanistik ein Seminar weniger in Mittelhochdeutsch hatte, in Französisch ein Seminar weniger zur Provence und in Politikwissenschaft ein ausländisches politisches System weniger betrachtet habe?
Ja.
Bin ich deswegen weniger qualifiziert?
Auf keinen Fall
1) die Lehramtsprüfungen (zumindest an meiner Uni und Bundesland - nicht BY) waren in den Geistes- und Sozialwissenschaften zentral mit vorher unbekannten Themen, so dass ich nur 6 Wochen hatte, um mich auf vorher eventuell unbekannten Rahmenthemen vorzubereiten
2) Lehramtsstudierende hatten mehr Prüfungen abzulegen.
Beispiel: in Germanistik konnte ein Magisterabsolvent aussuchen, in welchen 2 Bereichen (1 für Nebenfächler) von Neuere Literatur / Ältere Literatur (auf Mittelhochdeutsch und Frühneuhochdeutsch) / neuere Sprachwissenschaft / Diachrone Sprachwissenschaft (ich verzichte auf eine Erläuterung der Bereiche, du weißt ja schon alles) er geprüft werden möchte. Als Lehrämtlerin musste ich in 3 Bereichen geprüft werden und konnte mir vieles nicht aussuchen.
3) Ich hatte offiziell weniger SWS insgesamt, aber mehr Pflicht-SWS, die ich nachweisen musste. Da du als Naturwissenschaftler eh alle deine SWS nachweisen musst, weißt du nicht, was freies Studieren bedeutet, aber ja, es gibt einige Menschen, die nicht zur VL gegangen sind und einfach aus Büchern gelernt haben.
4) die Qualifikation von LehrämtlerInnen ist eindeutig breiter, aber nicht weniger tief. Klar, jemand, der vom ersten Semester an sich in Althochdeutsch und Mitelhochdeutsch verliebt hatte, hat jetzt eine eindeutige tiefere Quali in dem Bereich, weil er als Magisterstudent vielleicht alle seine Wahlkurse danach ausgesucht hat, aber Studierende, die im Sinne eines allgemeinbildenden Studiums studiert haben, haben eine ähnliche Tiefe und sollten auch eine vergleichbare Breite erreichen.
5) in den Geistes- und Sozialwissenschaften sind die Themen (achtung, das Wort solltest du als zukünftiger Lehrer kennen(lernen)): EXEMPLARISCH.
Es ist egal, ob ich das Wohlfahrtssystem im internationalen Vergleich, die Parteifinanzierung in europäischen Ländern oder die Demokratieentwicklung in Transitionsländern beobachte: ich erlerne ein Handwerkzeug, um sozialwissenschaftlicheTexte lesen und verstehen zu können, sozialwissenschaftliche Studien verstehen, kritisieren und selbst durchführen zu können, ich erlerne, wissenschaftlich zu arbeiten und selbst methodisch einwandfrei zu arbeiten. Die thematischen Seminare sind zwar wichtig, dienen aber auch andere Zwecke. Wie sonst könnte man an unterschiedliche Universitäten unterschiedliche Seminare besuchen. Ach, ich vergass, über Theoretische Physik I, II und III (weitere Physikbereiche und Nummerierung) kommt ihr in den Naturwissenschaften nicht hinaus. Alle zusammen ohne richtige Wahlfreiheit.
genervte Chili