Beiträge von chilipaprika

    "billige aufsichten" sind es nicht, sondern das sind Menschen, vorwiegend Studierende, die den Mindestlohn bekommen (und er liegt in Frankreich nicht bei 3 Euro die Stunde) und glaub mir, sie haben im System einiges zu sagen.
    Das sind diejenigen, die nicht nur die Aufsicht machen, sondern eben bei fast jeder Pause draußen sind, den Kontakt zu den Kids haben, im Bureau "Vie Scolaire" sitzen und alle Verspätungen und Abwesenheiten quittieren und dich wieder in den Unterricht lassen, sie machen die Mensa-Aufsicht und kümmern sich auch oft um die NachsitzerInnen, mit denen willst du dir das nicht verscherzen. Der / die ChefIn des Bureaus ist neben LehrerInnen quasi die wichtigste Person der Schule, die auch über Ausschlussmaßnahmen zu entscheiden hat.
    Für die Kids sind diese "surveillants" "nur" ältere aber noch junge Menschen, die cool drauf sind und die Grenzen aufzeigen, aber eigentlich setzen sie die ganzen Regel des Systems um.


    und ja, die 2 Aufsichten in der Woche bringen mich nicht um.
    Aber ernsthaft, wenn ich 6 Stunden am Stück habe, 5 unterschiedliche Klassen, würde ich lieber in der 1. Pause in Ruhe (ahah) im Lehrerzimmer sitzen als SchülerInnen aus dem Gebäude zu verweisen.
    und somit arbeite ich nicht 22 Unterrichtsstunden in der Woche, sondern 22 Unterrichtsstunden plus 40 Minuten. Komischerweise werden sie selten erwähnt, in den Berechnungen der Arbeitszeiten..


    Chili

    Wobei sich das auch in Frankreich nicht verbessert.
    Die 18 Stunden ergeben auch 22 deutsche Stunden (da in Frankreich à 55 Minuten), und viele "junge" KollegInnen müssen zunehmend ein zweites unstudiertes Fach unterrichten, wenn sie nicht an drei verschiedenen Schulen ihr Deputat leisten wollen (mit zT 45 Kilometer dazwischen).


    Der größte Unterschied liegt sicher eindeutig in der Korrekturbelastung, da frnzösische SchülerInnen in JEDEM Fach (und da wird nicht zwischen Haupt- und Nebenfach unterschieden) 3 Klassenarbeiten pro Trimester, also 9 Arbeiten pro Jahr schreiben.
    Im Rückblick frage ich mich, wie das LehrerInnen leisten.


    Allerdings sorgen tatsächlich die Gewerkschaften dafür, dass Lehrkräfte nicht für Aufsicht ("Vertretung") eingesetzt werden, Pausenhofaufsichten werden von Menschen übernommen, die den Mindestlohn verdienen (wobei die LehrerInnen nicht weit drüber sind, wenn man weiß, dass sie 10 Monatslöhne auf 12 Monate ausgezahlt bekommen), ...
    DAS müssten deutsche Gewerkschaften auch tun, sich darum kümmern, dass wir unterrichten dürfen und nicht die Aufsicht in der Mensa oder vor dem Klo machen müssen.


    Chili

    dann wird die U-Plus-Kraft nicht mehr eingesetzt.
    Es gibt in den U-Plus-Verträgen (gibt es welche??) keine Mindestanzahl an Stunden, die man macht und bezahlt bekommt. Es sind Stunden auf Abruf. Also wird man einfach nicht mehr gerufen.


    Chili

    Mikael:


    ich weiß nicht, ob das System noch aktuell ist, aber ja, in Hessen gab es zum Beispiel die "Unterrichtsgarantie Plus" und da hat man pro Stunde abgerechnet (bevorzugt Wochen später...), wurde morgens um 7 angerufen, dass man bitte um 8 in der Schule zu stehen hat und irgendwas zu vertreten hat...

    Wenn das Kind aber später sich ärgert, dass es das Gymnasium nicht schafft, oder dass es nur Krankenschwester geworden ist und viel lieber Arzt geworden wäre, aber schulisch nicht gut genug war etc., dann hätte ich das schlechte Gewissen, dass ich einfach nicht mehr verlangt habe in der Kindheit.

    (Hervoerhbung durch mich)


    Interessanter Klassismus...
    Nicht, dass ich es nicht schon vorher vermutet hättest, aber du solltest über deine arrogante Einstellung mal nachdenken...


    Chili

    Hallo!


    ich finde, hier sind 2 Sachen absolut zu trennen:
    - eine ehrgeizige motivierte Mutter nutzt ihr Wissen
    - sie arbeitet das Schulbuch vor


    ich komme aus einem sogenannten bildungsfernen Haushalt und es wurde nur geguckt, dass meine Noten stimmen und ich die Sachen rezitieren kann ( ist üblich gewesen). dabei hätte ich gern viiiel mehr gelernt. die spätere Entdeckung der Bibliothek war meine Rettung.
    sollte ich jemals Kinder haben, würde ich es aber anders machen: es gibt genug andere Themen, die man wissbegierigen Kids anbieten kann. Bücher lesen, sich die Natur angucken, meinetwegen ein Musikinstrument lernen aber doch nicht die selbe Matheseite vorarbeiten ??!


    Schlag doch der Mama vor, in die Bibliothek zu gehen und sich dort Bücher auszuleihen.


    chili

    @ Trantor:
    in mainz kann man ( konnte man?) meines wissens wipäd mit allem kombinieren. vom zeitaufwand machen natürlich einige kombis kaum sinn, aber es sollte gehen.



    Edit: korrigiert, man kann in Mainz "nur" 13 Fächer mit WiPäd kombinieren. Ich hätte um die 8-10 aufzählen können und dachte nicht, dass ausgerechnet die Naturwissenschaften ausgeschlossen waren.

    die Kirche mag das Personal kostenfrei stellen, aber es gehen eine Menge A13-Stunden (ja auch Angestellte, aber auch A14 und A15) verloren. Meine Kids hätten eher was vom Französisch-Unterricht gehabt als vom Ausschlafen..
    Denn Angebote wären es, wenn es nachmittags nach der Schule wäre und nicht _während_ meines Unterrichts mit einer Einladung zum Gottesdienst.

    Hallo!


    @ Suiram:


    nein, die nicht-christlichen Kinder (und alle restlichen christlichen Kinder, die gerne ausschlafen) kommen am Tag des Schulgottesdiensts erst zur 2. Stunde. Philosophie hatten sie während der Reli-Stunden. oder auch nicht, weil nicht genug Lehrer, also Deutsch-Förderunterricht. Weil nicht-christliche Kinder eben Deutsch-Mängel haben..


    Raket-O-Katz:


    ja, das habe ich auch vor ein paar Monaten mitgekriegt. Ich bin "Grenzgängerin". In NRW an der Schule erlebt und immer öfters in Niedersachsen davon gehört. und ich muss echt überlegen, was ich bei meinem Kind machen würde. Ich bin überzeugte, fast fundamentalistische Laizistin, würde aber meinem Kind doch nicht die Einschulungsfeier vermiesen. Was macht man da?
    und wer stellt sich auf die Seite der Muslime (als größte religiöse Minderheit)? Wer sorgt dafür, dass sie eben auch einen gerechten Platz an der Schule haben?
    Christliche Kollegen meckern, dass die muslimischen Kids 2 freie Tage im Jahr bekommen können (Opferfest und Zuckerfest auf Antrag), würden am liebsten fast die Klassenarbeit auf den Tag legen, damit die Kids kommen _müssen_, merken aber nicht, wie selbstverständlich der Christentum in der Schule alles bestimmt.


    laizistische Grüße,
    die christliche Chili

    Das mit der nicht geltenden Ökumene verstehe ich nicht...

    Hallo!


    mir wurde immer wieder gesagt, man könne Schulgottesdienste nicht als religiöse / kirchliche Eingriffe in die neutrale Schulwelt sehen, da es schliesslich nicht konfessionsgebunden sei und ökumenisch sei.
    Dass die Ökumene allerdings nur die christlichen Konfessionen vereint und nicht die anderen Religionen, die unsere SchülerInnen nun mal haben, scheint in die christlichen Köpfe der Verantwortlichen nicht zu wollen.


    Chili

    Kleine Frage in die Runde:


    wer von allen "konfessioneller Reliunterricht in der Schule"-Kritikern / Skeptikern war denn in den letzten Jahren bei einem Schulgottesdienst? (Ökumene gilt bei mir nicht, weil es in jeder Schule doch mindestens einen muslimischen / jüdischen / ... Schüler gibt, der nicht mitgemeint ist.) Wer hat etwas gegen ein Kruzifix in einem Raum, wo er ab und zu Unterricht erteilen soll, unternommen?


    und weil ich die Frage stelle:
    Innerlich geärgert habe ich mich schon, der einen oder anderen Kollegin auch was gesagt, war aber ganz fleissig bei fast allen Gottesdiensten und ignoriere so weit es geht die Kruzifix-ähnliche Skulptur an der Wand in dem Raum einer Relilehrerin, obwohl ein Drittel meiner Kids Muslime sind...
    Also werfe ich nicht den ersten Stein... Ich wundere mich nur, warum wir wohl nix dagegen tun. Wollen wohl alle eine Stelle :-/


    Chili

    Hallo!


    Ich versuche, so sachlich wie ich es kann, meine Position zu erläutern.



    Die Schule ist eine Sozialisationsinstanz.
    Ihre Lehrpläne sind nicht rational (zumindest nicht nur), sondern auch politisch motiviert.
    Das beste Beispiel zur Erläuterung wäre vielleicht das Fach Geschichte. Unterschiedliche Länder (=Staaten) haben sich für unterschiedliche Inhalte entschieden und bieten hiermit eine gute Basis für die Volkasallgemeinbildung. Man kann hier durchaus von ethnischer Sozialisation. So wurde ich in der Schule im Geschichtsunterricht sehr stark mit der Größe meiner Vorfahren konfrontiert und deren wichtigen zivilisierenden Erfolge. Frankreich legt da in den Lehrplänen Wert darauf, dass zum Beispiel die Kolonialisierung auch unter anderen Aspekten dargestellt wird, Napoleon wird als Held der Nation hauptsächlich vermittelt und dass die Franzosen die zwei Weltkriege gewonnen haben, ist eine Selbstverständlichkeit.
    Hiermit sage ich nicht, dass es in Frankreich keine rationalen Historiker gibt, aber die didaktische Reduktion wird für die Schullehrpläne eben nicht am Beispiel der Terrorkriege von Napoleon im Osten gemacht.
    Geschichte ist nicht das einzige Fach, wo man von ethnischer Sozialsation sprechen kann. Im Literaturunterricht wird selten Weltliteratur gemacht, sondern man liest auch in großen Anteilen in der Sprache des Landes, Geografie beschäftigt sich zuerst mit der eigenen Region (Sachkunde in der Grundschule) und dann auch mit Ländern, die nunmal ausgewählt worden sind. Auch die wirtschaftlichen, politischen oder ökologischen Zusammenhänge folgen bestimmten politischen Zielen. [mit "politisch" meine ich eine breite Auslegung des Begriffs, und keinesfalls nur die partei- oder parlamentspolitische Seite].


    Das Fach Religion ist für mich insbesondere ein gutes Beispiel, weil es eben zu den Fächern gehört, die in unterschiedlichen Staaten (und in Deutschland mittlerweile Ländern) so unterschiedlichen gehandhabt werden.
    Mir ist klar, dass das Fach Religion keine Unterweisung darstellt. Aber warum wird dann an der Unterscheidung evangelisch / katholisch / muslimisch (auch da sunnitisch, aleviten, ...) / jüdisch.. gehalten?


    Mit "Gehirnwäsche" meinte ich diese ethnische Sozialisation. Ich bin in einem System aufgewachsen, wo die Religion Privatsache ist und in der Schule nichts zu suchen hat. Damit bin ich wohl auch unter dem Einfluss dieser bedeutenden "Zivilreligion" sozialisiert und mein Denken ist davon nachhaltig geprägt.
    Während ich der Meinung bin, dass meine Kinder Reliunterricht _außerhalb_ der Schule besuchen sollten (so wie ich übrigens), denkt ihr, dass Religion ihren Platz in der Schule hat. Ich bin sofort dabei, wenn das Fach Religionswissenschaft (oder ähnliches) und konfessions- und religionsübergreifend angeboten wird.


    Chili

    nee... sehe ich anders.
    Es ist für mich kein Schulfach (bzw. sollte keins sein), weil es einfach nicht Aufgabe des Staates (der sich getrennt von der Kirche reklamiert) ist, Religion anzubieten.
    Ich respektiere alle und mag die meisten meiner Reli-KollegInnen. Ich kritisiere einzig das System, nicht die Personen oder Inhalte.


    und jetzt zurück zur Sexualkunde

    Weil die Bayern so heimatverliebt sind ;)
    sonst würden sie SOFORT in NRW eine Stelle bekommen..


    Ja, Spanisch ist hier fast absolutes Mangelfach. Mit einem vernünftigen zweiten Fach (denn man muss bedenken, dass Spanisch nur als 3. Fremdsprache existiert (oder?) und deswegen weniger Stunden anzubieten hat) ist man sofort drin.


    Chili

    Off-Topic und es tut mir leid, aber:


    Ich kann nur hoffen, dass in unseren Schulen eine derartige technokratische und atheistische Denkweise, die man sich in einer Neo-DDR vorstellen könnte, niemals in Deutschlands Schulstuben einziehen wird.8)

    Beleg mir bitte meine atheistische Denkweise?
    Ich stehe für Laizismus. JedeR darf denken, was er / sie will, aber in der Schule hat es _meiner Meinung nach_ nichts zu suchen.


    "Gehirnwäsche" mag ein drastisches Wort sein, aber wie sonst kann man sich das erklären, dass 80% der Bevölkerung, auch die Menschen, die NIE in die Kirche gehen, außer sie heiraten gerade oder ein Kind wird getauft, der Meinung sind, dass Reliunterricht in der Schule gehört?


    Ich will wirklich keinen Fass aufmachen (oder nur einen neuen Thread), aber ich will nur aufzeigen, dass das Ganze auch nur so kulturell geprägt ist. Wir "glauben", dass Sexualkundeunterricht in der Schule gehört, aber was bringt uns zu dieser Position? und wenn in Deutschland die Eltern normalerweise soviele Rechte haben, warum in diesem Fall nicht mehr?


    und nicht falsch verstehen, ich bin generell für mehr Rechte der Schule gegenüber Eltern.


    Chili

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