Hallo!
Vorab:
a) ich bin keine Spanischlehrerin und kenne deinen Sohn nicht, weswegen ich aus der Ferne nicht erklären kann, was wie warum ist.
b) ich bin selbst (zugewanderte!) Muttersprachlerin, unterrichte meine Muttersprache und es ist kaum etwas, was mich mehr ärgert als Sprüche wie "ach, und was unterrichten Sie? Französisch natürlich?" (ich sitze seit 35 Sekunden auf dem Zahnarztstuhl) "Logisch, dass du Französisch unterrichtest" oder noch "Muttersprachler können es am besten". (ja, deswegen hat man mir einfach mein Staatsexamen in die Hand gedrückt, als ich nach Deutschland kam und ich musste nicht in den Phonetik- (Theorie-), Grammatik-, Altfranzösisch-, Fachdidaktik- und so weiter Kursen sitzen...
Ein paar Ideen ungeordnet am Morgen:
1) Wenn eine Vokabelliste aufgegeben wird, dann sieht man die Akzente, dann lernt man sie mit. Genauso wie mein französischsprachiges Mädel, das ca. jede zweite Endung (die man auf Französisch fast nie hört) falsch schrieb. und wenn dein Sohn tatsächlich seit 2,5 Jahren Spanisch "lernt", ohne jemals die Rechtschreibung (Akzente und diakritische Zeichen gehören im Spanischen je nach Auffassung - und dieser Auffassung ist offensichtlich die Spanischlehrkraft deines Sohnes - dazu) zu lernen, dann muss er es jetzt leider nachholen.
Es spricht meiner Meinung nach übrigens sehr für deinen Sohn und seine Zweisprachigkeit, dass er "nur" die Akzente falsch macht, weil ich ziemlich sicher bin, dass er hier und da ein paar Wörter "neu" / "aktiv" lernt. Gespräche mit Papa sind nämlich nicht immer mit dem Schulunterricht deckungsgleich.
2) Die 3 Anforderungsbereiche (Reproduzieren, Erläutern, Urteilen / Problemlösung..) verschieben sich im Fremdsprachenunterricht über die Jahre.
Einige Erwartungen, die bei mir (und einigen KollegInnen) über die Jahre zum Beispiel an Bedeutung wachsen (und die über die kommunikative Kompetenz hinausgehen, sie spielt natürlich eine Rolle!):
- Beteiligung in ALLEN Phasen des Unterrichts (nicht nur was vorlesen, zb. sondern auch schwierigere Fragen zu Ende der Stunde beantworten, und seien sie so blöd für einen)
- Richtigkeit der Antworten
- das "Kognitive", was ich gerade nicht wirklich in Wörtern fassen kann.
Beispiel: eine Stunde aus der 8. Klasse zur Vorbereitung eines Austausches.
Es geht nicht nur darum, die Wörter Austauschschüler, Frühstück, Museum und so weiter in fertig übersetze Sätze zu übersetzen.
Es geht auch nicht darum, der Lehrkraft antworten zu können, sondern es geht darum, zb in der Gruppenarbeit
- sich gegenseitig zu helfen
- selbst Vorschläge einzubringen (und nicht nur die der Gruppenmitglieder als wandelnder Lexikon zu übersetzen)
- nicht nur etwas "langweiliges", "reproduzierendes" (im Buch standen 2 Vorschläge als Beispiel, die haben wir übernommen und nur eins hinzugefügt vs. wir haben eine komplett neue Idee eingebaut, Ironie in den Dialog eingefügt, versucht, viele interkulturelle Geschichten zu berücksichtigen (über die eigene Stadt, weil die Austauschschüler kommen), und Variation des Wortschatzes)
- die Ergebnisse auch vorzutragen (und zwar nicht, weil man der "beste Schüler" ist, sondern, weil es reiheum geht und man an der Präsentationskompetenz arbeitet)
Meine Erfahrung mit Muttersprachlern ist zweigeteilt (sowohl in der Schule als nicht muttersprachliche Schülerin neben einer Amerikanerin, in der Schule als Lehrerin gegenüber französischsprachigen Kids, oder noch an der Uni mit anderen Franzosen).
Es gibt die, die das Fach als Herausforderung nehmen, weil sie die sprechen können aber nicht unbedingt alles wissen und die, die sich immer für was besseres halten. Natürlich gibt es auch was dazwischen.
Wenn dein Sohn hier und da sich "langweilt" und der Meinung, er kann es eh und besser (und es auch zeigt), kann ich mir ganz gut vorstellen, dass er rein mündlich zwischen 1 und 2 oder gar 2 steht. Das zusätzlich zu den Abzügen in Tests und Klassenarbeiten und du hast die 2 im Zeugnis.
Hinzukommt, dass viele Lehrkräfte (dazu zähle ich mich zb) im Zweifel im 1. Halbjahr die "schlechtere" Note geben und bei genau gleichem Stand die bessere im zweiten Halbjahr geben. In der Regel reicht es aus und ich hab fast nie die selbe Note im 2. Halbjahr geben müssen (das waren eher Fälle von "wenn es so ist, dann mache ich erst recht nichts mehr)
Was mich interessiert ist aber: wenn dein Sohn tatsächlich schon perfekt schreibt, warum belegt er denn Spanisch? Warum hat er kein Latein oder Französisch genommen und Spanisch dann erst in der 3. Fremdsprache oder über eine "Überprüfungsregelung" den Einstieg in der Oberstufe, ohne die Mittelstufe zu besuchen? (kenne ich an fast allen Schulen, wo ich war. Franzosen würden eine solche Prüfung nie im Leben bestehen, aber bei Niederländern habe ich es oft gesehen und bei Spanisch kann ich es mir auch gut vorstellen.
Chili