Hallo!
Man muss differenzieren: zwischen einem Hochschul-/an einer Hochschule erworbenen Staatsabschluss (egal ob "grundständig" oder "Erweiterungsfach") und einem Zertifikatskurs.
In NRW führen die Zertifikatskurse (die man nur besuchen kann, wenn man schon eine Planstelle hat!) zur unbegrenzten Unterrichtserlaubnis. Wie das Zeugnis aussieht und ob es auch außerhalb von NRW unbegrenzt ist, weiß ich allerdings nicht.
Beim an einer Hochschule erworbenen Abschluss gelten je nach Uni und Land unterschiedliche Voraussetzungen. An meiner Uni (RLP) und in meiner Prüfungsordnung mussten die KandidatInnen insgesamt nur 2 Scheine, davon 1 im Hauptstudium, ihrer Wahl und 1 Schein in Fachdidaktik ablegen. Damit waren sie zur Abschlussprüfung zugelassen. Allerdings war die Abschlussprüfung absolut identisch, das heißt, es war sehr viel Selbststudium dabei. Nur in den Naturwissenschaften musste man mehr Scheine machen, ich glaube in de Regel das komplette Grundstudium und einen Hauptstudiumschein.
Auf diesem Weg bin ich zu meinem Drittfach-Abschluss gekommen. In diesem Fach habe ich auch mein Referendariat gemacht und da wo ich Lücken hatte, habe ich sie aufgearbeitet und gut. Hätte auch in einem anderen Fach passieren können.
An vielen Unis galt / gilt auch eine 50%-Regelung. Es gibt eine gesonderte Studien- und Prüfungsordnung für das Erweiterungsfach, die alle Kurse vorgibt, die man machen muss und ca. 50% der ECTS-Punkte als Voraussetzung sieht. Auch hier war die Abschlussprüfung identisch mit der eines Vollstudierenden. Meine Aufgabe, den Stoff zu lernen. An einer Uni in NRW habe ich so ein weiteres Drittfach erworben.
Hier und in anderen Foren habe ich oft über die bayrische Variante gelesen: ich glaube, komplett ohne Schein, Hauptsache man kann den Stoff. Identische Abschlussprüfung. Wobei die Note des Erweiterungsfachs scheinbar keine Rolle spielt (gut, war bei mir in der Anstellung in NRW auch so) und das Erweiterungsfach bleibt für immer ein Erweiterungsfach.
Leider scheinen sowohl die erste als auch die zweite Variante immer mehr zu verschwinden.
Meine Fächer sind alle vollwertig, ich habe bei allen die volle Fakultas und keiner kann sie mir je wegnehmen, selbst wenn ich das Bundesland wechseln sollte.
Ich bin in meinen vier Fachschaften vollwertiges Mitglied, unterrichte in allen vier Fächern in der Oberstufe und habe in allen vier Fächern schon in Abikommissionen gesessen. Es handelt sich nicht um Fächer wie Physik oder Informatik, das heißt, wenn man mich rauskicken wollte, könnte man es sehr einfach tun.
Bei den Leuten mit Zertifikatskurs ist es glaube ich ähnlich. Klar, der Kurs ist äusserst komprimiert und ich kann mir kaum vorstellen, dass es richtig hohes wissenschaftliches Niveau ist. Aber das ist es eben nicht das Ziel, sondern nur die Erteilung der Unterrichtserlaubnis und die Fähigkeit, genau dieses Fach zu unterrichten. Es ist also sehr unterrichts- und praxisorientiert, man bekommt sehr viele "Kochrezepte" für den nächsten Unterricht.
Über die Unterrichtserlaubnis habe ich schon mal Kritik gehört, aber ich glaube, es lag auch stark an den jeweiligen Menschen und an der Fachschaftskonstellation. Wenn jemand mit einem Zertifikatskurs mich aus meinem Fach wegdrängeln würde und alle "spannenden" Kurse bekäme, während ich nur noch 5er oder mein anderes Fach unterrichten dürfte, würde ich auch laut nachdenken, ob es gerecht ist.
Aber ich glaube, wenn man selbst die Kompetenz erwirbt, kann man sich solcher Kritik stellen und es ist einfach unproblematisch. Das heißt, man sollte nicht den Zertifikatskurs Physik machen, weil man bei der Ausschreibung dies als Voraussetzung gelesen hat und danach versuchen, so wenig Physik wie möglich zu unterrichten und dann ständig die KollegInnen um Rat fragen, wie man das Experiment macht und was hier im Buch gemeint ist, usw.. Über die eigene Haltung kann man viel gewinnen. (und nein, ich habe auch oft Fragen und frage KollegInnen, beantworte auch KollegInnen, aber ich hoffe, es ist klar, dass es ein Mass und eine Art von Fragen gibt...)
chili