Hallo Elefantenflip,
erst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mir so ausführlich zu antworten. Soweit ich mich erinnere, habe ich von dir auch hier nur, für mein Verständnis, ganz vernünftige Beiträge gelesen.
Ich möchte es noch einmal betonen, dass ich keine schlechte Meinung von Lehrern habe. Während des 1. Schuljahres meines Großen war ich davon überzeugt, dass er eine gute Lehrerin hatte, an Elternabenden habe ich mich (damals Elternvertreterin) auch lobend über sie geäußert. Die Lehrer handeln sicher alle nach bestem Wissen und in bester Absicht. Ich habe ich persönlich nie "Streitgespäche" mit Lehrern meiner Kinder geführt und immer betont, dass ich Verständnis für gewisse Reaktionen der Lehrer habe. Immer habe ich das persönliche Gespäch gesucht, anstatt Nachrichten zu schreiben. Die Lehrer haben uns Eltern gegenüber auch geäußert, dass sie die Verhaltensauffälligkeiten unseres Sohnes nicht auf Fehler in unserer Erziehung zurückführen (obwohl wir uns nicht davon freisprechen möchten, denn gerade bei einem lern- und/oder verhaltensauffälligem Kind passieren auch leicht Erziehungsfehler). Die Lehrer wurden von mir mit entsprechender (kopierter) Fachliteratur versorgt, die sie auch immer kooperativ entgegen genommen haben. Wir haben auch ein Gespräch mit den Lehrern zusammen mit unserer neurophysiologischen Therapeutin (die wir auch dafür bezahlen mussten) geführt. Die Lehrer haben auch betont, dass sie nach den Informationen ganz anders mit unserem Sohn umgehen könnten.
Jedoch waren sie damit scheinbar überfordert und haben ganz gravierende Fehler gemacht, weil sie sein "Nichtkönnen" weiterhin mit "Nichtwollen" verwechselt haben. Wie auf dem Fußballplatz verteilten sie gelbe und rote Karten. Bei roten Karten wurde mein Sohn vor die Tür gesetzt, für ein Verhalten, dass er nicht beeinflussen konnte (da vom Hirnstamm ohne Kontrollmöglichkeit ausgelöst). Ergebnis war, dass mein Sohn psychisch am Ende war.
Mein kleiner Sohn (Einschulung als Kann-Kind, aber 6 Jahre alt bei der Einschulung) wurde von der gleichen Schule fünf Wochen nach der Einschulung wegen angeblicher körperlicher und emotionaler Überforderung als schulunfähig angesehen, was wir Eltern nicht nachvollziehen konnten.
Jetzt besuchen beide eine andere Schule, die nicht so extrem mit den Kindern umgeht. Es geht ihnen gut. Sie sind zufrieden und erfolgreich. Von extremer Verhaltensauffälligkeit bei dem Großen und körperlicher bzw. emotionaler Überlastung bei dem Kleinen ist absolut nicht mehr die Rede (vor ca. 15 Monaten habe ich sie umgeschult). Jedoch auch an der neuen Schule muss ich feststellen, dass die Lehrer, die wirklich verantwortungsbewusst und engagiert sind, aufgrund ihrer nicht vorhandenen Kenntnisse ein "Nichtkönnen" nicht vom "Nichtwollen" unterscheiden können. Leider ist es so, dass sie aber fest davon überzeugt sind, dass sie es können (wie auch hier im Forum sehr verbreitet).
Meine Überzeugung, dass Lehrer zu wenig Wissen in bestimmten Bereichen haben, ist kein Affront gegen Lehrer. Die Lehrer sehen es nur so, weil sie sich nicht eingestehen möchten, dass sie zu wenig Wissen z. B. auf dem Gebiet der kindlichen Entwicklung haben. Die Lehrer sind grundsätzlich nicht verantwortlich für ihre Ausbildung, daher brauchen sie sich auch nicht angegriffen zu fühlen. Vielleicht besteht aber die Möglichkeit, dass die Lehrer mithelfen, eine umfassendere Aus- bzw. Fortbildung zu erhalten. Eventuell gibt es auch Lehrer, die ihre Fortbildung selbst finanzieren möchten. In der freien Wirtschaft ist das üblich, denn sonst droht Arbeitslosigkeit.
Zu deinem geschilderten Fall kann ich mich nicht so richtig aüßern, weil ich dafür zu wenig weiß. Ist der Schüler erst seit der Trennungsgeschichte auffällig? Gibt es auch Lernauffälligkeiten? Warum reagieren die Eltern so? Ich kenne auch Eltern, die nicht einsehen wollen, dass ihr Kind eine Therapie braucht. Auch kenne ich Eltern, die ihre Kinder vor den Fernsehern, Computern und gameboys"verwahrlosen lassen", weil sie nicht wissen, dass es ihren Kindern schadet. Die meisten, die ich kenne, tun es aber nicht. Ich kann auch verstehen, wenn Eltern der Meinung sind, dass die Schulen dafür verantwortlich sind, dass auch Kinder mit Lern- und oder Verhaltensstörungen individuell gefördert werden müssen.
Immerhin ist das im Schulamtsbezirk Wetzlar möglich und auch in Finnland erhalten diese Kinder Unterstützung durch die Schule.
Eltern und Lehrer sollten aufhören, sich gegenseitig die Schuld für das Versagen der Kinder in die Schuhe zu schieben. Beide Seiten werden in den Medien schlecht gemacht. Sie sollten stattdessen zusammen versuchen, die wirklichen Gründe herauszufinden und gegenseitig voneinander lernen wollen.
Einen schönen Abend noch!
Erika