Hallo liebes Forum!
In letzter Zeit beobachte ich immer häufiger, wie laut Regelschullehrer nach Sonderpädagogen für die Inklusion schreien.
Ich arbeite neben dem Studium an einer Grundschule mit einem inklusiven Konzept.
In nahezu allen Fällen hatte ich zugegeben bisher den Hochmut zu denken, dass ich das als gewöhnlicher Klassenlehrer auch alleine schaffen würde.
Sätze wie "Ohne Doppelbesetzung geht nichts" und diese Weltuntergangsstimmung angesichts der Inklusion konnte ich bisher einfach (noch) nicht nachvollziehen.
Klar: Bei einigen schwerwiegenden Verhaltensauffälligkeiten ist ein Sonderpädagoge sicherlich durchaus nötig. Aber "unbeschulbare" Extremfälle sind vergleichsweise selten.
Förderkinder der geistigen Entwicklung bekommen dazu ohnehin schon einen Integrationshelfer bereitgestellt.
Wozu also die Forderung nach tausenden Sonderpädagogen?
Warum fühlen sich so viele Regelschullehrer der Inklusion nicht gewachsen?
Und was haben Sonderpädagogen für Möglichkeiten / Kompetenzen, die Regelschullehrer nicht (mit ein bisschen mehr Mühe) aufbringen könnten?
Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir vielleicht ein bisschen Licht ins Dunkle bringen und erzählen könntet, welche Erfahrungen ihr dazu schon gemacht habt bzw. wie ihr das seht.
Viele Grüße!
Der Weltaal
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Grundschullehrer lernen im Studium viel, und ja, Oliver, wir können Individualzeugnisse schreiben und tun das regelmäßig. Wir können differenzieren, und leistungsstarke Schüler in einer Klasse aufs Gymnasium vorbereiten sowie leistungsschwache Schüler soweit bringen, dass sie später eine Mittelschule (Hauptschule) erfolgreich besuchen. Die Bandbreite ist groß und die Klassen haben oft eine Klassenstärke von ca. 28 Schülern.
Nun soll man zusätzlich noch Schüler mit diversen Förderschwerpunkten aufnehmen, für diese Kinder gezielte Förderpläne schreiben, individuelle Lernzielkontrollen entwerfen, mit HPTs, Therapeuten, Eltern kommunizieren, etc pp. Das ist meiner Meinung zwar sehr zeitraubend, aber machbar.
Aber, und hier kommt wirklich ein großes aber: Die Zeit, die ich während des Unterrichts zur Verfügung habe, ist begrenzt. 45 Minuten pro Unterrichtsstunde. Wenn ein Schüler mich in jeder Stunde auch nur 10 Minuten braucht, haben die anderen Schüler nur noch 35 Minuten meine ungeteilte Aufmerksamkeit (alle anderen 28 zusammen! Da gibt es übrigens auch schwache Schüler mit Problemen, die gerne mal eine Lehrer neben sich hätten, um ein neues Rechenverfahren zu verstehen oder ähnliches).
Inklusion per se ist nicht schlecht. Ob es immer und für alle ein Gewinn ist, nun ja... Zum Wohle aller, und insbesondere auch zum Wohle der restlichen Klasse, die ebenso ein Recht auf Unterricht hat wie die Förderschüler, wäre es zumindest hilfreich, wenn hin und wieder mal Unterstützung in der Klasse wäre.
Ich "schreie nicht nach Sonderpädagogen", ich weise darauf hin, dass es oftmals besser wäre, einen dabei zu haben ;-).
Ich bin sehr gespannt, wie du dann als fertiger Lehrer darüber denkst!