"Triage" ist auch in anderen klinischen Bereichen Alltag, in jeder Notaufnahme wird nach Dringlichkeit entschieden, wenn gleichzeitig ein Patient mit akutem Herzinfarkt und ein zweiter mit verstauchtem Knöchel durch die Tür kommen, bzw. geschoben werden. Triage kann ein weites Feld sein, von völlig alltäglichen Vorgängen bis zum Terroranschlag mit vielen Betroffenen, wo man die hoffnungslosen Fälle gar nicht mehr in den Krankenwagen trägt.
Das inflationäre Verwenden bestimmter Begriffe mit der Hoffnung, man könnte Menschen durch Angst dazu bringen sich so zu verhalten, wie man gerne möchte, hat allerdings irgendwann auch die Folge, dass die Adressaten abstumpfen.
"Der Junge, der immer 'Wölfe' rief."
Triage (Auswählen) im alllgemeinen medizinischen Sprachgebrauch als Fachbegriff ist Ressourcenmanagement. Hat @FallenAngel ja sehr gut auf den Punkt gebracht.
Mit Triage im Zusammenhang mit Covid ist aber nun mal leider verbunden, dass Menschen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht mehr die Behandlung erfahren werden, die ihren Tod unmittelbar verhindert.
Triage in Zeiten von Corona bedeutet, dass man sich, sofern Ü60, darauf einstellen kann, künftig keine ECMO mehr zu erhalten, was dann (bei einer ohnehin schon bescheidenen Prognose) nunmal den sicheren Tod bedeutet.
Beispiel:
"Unter 65 Jahre, 100% Sauerstoff, Bauchlage.
paO2 48 mmHg. Keine Verlegung zur ECMO-Therapie möglich, da Pat >60 nicht mehr angenommen werden"
Das ist schon einfach mehr als krass. Und es ist Realität in deutschen Krankenhäusern!
Diese Menschen sind zum großen Teil noch nicht geimpft! Die Intensivstationen sind voll, die Behandlungsmöglichkeiten erschöpft. Jetzt schon, und wir stehen noch ganz am Anfang der dritten Welle.
Also, ich für meinen Teil, wenn ich jemanden "Wölfe" rufen höre im Moment, winke ganz sicher nicht abgestumpft ab, sondern renne um mein Leben.