ZitatSchubbidu schrieb: Schön, das Dokument schafft Klarheit. Danke!
Das Dokument schafft m.E. leider überhaupt keine Klarheit - was angesichts der bestehenden Länderzuständigkeit in schulrechtlichen Fragen ja auch kein Wunder ist.
Es vermittelt vielmehr die zumindest für NRW falsche Einsicht, dass begleitende Lehrer einer Klassenfahrt einen Ausschluss von einer Klassenfahrt im Alleingang beschließen dürften. Das entscheidet in NRW laut Schulgesetz jedoch der Schulleiter (§ 53 (6)), und zwar ausschließlich. Die begleitenden Lehrer hätten also vorab zwingend die Entscheidung des Schulleiters einzuholen. Die vorgesehene Anhörung der Eltern könnte später nachgeholt werden.
Ein weiteres Ärgernis besteht bei diesem Dokument (neben dieser jedenfalls mich nervenden Bemühtheit, irgendwie witzig daherzukommen) darin, dass es den ebenfalls unzutreffenden Eindruck vermittelt, als könnte jeder Regelverstoß, der auf einer zuvor definierten Liste aufgeführt wird, sozusagen quasi automatisch zu einem Ausschluss führen. Auch das ist unzutreffend.
Es gilt selbstverständlich auch für Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen während einer Klassenfahrt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, d.h. u.a., dass Ordnungsmaßnahmen erst in Betracht kommen, wenn erzieherische Maßnahmen nicht zum Erfolg führten, es sei denn, es handelt sich um einen so schwerwiegenden Fall, der das Ziel der gesamten Fahrt gefährden würde.
Letzteres ist in dem dargestellten Fall des fragwürdigen Dokumentes m.E. sicherlich nicht der Fall: Schüler einer 8. Klasse steigen nachts nach Alkoholkonsum (nach Geruchsprobe eine "nicht unwesentliche" Menge)in ihrer Unterkunft ein und treffen dort auf Lehrer Rotte, der offenbar auf dem Weg ist, den reichlich genossenen Rotwein vom Vorabend zu entsorgen. Rotte muss jedenfalls noch ziemlich angegriffen sein, wenn er dieses Zusammentreffen mit den Schülern zum Anlass nimmt, "unverzüglich" ( also nachts um drei Uhr!) bei den Eltern anzurufen, um diesen mitzuteilen, dass ihre Kinder am "nächsten Tag" nach Hause geschickt werden.
Das kann m.E. nicht ernst gemeint sein.
Im Hinblick auf die Beaufsichtigung während der Rückfahrt verweise ich im Übrigen auf die die Aussagen von Bolzbold: Minderjährige sollten eigentlich niemals ohne Begleitung nach Hause geschickt werden, m.E. im Grunde auch nicht mit Einverständnis der Eltern.
ZitatBolzbold schrieb: Ich halte dieses Dokument daher für nicht sonderlich praxistauglich.
Sehe ich auch so, eigentlich ist es noch schlimmer. Um es für Kolleginnen und Kollegen ganz deutlich zu sagen: Wer so locker flockig vorgeht, wie in dem Dokument vorgeschlagen, riskiert u.U. Rückzahlungsforderungen seitens der Eltern, wenn er Schüler von einer Klassenfahrt unberechtigt nach Hause schickt. Folgende Gerichtsurteile könnten hier im Übrigen hilfreich sein:
Oberverwaltungsgericht NRW, 19 B 306/07
Eine vorausgehende Entscheidung einer Schule für einen Ausschluss von einer Skifreizeit wird wegen fehlender Verhältnismäßigkeit durch das Gericht abgelehnt.
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 4 K 1213/06
Ein Schüler einer neunten Klasse wird von einer Skilfreizeit vorzeitig nach Hause geschickt, weil er mehrfach gegen vorab geltende Regeln verstoßen hat.
Finden kann man das hier:
http://www.justiz.nrw.de/Bibliothek/nrwe2/index.php
Mit freundlichem Gruß
Anton Reiser