Hallo, bei dieser Anmerkung wüsste ich gerne einmal, wie viele Schüler denn dann durchschnittlich in einem Kurs sind. Ich gehe von meiner momentanen Kursgröße von 25-28 Schüler aus, dann Vollzeitlehrkraft und Schwerpunkt Oberstufe. Dazu maximal zulässige Korrekturzeit von 3 Wochen. Wenn ich da jeder durchschnittlichen oder schlechteren Arbeit einen derart ausführlichen Kommentar hinzufüge - wie soll das zeitlich zu schaffen sein? Oder sind das dann auch Kommentare, die letztlich z.T. aus Versatzstücken bestehen? Abgesehen davon frage auch ich mich, ob Schüler wirklich diesen unglaublichen Arbeitsaufwand schätzen und diese Kommentare ganz lesen - oder ob die Arbeit nicht recht schnell nach Kenntnisnahme von der Note in der Ablage verschwindet.
Hm, die durchschnittliche Klassengröße liegt im Allgemeinen schon auch in diesem Bereich. Das hängt natürlich von den örtlichen Gegebenheiten ab. Wie das zeitlich zu schaffen ist? Nun ja, man muss sich halt ranhalten. Ist doch kein Problem, wenn man kein "Minderleister" ist ! Es gibt ja keine gesetzlich vorgeschriebene Schlafenszeit... Natürlich gibt es aber auch Versatzstücke, die in allen Kommentaren gleich oder ähnlich sind, z.B. die vorgeschriebene Bemerkung zur formalen Korrektheit (Rechtschreibung, Grammatik etc.). Auch für die übrigen Bereiche ähneln sich die Formulierungen naturgemäß; solche Kommentare sollen ja keine belletristischen Edelsteine sein, sondern die Bewertung der einzelnen Arbeiten vergleichbar machen.
Was die Schüler damit machen? Tja, wir wissen doch alle, wie Schüler so sind:
Note angucken...
--> passt: Arbeit kommentarlos zurückgeben
--> passt nicht: Kommentar lesen, rummeckern, wenig Einsicht zeigen, Arbeit zurückgeben. (Wobei diese ganz ausgeprägte "Ich will hier nichts lernen, ich will gute Noten"-Haltung an der FOS noch ausgeprägter ist als am Gymnasium, jedenfalls nach meiner Beobachtung)
Das ist ja mit ein Grund, warum mich diese Korrekturorgie so ankotzt.
Ach ja, da wir ja in Bayern sind: die Arbeit "verschwindet" nicht in der Ablage, sondern wird - versehen mit komplettem Notenspiegel, Angabe in zwei Exemplaren und ausführlichem Erwartungshorizont dem Fachbetreuer übergeben, der dann - wie ja von Eliah schon beschrieben - je eine gute, mittlere und schlechte Arbeit nachkorrigiert, seine Ergebnisse schriftlich festhält (in Kategorien wie "Sauberkeit und Sorgfalt der Korrektur", "Angemessenheit der Aufgabenstellung" und "Fristgemäße Korrektur und Vorlage") und die Arbeit dem Schulleiter übergibt, der dann - je nach persönlichem Engagement - sein Signum druntersetzt oder sich den ganzen Sums nochmal vornimmt. Die Korrekturfarben sind übrigens vorgeschrieben - rot für den Erst-, grün für den Zweit-, violett für einen eventuellen Drittkorrektor. Muss alles seine Ordnung haben in Bayern! Ich vermute, dass der Kultusminister persönlich einzelne Arbeiten nachkorrigiert, vermutlich mit weiß-blauer Tinte.
All das gilt übrigens auch für Stegreifaufgaben. Vernünftige Schulleiter und Fachbetreuer handhaben das dann natürlich etwas laxer. Leider korrelieren Vernunft und die Erlangung solcher Beförderungsstellen nicht immer. Ach ja, kleines Detail am Rande: Die Fachbetreuer waren bislang Kollegen ohne Weisungsbefugnis, werden nach einer Änderung der Dienstordnung in Zukunft aber Vorgesetzte sein.
Lasst mich an dieser Stelle nochmals betonen, dass es mir fernliegt, einzelnen Kollegen aufgrund ihrer Herkunft fachliche oder pädagogische Kompetenzen abzusprechen. Mein Ursprungspost - möglicherweise an einzelnen Stellen nicht 100% objektiv und, mit etwas bösem Willen gelesen, durchaus polemisch - entstand in der ersten Verwunderung darüber, was in anderen Ländern offensichtlich möglich ist. Vielleicht ist jetzt ein bisschen klarer geworden, dass die Arbeit (Achtung: ab jetzt möglicherweise wieder ein wenig Polemik) auf mich so gewirkt hat, als hätte der nicht-bayerische Kollege ein Diktat als Grundkurs-Klausur schreiben lassen.
Aus meinen in diesem Post gemachten Ausführungen mag natürlich der ein oder andere erkennen, dass hier auch eine ganz gehörige Portion Neid (oder nennen wir es besser Frust über die bayerischen Verhältnisse) im Spiel ist.
Liebe Grüße
Fossi