Wie ist euer Verhältnis zur Klasse im Allgemeinen?
Im Allgemeinen gut. Ich bin durchaus bereit, auf die Schüler "zuzugehen" und gehe zunächst einfach immer davon aus, dass sie bestimmte Freiräume nicht ausnutzen und gestehe deshalb diese Freiräume am Anfang zu. Sollte sich heraus stellen, dass das nicht klappt, werden diese Freiheiten wieder eingeschränkt (fast noch nie nötig gewesen).
Ich versuche, meine Schüler zu verstehen - was nicht immer klappt.
Ich nehme meine Schüler ernst - und glaube, dass sie das merken.
Es gibt einige Dinge, die erwarte ich von meinen Schülern - erbringen sie diese "Leistungen", kann man mit mir glaub ich ganz gut leben.
Habt ihr zu verschiedenen Klassen verschiedene (Verhältnisse)?
Ja. Wie oben schon gesagt, wenn die Freiräume ausgenutzt werden, werden sie eingeschränkt. Wenn aus meiner Sicht selbstverständliche "Leistungen" (Zuverlässigkeit, Bücher meist dabei, Hausaufgaben meist gemacht, ein merkbares Bemühen, sich zu verbessern, ein gewisses Maß an Höflichkeit untereinander und zur Lehrkraft usw) nicht erfüllt werden, gibt's weniger Freiräume, mehr "Druck" und auch weniger Witze im Unterricht. Hängt auch vom Alter der Schüler ab, siehe unten.
Seid ihr eher distanziert oder "nahbar"?
Ich hoffe, dass ich nicht distanziert wirke. Nahbar find ich gut, aber nicht kumpfelhaft. Ich habe kein Problem, wenn ich es für sinnvoll oder nötig erachte, meine e-mail Adresse oder auch die Telefonnummer an Schüler zu geben (NOCH NIE ausgenutzt worden).
Die meisten Klassen wissen nach kurzer Zeit etwas über mich persönlich - entweder weil sie fragen und Antwort bekommen, oder weil ich wenn's grad in den Unterricht passt, auch was von mir erzähle (Englischunterricht: Mein halbes Jahr in den USA z.B.).
Ich weiß auch meist ein paar Dinge über meine Schüler (zumindest die, die ich mehr als zwei Stunden in der Woche habe). Wenn ein Schüler ein Problem hat, kann er gern mit mir reden - habe ich das Gefühl, er hat eins, biete ich ihm an, mit mir zu reden (Heute Geschichtsleistungskurs-Klausur geschrieben, letzte vor dem ABI, in der Klausur wird ein Mädchen plötzlich sehr unruhig, stellt sich raus, dass sie bei einer Frage keine Ahnung hat, weil sie in der Stunde, in der das besprochen wurde, nicht da war und die Mitschülerin, von der sie sich die Unterlagen hat geben lassen, geschlampt hat ... ich hab ihr bei der Abgabe gesagt, dass ich Pausenaufsicht hab und wo ich stehe - sie meinte: "Hilft ja nichts". Darauf ich: "Naja, zum Ausschimpfen vielleicht?").
Hat sich das im Laufe der Jahre geändert?
Ja. Man ist am Anfang wohl unsicher und hält dadurch auch die Schüler auf Distanz, man will sie gar nicht so ranlassen und auch nicht so viel von sich preis geben (ging wenigstens mir so). Auf der anderen Seite hatte ich Wunschvorstellungen von einem vertrauten Umgang mit Schülern, die ich jetzt nicht mehr habe - weil ein klitzekleines Bisschen Distanz einen erst in die Lage versetzt, den Beruf länger auszuüben.
Ist Euer Verhalten von der Altersstufe abhängig?
Ja. Je nach Alter können Schüler mit Freiräumen umgehen oder nicht. Je nach Alter gibt es Dinge, die man anspricht (oder nicht ansprechen sollte).
Edit, weil Antwort dazwischen: Ich bin mir manchmal nicht sicher, ob dieses vertraute, nahbare den Schülern der 5. Klasse immer so gut tut - ich hab auch manchmal den Eindruck, als würden sie sich ... schwer zu formulieren ... eher einen Lehrer als eine Mutti wünschen (kommt jetzt bestimmt falsch rüber ... aber ich weiß im Moment nicht, wie ich es besser formulieren soll).