An anderer Stelle wurde die "Propaganda" des Philo-Verbands angeprangert. Hier nun ein entsprechendes BLLV-Statement.
Auch Elternverbände müssen nicht unbedingt objektiv sein ... so forderte der bayerische Elternverband, da die Kinder ja unter der Mehrbelastung des G8 leiden (das würde ich auch nicht in Frage stellen), dass die Stundentafeln gekürzt werden (soweit noch alles ok). Aber die Kürzungsvorstellungen des Elternverbandes hätten den Schülern des G8 bedeutend weniger Wochenstunden beschert, als die Schüler des G9 gehabt hatten ...
Zum Auswendig-Lernen und wieder vergessen:
Wie Herr Rau schon sagte ... man schaue sich die Abitur-Aufgaben an. Selbst in einem Fach wie Geschichte (LERN-Fach) ging ohne Fähigkeiten der Beurteilung gar nichts (von Quellen- und Karikaturinterpretation gar nicht zu reden). Selbstverständlich sind diese Fähigkeiten Teil des Lehrplans und werden - zumindest soweit mein Überblick reicht - auch intensiv im Unterricht eingesetzt und verlangt.
Ja ... die Halbwertszeit von Gelerntem ist nicht sonderlich hoch .... liegt's wirklich nur an der Schulform? Oder nicht doch auch an dem sich ändernden Lernverhalten? Der sich ändernden Konzentration? Der sich ändernden Haltung im Elternhaus zu Bildungsinhalten - Bildung selbst scheint oft egal, Hauptsache Abitur und egal, was das Kind nun wirklich kann. Und ... war das jemals wirklich soooo anders?
Ich weigere mich (ja, flame on ...), den Sinn des Gymnasiums allein in der "Vorbereitung auf die Erfordernisse des künftigen Berufslebens" zu sehen. Erstens fordern viele Berufe andere Eigenschaften und zweitens könnte man dann manche Fächer ganz streichen ... auch nicht im Sinne einer "Bildung".
Zur Überforderung der Kinder:
Ja, das neue G8 in Bayern ist nicht unbedingt ein großer Wurf und sicher im Prinzip härter als das G9 (5. Klasse 1. Fremdsprache, 6. Klasse sofort 2. Fremdsprache ... im G9 war da ein Jahr "Pause" dazwischen, somit konnte sich die 1. Fremdsprache etwas besser festigen).
Aber - und das geht jetzt so ein wenig auch zum Thema "Massenbetrieb" - wir haben einen beträchtlichen Prozentsatz Schüler, die entweder die Empfehlung für das Gymnasium nur knapp oder eigentlich gar nicht erhalten haben (bzw. nicht erhalten hätten dürfen).
Ich hab das woanders schon mal geschrieben: Man tut den Kindern nichts Gutes, wenn man meint, dass es unbedingt mit der Brechstange Gymnasium sein muss ... liebe Eltern, informiert Euch und nehmt diese Infos auch an ... es gibt andere Wege, sogar zur allgemeinen Hochschulreife. Wenn das Kind noch nicht soweit ist, dass das Gymnasium ohne Über-Stress überstanden werden kann, der Knoten aber später mal platzt ... FOS/BOS sind eine echte Alternative.
Kann die Überforderung mit der Stoff-Fülle nicht auch (!) daran liegen, dass die Kinder am Gymnasium überfordert sind? Übertrittsquoten sind in den letzten Jahren - gerade mit Einführung des G8 - an unserer Schule explodiert ... sind wirklich die Kinder plötzlich klüger? Oder hat irgendwer (vielleicht auch der Staat mit der Propaganda von der Wundertüte G8 ) den Eltern eingeredet, dass Gymnasium erstens sein muss und zweitens muss es auch jeder schaffen?
Paar andere Gedanken, nun auf meine Schule bezogen, weil ich die Zahlen dafür einfach kenne:
Wir sind eine große Schule ... ja, man könnte böse "Massenbetrieb" sagen ... über 1500 Schüler/innen. Aber ... obwohl unser Elternbeirat nicht unkritisch ist, ist dieser Vorwurf noch nie gefallen. Jedes Jahr wenn Einschreibung ist, können wir uns kaum retten und die letzten Jahre mussten wir Schüler ablehnen und der Ministerialbeauftragte musste sie anderen Schulen zuweisen. Hört sich nicht nach einem Massenbetrieb an, an den Eltern ihre Kinder nicht schicken wollen.
Wir haben die letzten Jahre konstant jedes Jahr sieben 5. Klassen mit je 32 - 33 Schüler/innen (dazu sag ich lieber nix). Macht also so ungefähr 230 Kinder. Jetzt läuft grade Abitur ... über 150 Kollegiaten/ Kollegiatinnen. Als die in der 5. waren, hatten wir allerdings nur sechs 5. Klassen mit maximal 30 Kindern, also 180.
Von 180 machen also jetzt 150 Abitur ... lieber BLLV ... wie war das, es schaffen nur 60% der Schüler, die den Übertritt wagen, das Abitur? Und da sind die noch gar nicht eingerechnet, die nach der 10. Klasse auf die FOS gingen und nun schon ihr Fachabitur haben.
Unser Elternbeirat hat kürzlich einen Umfrage bei den Eltern durchgeführt. 85% (Unterstufe) - 75% (obere Mittelstufe) der Kinder kommen mit 2 Stunden für Hausaufgabe und Lernen täglich zurecht.
Nachhilfe wird in Anspruch genommen, jedoch (da hab ich die Zahlen jetzt nicht im Kopf) weniger als ich dachte und meist nur punktuell.
Ich sehe relativ wenige Kinder, die "trotz aller Bemühen an den hohen Hürden" scheitern. Dafür leider eine ganze Menge Kinder - und auch Eltern - die es nicht für nötig erachten, dass Hausaufgaben gewissenhaft erledigt werden, Unterrichtsmaterialien dabei sind und ablenkende Gegenstände ausgeschaltet in der Schultasche sind.
So ... das war jetzt die Gegendarstellung ... mit sicherheit auch "ideologisch" gefärbt. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte, aber mit solchen Pauschalurteilen und monokausalen Erklärungen kommen wir nicht weiter.