Beiträge von craff

    Oh je, das erinnert mich an die Grundschulzeit meiner Kinder. Hat sich dieser Wahnsinn denn immer noch nicht geändert?
    Die Kinder werden im Organisationschaos erstickt. Die Aufgaben sind an- und für sich wenig anspruchsvoll, näme diese gigantische Chaosorganisation nur nicht so viel Raum ein.


    Meine individuelle Lösung, die ich erst sehr allmählich mit viel Versuch und Irrtum entwickelt habe und die so richtig erst mit dem vierten Kind geklappt hat:


    Niemals Stress machen. Nicht dem Kind. Und nicht der Lehrerin. Keine Elterngruppenbildung. Keine Direktorengespräche.
    Es sei denn, es gäb echt Schlimmes, mobbing oder Gewalt unter Kindern. Nur beobachten, was läuft. Wissen, dass das Kind diese Chaosorganisation sowieso nicht bewältigen kann. Wenn das Kind kritisiert wird, Kind ablenken. Immer freundlich und in der Defensive mit der Lehrerin umgehen, Entschuldigungen benennen, falls was nicht so gut läuft. Organisationchaos hinnehmen. Niemals die Schule kritisieren. Falls das Hausaufgabenchaos zu groß ist, Hausaufgaben (Arbeitsblätter) selbst aktiv verschwinden lassen. Immer Kuchen backen oder die Schule anderweitig unterstützen.


    Und nebenbei selbst ganz genau hinschauen, wo das Kind vielleicht wirklich Defizite hat - unabhängig von den hausgemachten Problemen der Schule.
    Und diese Defizite mit dem Kind beüben. Mit eigenen Materialien und eigenen Methoden. Niemals die Lehrerin und ihre Methoden vor dem Kind kritisieren, auch nicht indirekt. Dann gibt es kein Durcheinander zwischen Lehrerin und Mutter.
    Dieses Üben aber auch nicht gegenüber der Lehrerin benennen.


    Ich weiß, es klingt total abartig.


    Beim ersten Kind hatte ich noch gedacht, ich müsste Probleme benennen. Blödsinn.
    Das Kind ist enorm abhängig von der Beziehung zur Lehrerin. So wird die Beziehung geschont.
    Diese Methode erspart eine Menge Stress. Die Zeit hat man dann übrig für direkte Übungen mit dem Kind.

    Hallo Haige,


    dazu gibt es zwei interessante Bücher von Martin Wellenreuther:
    Lehren und Lernen - aber wie?: Empirisch-experimentelle Forschungen zum Lehren und Lernen im Unterricht, Schneider, Hohengehren 2007
    Forschungsbasierte Schulpädagogik: Anleitungen zur Nutzung empirischer Forschung für die Schulpraxis, Schneider, Hohengehren 2009
    von Martin Wellenreuther


    oder Sie stellen die Frage direkt an den Autor der Bücher, Sie können ihn über die Uni Lüneburg erreichen.


    craff

    Hallo gluehwurm,


    Wenn das Kind bisher einigermaßen unauffällig war und sich jetzt ändert und sogar eine "Gehirnerschütterung" allein durch Hinfallen beim Laufen zuzieht, gehört es in die Hände eines sorgfältigen Kinderarztes. Das kannst du zwar nicht in die Wege leiten und Verdachtsdiagnosen oder Therapieempfehlungen auszusprechen, solltest du vermeiden, aber den Eltern deine besonderen Beobachtungen und deine Besorgnis mitteilen, solltest du schon. Laiendiagnose "Wahrnehmungsstörung" mit therapeutischem Kurzschluss "Ergotherapie" wäre fatal, wenn eine schwerwiegende Erkrankung dadurch verspätet untersucht und erkannt würde.


    Gruß


    craff

    Ich kann Caliope nur beipflichten. Kann mich gut an eine Klasse im hintersten Berlin-Kreuzberg im Mauerwinkel erinnern.


    Es gab mehrere verschleierte Mamis, die kein Wort Deutsch sprachen, aber so viel mitbekamen, dass die Kids es pünktlich zur Schule schafften und sie zu Klassenfesten immer die leckersten Spezialitäten dabei hatten. Die konnten bestimmt nicht bei Hausaufgaben helfen, haben aber ihre Kinder wohl nicht gehindert, selbige anzufertigen. Deren Söhne haben jetzt abgeschlossene Studien.


    Dann gabs ein paar Langzeitstudenteneltern, die sehr eloquent an allem etwas zu kritisieren hatten, die sich in ihrer Selbstbestimmung gestört fühlten, wenn ihre Kinder gut ausgerüstet und pünktlich irgendwo erscheinen sollten. Deren Kinder führen noch heute so ein Schluffileben, aber unter ungleich schlechteren materiellen Bedingungen als ihre Eltern.


    LG


    Silke

    Hallo hks,
    wenn Du einen PC mit Lautsprecher in der Klasse hast, ist die CD-Rom des Tobi-Arbeitsheftes (Klasse 1) vielleicht hilfreich. Wenn man auf die Bilder klickt, wird der Gegenstand jeweils benannt.


    Ähnlich aufgebaut sind auch einige Übungen der CD-Rom "Zweistein" des gleichen Autors mit einem ganz leicht fränkischen Idiom, wird für hiesige Kinder ab Klasse 2 empfohlen.


    craff

    "Die U - Bahn- Mäuse" sind entzückend. Und das tollste ist, sie sind sehr realistisch gezeichnet, es gibt sie wirklich und wenn sie mal auftauchen, ziehen sie die Berliner fast so sehr in ihren Bann wie Knut.


    craff

    Seit ich mich nach den Empfehlungen von http://www.kopflaus.ch richte, schreckt mich das Thema nicht mehr und auch meine Kinder, die öfter mal mit Läusen nach Haus kamen, sind befreit. Hier basiert alles auf der gründlichen mechanischen Entfernung von Läusen und Nissen ohne jegliche Insektizide.


    Praktisches Vorgehen: Investition in einen guten Läusekamm mit sehr eng zusammenstehenden Metallzinken. Achtung, muss man suchen oder bestellen, nicht alle in Apotheken veräußerten Kämme erfüllen die Kriterien und die Plastikbeipackkämme der Insektizidpackungen entpuppen sich als Spielzeug zur Verbreitung von Läusen. Zusätzlich: konventionelle Haarspülung oder Kurpackung zum Glätten und Glänzen der Haare, muss den Inhaltsstoff Dimethicon enthalten.


    In längeren Abständen und immer wenn das Thema Läuse aktuell ist, werden die Köpfe nach der unter http://www.kopflaus.ch beschriebenen Technik durchforstet.


    Sind Läuse gefunden, wird das Prozedere im Abstand von 3 Tagen so lange wiederholt, bis sie wiederholt nicht gefunden werden, bei Läusealarm in der Schule Abstand von 10 Tagen, sonst mache ich das ca. alle drei Monate.


    So gehe ich jetzt seit drei Jahren vor, habe sämtliche Insektizide weggeworfen und nicht wieder besorgen müssen. Dieses Vorgehen hat sich auch in allen medizinischen Untersuchungen als sicherstes Verfahren erwiesen. Da die Pharmaindustrie eine große Lobby hat, sind die meisten Menschen allerdings überzeugt, Läuse und Insektizide bildeten eine Einheit.
    Das Verfahren entspricht auch den modifizierten Empfehlungen.


    craff

    Zitat

    Original von sarahkatha
    Ich habe in meinen Modulen in der Ausbildung auch viel Negatives gehört, was ich auch nachvollziehen kann. Eben dadurch dass auf jeglichen Handlungsrahmen verzichtet wird, wirkt es ja auch sehr kühl und unansprechend.


    Die Grundschullehrer, mit denen ich gesprochen habe, bestreiten damit nicht ihren gesamten Deutschunterricht, sondern wenden es entweder im Rahmen der Wochenplanarbeit an oder verwenden es nur für einen Teil des Deutschunterrichts und füllen den Rest der Zeit mit ihren eigenen Inhalten. Es ist zunächst sehr spartanisch und inhaltsfrei, am Ende kommen schlichte Texte. Es geht nur ums Erlernen derTechnik, macht den Kindern und Jugendlichen aber Spaß, langweilig wirkt es, glaube ich, am Anfang eher auf Erwachsene. Auch wenn der Vergleich hinkt: vielleicht wie Seilhüpfen, da macht die eigene Aktion auch mehr Spaß als die Vorstellung anderen zuzuschauen.


    craff

    Ich kenne die Methode mittlerweile ziemlich gut und habe die Erfahrung gemacht, dass sie wirklich auf viele Situationen anwendbar ist. Es ist zunächst keine Silbenmethode, sondern sie beginnt mit Einzelbuchstaben, die zusammengeschliffen werden, anschließend Silben, später Wörter, die dann aber nicht mehr in Silben getrennt werden. Es ist also keine Silbenmethode. Hier werden viele Prinzipien gleichzeitig umgesetzt. Fokussierung: ein großer Buchstabe zur Zeit. Aufmerksamkeitstraining, nur ein Buchstabe im Gesichtsfeld dank Schablone. Von Anfang an Training der Leserichtung. Keine Ablenkung durch Bilder. Lernen am Modell, sofortige Verbesserung von Fehlern.
    Ich empfehle diese Methode mittlerweile sogar meinen Azubis als Lehrgang für zu Hause, wenn sie schlecht lesen und schreiben und motiviert sind, das zu ändern. Der Lehrgang macht ihnen Spaß und endlich werden sie besser... Meine eigene Erstklässlerin hat in Windeseile damit Lesen gelernt, meine Freundinnen berichten Wunderdinge von ihren Dritt- und Viertklässlern. Wenn die Kinder so rasch lesen können, sind sie anschließend im Unterricht viel aufnahmebereiter. Das Schreiben hat insbesondere Vorteile für aufmerksamkeitsgestörte Kinder. Durch das Training wird die Aufmerksamkeitsspanne, die sie brauchen, um ein Wort zu vervollständigen, um ein Vielfaches verkürzt, sie schaffen einfach mehr und fallen nicht mehr durch den Rost, hampeln in der Schule nicht mehr rum, stören nicht, sondern tun was.
    Das Brügelmannsche Gutachten habe ich gelesen und kann wenig damit anfangen. Ein wenig seltsam sind angeblich 40 Zusatzgutachter. Hat das Brandenburgische Bildungsministerium wirklich 40 Leute mit dem Material zur Beurteilung geschult? Besonders verwunderlich finde ich die Überschrift Warnung, denn im Gutachten wird nicht ein einziger Fall benannt, in dem sich ein Schüler unter Anwendung der Methode verschlechtert oder nicht verbessert hat. Überhaupt kommen Anwender nicht zu Wort, sondern es wird aus theoretischer Überlegung gewarnt.
    Übrigens: Eine Warnung würde ich gelten lassen, habe von Eltern gehört, die ihren Dreijährigen damit Lesen beibringen. Ich finde, in diesem Alter reicht Vorlesen wirklich aus.

    Zitat

    Original von Referendarin



    Also ist die veränderte Situation, also die Beobachtung, dass die Kinder heutzutage angeblich weniger können (was ja im Thread festgestellt wurde) gar nicht, wie von Craff vermutet (ich hoffe, ich habe es richtig wiedergegeben) auf die moderneren Methoden zurückzuführen, sondern eher auf die schlechteren Ausgangsbedingungen?


    Ich versuch mal eine Antwort - nicht aus Lehrersicht, aber aus Erfahrung mit etlichen "neu" und "alt" arbeitenden Klassen: die Umstrukturierung der Schulen, insbesondere die Eingangsstufe mit klassenübergreifendem Unterricht bedingt eine Art des Unterrichts, die die Schüler quasi ferner vom Lehrer als früher hält, auch Anleitung zum selbständigen Lernen genannt. Dadurch wird das Unterrichtstempo verlangsamt und gleichzeitig die Gesamtzeit an direkter Instruktion durch den Lehrer vermindert. Alle Kinder lernen im eigenen Takt, weil es weniger direkte Taktgebung durch den Lehrer gibt, das wird individuelles Lernen genannt. Damit kommen einige Schüler ganz schlecht klar, es gibt mehr Aufmerksamkeitsstörung, Wahrnehmungsstörung, Disziplinschwierigkeiten, aber auch mehr Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten, die bei direktiverem Unterricht eher umgangen werden konnten. Diese Störungen wiederum werden individuell diagnostiziert und mit Förderprogrammen belegt.
    Die Schüler sind nicht schlechter geworden - jedenfalls im Durchschnitt nicht. Das zeigen sämtliche Querschnittsintelligenzuntersuchungen, die den Schülern heute generell ein höheres Intelligenzniveau bei Schuleintritt attestieren als vor ca. 15 Jahren.


    craff


    Das Thema betrachte ich aus Elternsicht - aus Lehrersicht insoweit, als ich heute mit den Folgen geänderter Unterrichtsmethodik und das heißt für mich geringeren Basiskompetenzen konfrontiert werde als vor 15 Jahren. Und da fällt mir als Mutter altersdifferenter Kinder eine Entwicklung auf, die nicht gut ist.


    Mein ältestes Kind besuchte eine sehr leistungsheterogene Klasse mit einigen verhaltensauffälligen und/oder lerngestörten und vielen ausländischen (der Terminus "Migrationshintergrund" war noch nicht erfunden) Kindern in einem Brennpunktbezirk.
    Das schulische Vorgehen war in etwas so: Einführung in ein Unterrichtsthema - für allle - dann zweigeteilte Aufgaben je nach Leistungsvermögen, aber immer noch gleichzeitig für alle am Thema, anschließend weitere Differenzierung - leistungsstarke Kinder erhielten darüber hinaus Extra-Aufgabe, die sie alleine bearbeiten mussten - mit leistungsschwachen wurde anschließend als Kleingruppe extra alles mit Hilfe und am Vorbild des Lehrers eingeübt.
    Im ganzen jedoch immer im Gleichschritt mit gruppenweise unterschiedlicher Differenzierungstiefe.
    Ergebnis: Unabhängig davon, ob die Eltern deutsch sprachen, oder nicht, konnten alle - auch ausländische Kinder - mit unterstützenden Eltern, d.h. denjenigen, die ihre Kinder regelmäßig zur Schule schickten, Pausenmahlzeiten mitgaben etc. letztendlich gute weiterführende Schulen besuchen, haben gute Berufe gelernt und haben jetzt z.T. abgeschlossene Studien. Schwierigkeiten hatten und haben Kinder mit Lernstörungen organischer Art, z.B. bei Alkoholfetopathie - oder stark vernachlässigte und/oder misshandelte Kinder.


    Den Einfluss von angeblich selbstgesteuertem individuellem Lernen von Anfang an - übrigens bei deutlich besseren Ausgangsvoraussetzungen erlebe ich bei meinen jüngeren Kindern im Ergebnis als extreme Verlangsamung. Die Lehrerin erklärt jedem einzelnen alles und macht somit nicht einmal oder dreimal sondern 25mal Unterricht, bei erheblich stärkerer Verunsicherung der Kinder, weil der Lehrerin dabei der Überblick verlorengeht, oder wie geschildert, das normale Aneignen des Unterrichtsstoffs nach Haus ins Belieben und die Fähigkeit der Eltern verlegt wird. Ein solches Vorgehen wäre bei meinem ersten Kind absolut nicht denkbar gewesen.
    Die Lehrpläne haben eher niedrigere Anforderungen, das frühere Leistungsniveau wird nicht mehr angestrebt. Wenn ich freie Texte (z.B. Briefe) meines ältesten Kindes mit altersentsprechenden meiner anderen vergleiche, liegen Welten dazwischen, was schriftlichen Ausdruck und Rechtschreibung anbelangt. Zusammengenommen: ich habe überhaupt nichts gegen Förderung - aber erlebe heute vieles als sehr ineffektiv vermittelt. Außerdem halte ich den Eindruck, die Schülerschaft sei heute so viel inhomogener als früher, für eine Täuschung, die bedingt ist durch Eingangsstufe, vorzeitige Einschulung und eben die Art der Unterrichtsmethodik.
    Zusammengenommen glaube ich aus meinen Erfahrungen sagen zu können, dass gerade schwächeren Schülern etwas weniger Individualisierung gut tut und kräfteschonender für Lehrer ist. Für die leistungsstarken reicht es doch nicht selten bereits aus, wenn der Unterricht nach oben hin nicht völlig verriegelt ist und Aufträge immer ein Stück Öffnung beinhalten. Der Zeitgewinn kann dann wieder den Schwächeren zugute kommen.


    craff

    @ Simian,


    falls es Dich interessiert, hier die Sicht einer Lehrerin, bei der der individuelle Förderwahn zum Glück noch nicht ausgebrochen ist, zugleich Mutter eines Grundschulkindes.


    Gleichzeitig individualisiert unterrichten, diagnostizieren und fördern ist bei einer womöglich jahrgangsübergreifenden Klasse mit 25-30 Kindern ein Ding der Unmöglichkeit.
    Vor kurzem bekamen alle Eltern einen Brief über die Themen des zweiten Schuljahres unserer Schuleingangsstufe, die wir mit unseren Kindern üben sollten – ganz normalen Ziele dieser Altersstufe - so etwas wie Zehnerübergang, Rechnen bis 100, Umlautableitung, einfachste Regeln der Groß- und Kleinschreibung, Wortarten etc.
    Die Übungen dazu sollten wir uns bitte schön selbst ausdenken und mit den Kindern üben, wenn möglich "spielerisch, zwischendurch etc." Automatisieren ist wichtig, wurde noch dazu gesagt. Kann die Schule aber auf Nachfrage vor lauter Individualisierung nicht leisten. Und - einesteils froh, hatte ich früher doch schon erlebt, dass ich als Mutter als einzige der Meinung war, Automatisierung (oder Übung) gehöre zum Lernen dazu - auf der anderen Seite ratlos, bestehe ich offensichtlich als eine der wenigen darauf, dass ich mein Kind zur Schule schicke, damit es übt, und wenn das nicht ausreicht, klare Aufgaben erhält.
    Ich habe jedenfalls bei uns die Beobachtung gemacht, dass sich fast nur noch Einzelkinder und Kinder von nichtberufstätigen Müttern höherer Bildungsschichten auf adäquatem Niveau befinden, bei allen anderen wird diagnostiziert und gefördert, was das Zeug hält, es gibt eine Inflation von pathologischen Verdachtsdiagnosen - auch bei Kindern, die ich für vollkommen schlau und normal halte, wenn sie uns nachmittags besuchen. Nicht, dass ich falsch verstanden werde, ich möchte nicht alles den Grundschullehrern überlassen und bin keinesfalls abgeneigt zu helfen, wenn mein Kind etwas nicht verstanden hat, extra Zeit für etwas braucht etc., aber in der wenigen Restzeit des Tages spiele ich äußerst ungern verkehrte Welt und mime Unterrichtsersatz.
    Das Problem: die Lehrerin bricht fast zusammen und ihr wird von oben gespiegelt, sie sei nicht so ganz belastbar. Mein Eindruck ist aber vielmehr, dass es ein strukturelles Problem der Unterrichtsgestaltung gibt, das auf Lehrer und Eltern abgewälzt wird.

    Zitat

    Original von caliope
    Ich habe nicht das Ziel, Unterricht neu zu erfinden.
    ich bin froh, dass es an unserer Schule Lehrwerke gibt und ich die in meinen Wochenplan einbauen kann.
    Ich hasse Kopien und diese Zettelwirtschaft.
    ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Kinder es motivierender finden, in einem Arbeitsheft zu arbeiten, als eine Kopie nach der nächsten zu bekommen.




    Habe als Mutter - nicht als Lehrerin - den Vergleich.
    Wochenplan mit selbstverfassten Arbeitsblättern - ewige Zettelwirtschaft - ständiges Suchen, Sortieren, Ordnen von Arbeitsblättern,(wo sind sid bloß, ganz, halb, gar nicht bearbeitet, wo gibts neue, besonders wenn Kind und/oder Lehrerin krank waren) selbstverfasste Arbeitsblätter sind unansehnlich( s/w-Kopien) und machen keine Lust, damit zu arbeiten, über Fehler habe ich mich schwarz geärgert - soll mein Kind jetzt Rechen-/Schreibfehler der Lehrerin abschreiben? aufspüren?
    Es fehlt soooo viel anderes, zum Beispiel Korrekturen der abgegebenen Arbeitsblätter, individuelle Hinweise, Ruhe in der Klasse bei organisatorischem Kräfteverschleiß.
    Der größte Vorteil der Arbeitshefte/Lehrwerke ist aber m.E.: sie sind komprimierte Zeit, d.h. das Kind kann schauen, wo bin ich jetzt, wo solls noch hin und fühlt sich wesentlich autarker, als als Hamster in der Rolle der Massen an Kopien.
    Bei uns waren jedenfalls Kopien eine Qual für Kind und Eltern und Arbeitshefte (Dudenverlag) waren danach Selbstläufer, mein Kind konnte häufig gar nicht aufhören, weiterzumachen.


    craff

    Hallo,


    schließe mich der Meinung meiner Vorredner nicht an... ich würde es ansprechen... und damit auch die genannten Grenzen überschreiben und zwar schlicht aus dem Grund, dass du wahrscheinlich die einzige bist, der es auffällt und von der Dein Schüler Hilfe erwarten kann. Deine Aufgabe ist es doch nicht, die Eltern weitgehend zu schonen.


    und zwar würde ich so vorgehen: ich würde ansprechen, dass das Kind in der letzten Zeit so oft krank war .... und seine Leistungen sich wegen der Fehlzeiten verschlechtert haben.. und dass es Angst vor schlechten Noten bei dem Leistungsabfall hat, der nun eingetreten ist .. du würdest gerne helfen...
    dir sei aufgefallen, dass das Kind auch in der Schule hustet, die Kleidung gelegentlich stark nach Rauch riechen würde und das Kind unter dem Husten leiden würde.


    Ob die Eltern wüssten, dass verrauchte Kleidung ganz genauso wie direkter Kontakt mit Rauch Husten und Asthmaanfälle auslösen könnten? Dass Du Dir Sorgen machst. Ob man gemeinsam überlegen könne, ob da eine Änderung möglich ist?


    Auf diese Art hast Du nicht direkt gesagt, Sie rauchen zuviel, ich habe Sie überführt und Sie schaden Ihrem Kind, aber doch vielleicht ein paar Gedanken gelenkt und je nach Reaktion und Vertrauen der Eltern kannst Du an jedem Punkt des Gesprächs wieder aussteigen ohne Gesichtsverlust für Dich - und die Eltern. Konfrontativ macht das Thema in der Tat keinen Sinn.


    craff

    Hier ist immer von "konzentrieren auf Rechtschreibung" die Rede oder eben nicht konzentrieren und falsch schreiben. Dieses Wechseln zwischen "konzentrieren" und "nicht konzentrieren" gibts ca. seit 10 Jahren. Davor gabs halt Rechtschreibung und die wurde angewandt. Da hat sich auch kein Schüler "konzentriert" oder "nicht konzentriert", es floss halt angewandt aus der Feder, gelegentlich mit Fehlern. Mein Eindruck ist, allein dadurch, dass in den ersten Klassen dieser Unterschied gemacht wird, prägt sich den Kindern ein: "Immer ist es ja nicht wichtig. Also ist es im Ganzen nicht wichtig." Denn eine Zunahme genauerer Formulierungen - sozusagen als Ausgleich, kann ich wahrlich nicht feststellen - eher ist das Gegenteil der Fall.


    craff


    Wie machst Du das denn? Der Hinweis auf vorhandene Rechtschreibfehler genügt und schon schreiben sie es das nächste Mal richtig? Klappt bei mir nicht mal bei viel Älteren... Ich überschreibe immer noch jedes falsch geschriebene Wort und bin dazu übergegangen, sie es drei mal richtig aufschreiben zu lassen, bzw. extrem fehlerhafte Sätze im ganzen neu aufschreiben zu lassen.
    Seither wirds etwas besser.


    craff

    Was folgt denn, wenn Du Fehler nicht korrigierst? Verwirrung.
    Die Schüler bekommen dann vielleicht manchmal mit, dass etwas nicht richtig ist, es wird aber nicht korrigiert. Ergo: sie fühlen sich nicht richtig ernstgenommen und bekommen den Eindruck, schreiben und Ausdruck etc. seien nicht so wichtig.
    Sobald der Lehrer sich nicht mehr die Mühe macht, Fehler anzuzeigen und zu verbessern, fällt die Motivation ins Bodenlose. Eine Hilfe ist das nicht. Fehler sind nur dann hilfreich, wenn man sie erkennen kann. Und das setzt voraus, dass man sie benennt.
    Ein Farbwechsel ist eine gute Idee: du gehst auf die Bedenken der kritischen Mütter ein, kannst ihnen Dein Prinzip noch einmal erläutern und hast sie dir damit - hoffentlich - zur Seite gestellt.


    Craff

    Kenne nur das erste Buch, da beschreibt er die Versäumnisse und Fehlerziehung im Elternhaus ziemlich treffend, geärgert hat mich, dass seiner Meinung nach die Schule das richten soll. Wie soll sie das denn schaffen? Da ich das zweite Buch nicht gelesen habe, bin ich nur ein unzureichender Diskussionspartner.


    Meiner Auffassung nach gibt es einen großen Unterschied zwischen selbstbestimmtem und selbstverantwortetem Lernen. Die Verantwortung sollte in der Tat beim Lehrer bleiben und die ultramoderne Haltung, ein Lehrer sei lediglich Moderatur verschiedener Lernbiografien halte ich für ebenso falsch wie die Vorstellung, ein Lehrer solle eigentlich nur Vorturner einer bestimmten Art von Lerntechnik sein. Aber neben der Lerntechnik und dem Überblick über das zu erlangende Wissen gibts auch noch Motivation .... und Kreativität... und das Klima in der Klasse.


    Was spricht dagegen, wenn ein Mädchen mit Comix lesen lernt und das andere mit Pferdebüchern und ein Junge mit dem Guinness Buch der Rekorde, solange Du im Auge behältst, dass sie was können und die Verantwortung dafür nicht an die Kinder abgibst.


    Und Klassenrat ist doch was ganz Tolles wenn Du ein Auge drauf hast und auf die Spielregeln aufpasst, dass das nicht zur Petz- und Mobbingveranstaltung ausartet und nicht immer die gleichen das Sagen haben.


    Natürlich gibt es die Gefahr, dass Lehrer sich hinter selbstverantwortendem Lernen zurückziehen. In diesen Klassen herrscht dann in Wirklichkeit Faustrecht und die Kinder lernen in echt nur das, was Mami zu Hause vorschreibt.


    Lass Dich von Winterhoff nicht verunsichern... Gibt es denn konkrete Bedenken, die Du bezüglich Deines eigenen Unterrichts hast?

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