Das Programm für Seiteneinsteiger gibt es, weil es einen Lehrermangel gibt. Ins Referendariat hätten die Leute ja auch vorher können; mit der Anerkennung ihres Studiumsabschlusses, z. B. einem Diplom, machen das ja auch viele.
Das Programm wäre nicht eingeführt worden, wenn man auf diesem Weg genügend Lehrer hätte gewinnen können. Das war aber nicht der Fall. Ich möchte auch noch mal dran erinnern, dass es eine Zeitlang Einstellungsstopps für Lehrer gab. Als ich begann zu studieren, wurde vom Lehramt überhaupt abgeraten. Aus genau dem Grund. Es gab viele, die nach dem Lehramtsstudium keine Stelle gefunden haben. Es ist also durchaus nicht so, dass alle Leute, die Lehrer werden wollten, das auch werden konnten. Im Moment ist die Situation anders, jedenfalls in den MINT-Fächern.
Aus dem Misserfolg vieler Seiteneinsteiger wurden Konsequenzen gezogen: Es wird für die OBAS viel genauer geschaut, ob der Kandidat geeignet erscheint (es kommt jemand vom Seminar zur "Diagnose"), es gibt sehr früh die ersten Besuche und Gespräche. Im Übrigen gibt es eine Probezeit von einem halben Jahr, ein Eignungspraktikum ist also überflüssig, es sei denn, man möchte, das die Leute eine Weile umsonst arbeiten, was sie (siehe oben) nicht tun würden. Ist also absehbar, dass jemand nicht geeignet ist, wird er erst gar nicht genommen oder innerhalb der ersten Monate "gegangen". Habe ich zweimal mitbekommen. Wenn eine Schule da nicht konsequent genug ist, dann ist das nicht das Problem des Seiteneinsteigerprogramms. Natürlich ist das dramatisch, wenn jemand zweimal durch die Prüfung fällt und somit 3 Jahre vertan hat. Aber was soll man denn noch machen, um das zu verhindern, außer die Leute *rechtzeitig* unter die Lupe zu nehmen und entsprechend zu handeln?
Berufserfahrung heißt nicht nur, dass man ein gewisses Gehaltsniveau erreicht hat, von dem man aus begreiflichen Gründen nicht wieder absteigen möchte. Es heißt auch, dass man mit den Abläufen in der Arbeitswelt vertraut geworden ist, gelernt hat, sich zu organisieren, Korrespondenz zu führen, Berichte zu schreiben und natürlich fachlich gewachsen ist. Schule ist nicht nur Unterricht; der ganze Kram drumherum unterscheidet sich nicht so sehr von der Welt da draußen. Absprachen, Konferenzen, Dienstreisen etc. etc. gibt es überall, das heißt, die Erfahrung von da draußen lässt sich für die Seiteneinsteiger berechtigterweise anrechnen. Die Bezahlung nach TVL unterteilt sich ja auch in Erfahrungsstufen. Nein, da kann man einen Referendar, der frisch von der Uni kommt, nicht mit jemandem gleichsetzen, der jahrelang, egal wo, im Berufsleben stand. Ich erinnere mich selbst sehr gut an meine ersten Schritte ins Berufsleben. Das fühlte sich an wie "erstes Schuljahr". Mit dem Beginn an der Schule fast zwanzig Jahre später war das nicht zu vergleichen, da war ich einfach in meiner Entwicklung viel weiter. Das ist nicht ungerecht, das ist einfach so.