Hallo Harhir,
Deine Gedanken zu diesem Thema kann ich gut nachvollziehen. Ich habe den Schritt zu Beginn dieses Schuljahres gewagt und bin als FH Absolvent mit 4-jaehr. Berufserfahrung in den Schuldienst "quereingestiegen". Fuer mich (wie für die meisten anderen auch) war es ein Schritt in etwas Ungewisses. Natuerlich habe ich mich eingehend ueber den Lehrerberuf informiert und jede fuer Aussenstehende erdenkliche Quelle genutzt: Das Internet, Gespraeche mit juengeren und aelteren Lehrern, Hospitation in einer Berufsschulklasse, Gespraeche mit ehemaligen Quereinsteigern und Referendaren, und so weiter.
Tatsaechlich erhielt ich auch eine Menge an Informationen und verschiedenen Erfahrungen, Ansichten und Tips. Leider hatte ich damals nicht daran gedacht, dass jeder seine Situation subjektiv erlebt und bewertet. Ich denke, dass dabei die bisherigen Erfahrungen und der persoenliche Hintergrund eine Rolle spielt.
Es ist beispielsweise ein gravierender Unterschied, ob Du Deine Berufserfahrung im oeffentlichen Dienst oder in einer amerikanisch gefuehrten IT Firma gesammelt hast. Da Letzteres bei mir der Fall ist, dachte ich manchmal, dass ich "im falschen Film bin" und bestimmte Tatsachen rollten mir die Zehennaegel auf.
Vor meinen Start an Schule und Seminar fand ich es auch unverschaemt, dass die Art der Berufserfahrung bei der Eingruppierung quasi nicht beruecksichtigt wird. Diese Einstellung musste ich jedoch (zumindest fuer den IT Bereich aufgeben. Das Problem ist naemlich die Breitbandigkeit des Fachs Informationstechnik und die geforderte Bandbreite einer Lehrkraft, die dieses Fach unterrichten darf.
Im Unterschied zum Lehrerberuf wirst Du Dich in der Industrie ziemlich schnell auf einen bestimmten Bereich spezialisiert haben. Je nach Deiner Taetigkeit und Position wird das Ganze immer "spezieller", je laenger Du dort arbeitest.
Nicht wenige meiner Kollegen sind zusammengezuckt, als sie gehoert haben welche Themen alle zur Informationstechnik gehoeren. Ploetzlich soll man sich mit Microsoft Access genauso gut auskennen, wie mit XML Programmierung und Microcontroller-Schaltungen, denn schliesslich kommt ja das vorhandene fachliche Wissen bei den Lehrproben zum Vorschein. Es nuetzt Dir also gar nichts, wenn Du der absolute Profi im Umgang mit PHP, Flash und Java bist, wenn Du nicht weisst, wie ein X.25 Protokoll oder eine serielle Schnittstelle auf elektronischer Ebene funktioniert.
Ich sage nicht, dass ich meinen Schritt in den Schuldienst bereue (bis jetzt jedenfalls noch nicht ;-), aber Du wirst sicher von manchen Deiner subjektiven Bilder vom Lehrerberuf Abschied nehmen muessen.
Der Beruf ist anders, als Dir von Lehrern beschrieben wird. Und solltest Du den Schritt tun, wird Deine Erfahrung anders sein als meine.
Sei Dir aber bewusst, dass Du aus Sicht eines "Noch-Nicht-Lehrers" die Erfahrungsberichte anders bewertest als es vielleicht "Insider" tun wuerden.
Ach ja ... und das Bundesland spielt natuerlich auch eine gewaltige Rolle.
Viel Erfolg und Glueck bei Deiner Entscheidung!
Drew