Unzulässigerweise werden in manchen Schulen „Mehrarbeitskonten“ angelegt, in denen zunächst die unentgeltlich zu leistende Mehrarbeit (nach 61 HBG) im Umfang von drei Stunden bei Vollzeitbeschäftigten verbucht wird und dann im Laufe des Jahres anfallende „Minusstunden“ davon abgezogen werden. Aus solchen Mehrarbeitskonten werden dann imLaufe des Jahres bei Bedarf Mehrarbeitsstunden abgerufen mit dem Ergebnis, dass häufig pro Monat ein Einsatz im Umfang von mehr als drei Stunden (bei Teilzeitbeschäftigten anteilig) erfolgt, ohne dass diese Mehrarbeit dann in vollem Umfang vergütet wird.
Sowohl der Begriff „Minderarbeit“ als auch der Begriff „Minusstunden“ kommen im Hessischen Beamtengesetz nicht vor. Eine Spezialregelung für den Schuldienst ist lediglich in § 17 Abs. 4 der Dienstordnung zu finden.
Danach kann zur Sicherstellungeiner sinnvollen Unterrichtsverteilung bei der Festsetzung der Pflichtstundenzahl nach
Anhörung der Lehrkraft bis zu zwei Stunden von der Pflichtstundenzahl nach der Pflichtstundenverordnung abweichen. Diese Abweichung ist möglichst im zweiten Schulhalbjahr, spätestens im nächsten Schuljahr auszugleichen.
Lehrkräfte kommen ihren Verpflichtungen gegenüber dem Dienstherrn/Arbeitgebernach, wenn sie ihre Arbeitskraft „in der Dienstzeit“ zur Verfügung stellen. Da die Pflichtstundenverordnung eine Wochenpflichtstundenzahl definiert, kann dies nach Ansicht der Landesrechtsstelle immer nur wochenweise erfolgen. Können Lehrkräfte in dieser Zeit aus Gründen nicht arbeiten, die der Dienstherr zu verantworten hat, kommt der Dienstherr/Arbeitgeber im rechtlichen Sinne gesehen in den Annahmeverzug, das heißt, die Wochenarbeitszeit wird nicht rechtzeitig „angenommen“ und kann später nicht mehr von der Lehrkraft eingefordert werden. Die Verrechnung von Minusstunden in den darauffolgenden Wochen oder gar Monaten, wie sie vielfach vorgenommen wird,
ist eine unzulässige Überschreitung des gesetzlichen Rahmens.
Beispiele für die Begründung einer unzulässigen Aufforderung, verpassten Unterricht nachzuholen, sind:
• Ausgefallener Fachunterricht beim Praktikum
• Kolleg*in geht auf Fortbildung und soll ausgefallenen Unterricht nachholen
• Unterrichtsausfall, weil Schüler*innen auf Klassenfahrt/Wandertag/Studienfahrt sind
• Unterrichtsausfall in Prüfungswochen
• Unterrichtsausfall nach dem Ende der Abitursprüfungen
Verbeamtete Lehrkräfte können bei einer unzulässige n Anordnung von Diensten remonstrieren. Arbeitnehmer*innen sollten den Personalrat zur Klärung der Rechtslage in Anspruch nehmen um die Angelegenheit kollektivrechtlich zu klären.
Präsenzpflicht
Verstärkt wird durch die Schulleitungen zu diversen Anlässen oder pauschal Präsenzpflicht angeordnet, teilweise erfolgt eine Abstimmung durch die Gesamtkonferenz. Diese Präsenzpflicht bezieht sich nicht auf die in der Dienstordnung vorgeschriebenen au-
ßerunterichtlichen Tätigkeiten. Vielmehr geht es darum, dass das Kollegium beispielsweise bis zu einer bestimmten Uhrzeit am Nachmittag in der Schule verbleiben soll oder morgens kollektiv ab 7 Uhr 45 vor Ort sein soll.
Diese „Präsenzpflicht“ gilt nach der Dienstordnung zwar für die Schulleiterin oder den Schulleiter. Diese müssen in der Schule anwesend sein, solange dort Unterricht stattfindet. Eine ähnliche Regelung für die Lehrkräfte existiert jedoch nicht. Der Dienstherr istnach der aktuellen Rechtslage nicht verpflichtet, Arbeitszimmer für Lehrkräfte einzurichten, so dass auch das Modell einer Wochenarbeitszeit verbunden mit einer eventuellen Präsenzpflicht in weiter Ferne ist.
Die Schulpersonalräte sind auf diesen Umstand immer wieder hinzuweisen. Insbesondere sollte eine Aufklärung darüber erfolgen, dass eine Beschlussfassung durch die Gesamtkonferenz sich nur auf Dienstpflichten beziehen kann, die ohnehin schon bestehenoder per Erlass geregelt sind wie beispielsweise der Pädagogische Tag. Der Beschluss einer Gesamtkonferenz, dass sich das Kollegium zu einer kollektiven Anwesenheit verpflichtet, entbehrt jeder Rechtsgrundlage und ist daher für die einzelne Lehrkraft nicht
verbindlich.
„Für Lehrer ist zu beachten, dass die zeitliche Festlegung der Unterrichtsverpflichtung, nicht aber der übrigen Dienstpflichten der Besonderheit Rechnung trägt, dass Lehrer nur während ihrer Unterrichtsstunden und weiteren anlassbezogenen Dienstpflichten (wieTeilnahme an Klassenkonferenzen, Gespräche mit Eltern, Pausenaufsicht u.a.) zur Anwesenheit in der Schule verpflichtet sind. Dagegen bleibt es ihnen überlassen, wo und wann sie die Dienstpflichten der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts einschließlichder Korrektur von Klassenarbeiten erfüllen.“ (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.08.2012, 2 C 23.10).