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Wie hoch wäre eure Motivation bei solchen Bedingungen?
Ich lerne auch nichts, wenn ich ein Skript lese ohne das es wirklich im Seminar besprochen wird.
Meine Motivation lag immer im Fach selbst - und dazu, ehrlich gesagt, brauchte ich als Studentin höherer Semester keine Dozenten mehr, die mir das schön nett verpackten und servierten. Ich habe fast alle meine Seminare mehr oder weniger autodidaktisch betrieben - weil es mich eben interessiert hat. Dabei war es völlig schnurz, ob ich mit 120 Leuten in einem Seminar war und keinen Sitzplatz hatte, oder mit 20 Leuten und drei Sitzplätzen, und ob oder ob nicht der Dozent eine Null war.
Die Skripte sind ein ziemlich guter Service heutzutage, die es "zu meiner Zeit" (in den späten 90igern) eher nur wenig gab. Also, dass sich ein Dozent oder sein HiWi auf den Hintern gesetzt hätte und für uns ausgewählt, kopiert, gelocht und geheftet hätte, das gab es gar nicht größer - da hätte ich vor Rührung glatt Tränen in den Augen gehabt. Bei uns gab es ein Din A 4 Blatt oder zwei mit einer Leseliste mit 10 Büchern, 30 Aufsätzen und ein paar anderen Hinweisen. Um diese zu erlangen, musste man sich schleunigst in die Bibliothek bewegen und im Bestand selbstständig nach dem Zeug suchen, tagelang, und hoffen, dass es verfügbar ist und daraus musste man dann eine Auswahl treffen, mit welcher man dann selbstständig Referatsthemen zu erstellen hatte, die man den Professoren vorschlug. Und wehe, die waren nicht sinnvoll formuliert und umfassten nicht genug Literatur (heißt: man musste noch weit über die Leseliste hinaus suchen!).
Das war anstrengend, aber es hat mir viele wichtige Kompetenzen, die dem Lehrerberuf zentral sind, beigebracht - aber nachhaltig: Zeitmanagement, Selbstständigkeit, fachlicher Überblick, Lesekompetenz, Recherchekompetenz, Lernmethodenkompetenz, ein solider breiter fachlicher Hintergrund für jedes Thema, und einen Blick über den Horizont meines Themen-Tellerrandes. All das muss man als Lehrer auch haben, sonst wird man am Job verzweifeln. Ich werde mich also hüten, das meinen Dozenten retrospektiv vorzuwerfen.
Und ja, als Student höherer Semester hat man ganze Bücher und Skripte zu lesen, und Hausarbeiten zu erstellen auch ohne dass einem einer dazu einen netten, methodischen Anreiz oder ein Feedback gibt. Irgendwann muss man auch mal selbst entscheiden können, warum was gut war oder nicht. Das muss man als Lehrer auch den ganzen Tag beurteilen können - früh übt sich also...
Ich finde eine Konsumhaltung wie in unteren Klassenstufen der Schule in der Uni einfach nicht mehr angemessen. Stelle aber fest, dass es etwas zuu grassieren scheint. Schwierig, wenn man dann ins Referendariat kommt und einem die Ausbilder sagen: So, dann machen Sie mal. Viel Spaß. Und wehe, es wird nix...
Spätestens da ist man allein gelassen - und wohl dem, der sich selbstständig zu behelfen weiß und viel über das Geforderte hinaus gelesen und probiert hat.
Plus: wenn man sich darauf einlassen kann, ein Fach um der - nennen wir es - Schönheit des Faches Willen zu studieren und sich dafür begeistern kann, dann braucht man eigentlich gar keine Dozenten mehr um es einem wirklich beizubringen (ist natürlich trotzdem schön, wenn sie da und gut sind, aber es geht auch ohne). Diese Begeisterung für ein Fach in die Schule tragen zu können, bringt bei den Schülern dann wesentlich mehr Pluspunkte als vieles anderes. Die legen nämlich großen Wert darauf, dass man sein Fach mit Elan vertritt und vor allem auf umfassende Fachkompetenz. Und das nicht nur in der Oberstufe. Und das außerdem nicht zu unrecht.
Vielleicht könnte man also ein Buch oder Skript mal lesen, WEIL es DA ist und weil es INTERSSANT ist?
Nur so als Idee...
Liebe Grüße
Meike