Die Sache ist wohl zu komplex um sich schon zu freuen oder zu ärgern.
Ich gehe erstmal davon aus, dass sie die Erfassung der Lehrerarbeitszeit - die sehr wohl technisch möglich ist - so lange rauszögern werden, wie es nur irgendwie geht. Denn wenn dort Zeiten herauskämen, die eine notwendige Reduzierung der Pflichtstunden zwingend notwendig machen würden (und das deutet sich in bisherigen Studien zumindest an), haben sie die LehrerInnen dafür nicht.
Also würden sie am bisher nicht gemessenen Teil der AZ herumzubasteln versuchen. Und da kann ich mir, anhand dessen, was ich bisher im Kontakt mit Ministerien erfahren und erlebt habe, einfach beim besten Willen keine Möglichkeit vostellen, wie sie das sinnvoll hinbekommen könnten (also: wollen könnten).
Es gäbe ja schon sinnvolle Wege, da zumindestens einen Teil der verpulverten Arbeitszeit zu reduzieren: z.B. für den ganzen administrativen und "Bastelkram" Profis an den Schulen einstellen: Leute für die IT, Leute für den Papierkram und die Schülerakten und Leute für's Laminieren und Kopieren. Das habe ich an einer englischen Schule mal genau so erlebt, eine Wohltat. Und die elende (und wenig erhellende) Korrigiererei könnte man auch auslagern (siehe England) und insgesamt deutlich reduzieren. Die immer weiter juristisch aufgeblähte Prüferitis ist ohnehin ein Zeitfresser ohne pädagogischen Sinn.
WENN das geschähe, fände ich es durchaus sinnvoll als einen Schritt. Allein, mir fehlt der Glaube. Es geht ja der Trend eher zur noch ausdifferenzierteren und hauptsache-juristisch-validierbaren über-Prüferei und Dokumentiererei.
Was auch spannend wird, wird die Frage der Sonntags- und Nachtarbeit. Ohne die die meisten KuK ja gar nicht hinkommen.
Ein verwandter Jurist in einer großen Versicherung bekommt - sowohl im homeoffice als auch im Büro - eine Warnung auf den Bildschirm geschickt, nach 7,5 Stunden Arbeit: "Wenn Sie Überstunden machen wollen, wenden Sie sich an die Personalabteilung!" - ich fand den Gedanken ja zuerst sehr schick. Möchte dann allerdings doch gar nicht derart strikt überwacht werden. Ich habe zum Beispiel Schlafprobleme derzeit, HWSbedingt. Ich nutze gerne die 1 bis 2 Stunden, die ich ab und zu hellwach bin, um Mails zu beantworten oder Sachverhalte zu recherchieren, Schreiben aufzusetzen oder sonswas wegzuschaffen. Macht garantiert wieder müde. Die zwei "gewonnenen" Stunden nutze ich am Tag um ins Studio oder zur Physio zu gehen, oder in den Wald. Das schätze ich sehr. Eine Entflexibilisierung meiner Arbeitszeit zwecks Reduzierung der Gesamtzeit würde für mich persönlich nicht notwendig einen Gewinn an Lebensqualität bedeuten (es sei denn es wäre eine deutliche (!) Reduzierung). Schon gar nicht, wenn ich im muffigen Büro im 70igerJahre-Schrottgebäude oder in der arschkalten Schule herumzuhängen verpflichtet würde.
Und ich denke, dass da noch ein Haken ist: neben der Arbeitszeit ist es eigentlich die ART der Arbeit, die Belastungsintensität, die in unserem Beruf mehr Menschen krank macht, als die reine Quantität. Das zumindestens scheinen die Studien anzudeuten, und/oder die Tatsache, dass z.B. in Hessen 67% der Dienstunfähigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen geschehen und das höre ich auch aus meinen zahllosen Beratungen heraus. Ich kann mir keine sinnvolle Arbeitszeiterfassung ohne eine Arbeitsbelastungserfassung vorstellen. Prinzipiell ist die ja laut Arbeitsschutzgesetz (§5) ohnehin schon lange vorgeschrieben.
Und wurde auchschon gemacht.
Die Konsequenzen aus der Erhebung der psychische Belastungsfaktoren zu ziehen, wäre beliebig komplex. Aber wichtig. Denn das variiert nämlich von Schule zu Schule stark - es rangiert von räumlichen, baulichen, technischen Mängeln über strukturelle Mängel, wie mangelnde Transparenz und Wertschätzung, Mobbing/Bossing bis hin zu sozialen Gegebenheiten wie einer "sehr speziellen "Kundschaft" und mangeldner Unterstützung. One size fits all wird es also nicht geben könne, und was anderes haben die Länder bisher nicht drauf. Auch das wird ein dickes Brett zum Bohren...