Grundsätzlich muss man wohl zur Kenntnis nehmen, dass die Rechtschreibleistungen insgesamt schlechter geworden sind, auch bei Erwachsenen. Woran das aber nun liegt, ist nur schwer feststellbar, geschweige denn wissenschaftlich erforschbar, ohne dass die jeweiligen Strömungen Erfolge für die eigene Methode für sich verbuchen.
Kinder lassen sich eben nur kaum von ihrem Umfeld so abschirmen, dass zweifelsfrei belegt werden kann, dass Erfolge oder Misserfolge nur einen Grund haben. Das macht die ernsthafte Auseinandersetzung in diesem Bereich nicht leichter. Man sieht auch an diesem Diskussionsverlauf, dass Erkenntnisse genauso gut auf Beobachtungen von Einzelfällen wie auch auf Unterrichtserfahrung beruhen und dass beide Bereiche gleichberechtigt nebeneinanderstehen.
Zur Methode Lesen durch Schreiben, bzw. Schreiben nach Gehör
Ich kenne ebenfalls kaum (noch) eine Grundschule in meinem Bezirk, die diesen Ansatz in Reinform umsetzt, ein Schreiben ohne jede Fehlerkorrektur und Erarbeitung von Regeln ist mir nicht bekannt. Gerade bei dieser Methode ist es m.E. nach unerlässlich, darauf hinzuweisen, dass es eben keine eindeutige Laut-Buchstaben-Beziehung gibt und daher viele Schreibweisen existieren, die vom lauttreuen Schreiben abweichen. Darum geht es aber im frühen Stadium des Schreiben Lernens nicht. Kinder müssen erst die grundsätzliche Erkenntnis gewinnen, dass Laute durch Buchstaben dargestelltwerden können. Dies ist dabei ein aktiver Prozess und gerade die Motivation derKinder spielt bei dem Prozess eine große Rolle.
Es gibt auch andere Methoden für das Erstlesen und-schreiben, die mittlerweile verstärkt angewandt werden oder die miteinander verbunden werden. Aber auf ein fehlerfreies Schreiben wird in keiner dabei eingegangen, da Fehler zum Lernprozess dazugehören. Ich habe durch verschiedene Schulwechsel mit verschiedenen Methoden gearbeitet und ziehe mein persönliches Fazit: Jede Methode produziert gute, aber auch schlechte Rechtschreiber, denn die Ursachen für die nachlassenden Leistungen liegen m. E. woanders.
Die Gewichtung der Rechtschreibung hat sich verschoben. Der Anteil an der Gesamtnote Deutsch beträgt bei uns an der Schule noch 20 Prozent.Gesunken ist aber auch der Anteil der Schreibtätigkeiten von Schülern in der Schule. Wo ich noch seitenweise abschreiben musste, weil es zu meiner Schulzeit nur selten Abzüge und Kopien gab, müssen heute häufig nur noch Lückentexte o.ä.ausgefüllt werden. Immer häufiger bekomme ich auch von meinen Schülern zuhören, dass die richtige Schreibweise der Computer und das Textverarbeitungsprogramm schon finden wird. Auch der Wandel von Schriftsprache in der Kommunikation per Handy, Email oder in Foren trägt zu dieser Entwicklung bei.
Ich möchte das alles nicht werten, es handelt sich u.a. um Entwicklungen, die ich in meiner täglichen Arbeit berücksichtigen muss. Aber ich wehre mich doch sehr dagegen, dass es nur diese eine Ursache geben soll, warum für immer mehr Kinder die Rechtschreibung besonders schwierig zu lernen ist.