Hallo Lunafee,
beim Durchlesen habe ich den spontanen Eindruck von einer "runden" Stunde. Ich denke, dass dein Einstieg und die Überlegungen zur Atmosphäre sehr motivierend für die Kinder sein können.
Du musst aber aufpassen, dass die Phase bis zur Erarbeitung nicht zu lang wird!
Die Idee mit dem Brief an die Kinder finde ich eigentlich sehr gut, da damit ein Schreibziel gegeben ist. Allerdings ist es irgendwie irritierend, dass sich das kleine Gespenst sozusagen die Fortsetzung seiner eigenen Geschichte wünscht, um sich in den Gespensterstunden nicht zu langweilen. Vielleicht könnte die Bitte im Brief folgendermaßen lauten: "Ich möchte so gerne wissen, wohin dieser Geheimgang führt. Ich habe mich aber noch nicht getraut nachzusehen. Was denkt ihr? Wohin könnte er führen? Muss ich Angst haben oder erwartet mich etwas Schönes? Was werde ich dort erleben? Wird etwas sehr Geheimnisvolles passieren? Wenn ich das doch nur wüsste! Bitte schreibt mir, was dort auf mich zukommen könnte, damit ich mich vorbereiten kann."
Allerdings wäre das Schreibprodukt der Kinder dann ja auch ein Brief.
Anstelle des Gespensterbriefes könntest du vielleicht auch ein Exemplar des Buches so präparieren, dass es tatsächlich an der genannten Stelle endet. Dann stehen die Kinder automatisch vor der Frage, wie es jetzt weiter geht. Möglich wäre in diesem Zussammenhang auch ein Brief des Autors, der die Kinder um Mithilfe beim Weiterschreiben der Geschichte bittet, weil ihm die Ideen fehlen.
Zur Erarbeitungsphase: Bei uns am Seminar war eine gemeinsame Ideensammlung nicht verpönt. Vielleicht solltest du dir das methodisch jedoch noch genauer überlegen. Willst du ein Brainstorming machen, eine gemeinsame "Ideensonne" usw. oder willst du zur Differenzierung für einige Kinder ein Blatt ausgeben, worauf sie erst einmal ihre Ideen sammeln (könnte allerdings zu einem Zeitproblem werden). Vor der Ideensammlung könnte noch eine kurze Fantasiereise stehen (Stell dir vor, du gehst den Geheimgang entlang... Plötzlich...")
Hast du dir schon überlegt, wie du in der Schreibphase die Satzanfänge zur Differenzierung anbietest? Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, Satzanfänge auf Papierstreifen in einen kleinen Beutel zu stecken und dijenigen Kinder einen Streifen daraus ziehen zu lassen, bei denen ich während der Schreibphase Schwierigkeiten bemerkte. Die Neugier, was jetzt wohl in diesem Beutel ist und auf dem Streifen steht, war zusätzlich motivierend. Außerdem konnte ich so spontan und individuell reagieren, ohne diese Differenzierung vorher laut allen anbieten und erklären zu müssen.
Die Idee mit der Burg in der Präsentationsphase finde ich toll (--> Würdigung des Schreibprodukts). Möchtest du die Geschichten dann wieder herausnehmen oder wie sollen sie zum Schluss vorgelesen werden?
Ich schließe mich Sina an, dass du dir auch noch etwas für Schnellere überlegen solltest und dir noch mehr Gedanken über die Reflexion machen solltest.
Zu deinem Ziel:
"Die Kinder sollen je nach individuellem Tempo und Vermögen durch einen motivierenden Gesprächs- und Schreibanlass ihre Kompetenzen im schriftlichen Sprachgebrauch erweitern, indem sie ein weiteres Kapitel des Buches "Das kleine Gespenst" kennenlernen und die Geschichte zu Ende schreiben."
An der Zielformulierung wurde bei uns am Seminar immer Haarspalterei betrieben. Ich weiß nicht, wie das bei euch ist. Ich würde jedoch nicht sagen, dass sie durch diese eine Stunde "ihre Kompetenzen im schriftlichen Sprachgebrauch erweitern". Woran kannst du das in deiner eigenen Stundenreflexion nach der Prüfung nachweisen? Könnte die Zielformulierung vielleicht in folgende Richtung gehen?: "Ich arbeite so, dass die Kinder durch ein Textfragment aus dem Buch "Das kleine Gespenst" Anreize zur kreativen Auseinandersetzung mit dem Text ziehen, Schreibideen entwickeln und eine eigene Fortsetzung schreiben."
Mit dem Begriff "Kreatives Schreiben" muss man in der Tat vorsichtig sein. Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht bietet meines Wissens jedoch Methoden, um kreatives Schreiben zu ermöglichen. Das ist also kein Gegensatz. Wenn du tatsächlich den kreativen Aspekt betonst, solltest du jedoch in der Reflexionsphase (soweit ich mich erinnern kann) auf keinen Fall die Kindertexte in Bezug auf Spannung, Wortwahl usw. auseinandernehmen bzw. kritisieren. Das wichtigste Ziel des kreativen Schreibens ist die motivierte Auseinandersetzung mit Literatur / mit Schreiben und nicht das Erlernen von Aufsatzkriterien!
Viele gute Ideen bei der Planung und viel Erfolg bei der Durchführung wünscht
Mila