*Seufz* Also gut, mal etwas weiter ausgeholt und aus der Perspektive mehrjähriger Berufserfahrung nachgedacht...
Du bist gerade dabei, auf den unguten Trend herein zu fallen, der gerade unsere Bildungslandschaft und -politik durchzieht, nämlich den Moment dauerhafter Lebensentscheidungen viel zu früh in die Entwicklung des jungen Menschen zu legen; sei es die schwerwiegende Schulformentscheidung im frühen Kindesalter, sei es die Überschätzung der Aussagekraft schulischer Leistungen, die in einer entwicklungspsychologisch schwierigen Phase erbracht werden.
>>>Na, na, na. Man kann die Abiturphase nicht gerade als entwicklungspsychologisch schwierige Phase bezeichnen. Es bringt nichts hier auf rabulistische Art Dinge hinzubiegen. Das kann man mündlich machen.
Bei mir rein persönlich - auf der einen Seite war ich ein fauler Schüler, das ist keine Legendenbildung sondern wahr und das hat mir neben Dauerstress in der Schule (Hausaufgabenkontrolle!), einem nur mittelprächtigen 2er-Abitur Nach- aber auch Vorteile im späteren Leben verschafft, wobei es mir im Nachhinein lieber wäre, nicht faul gewesen zu sein. Auf der anderen Seite steht allerdings ein sehr gutes Magister-Examen in zwei Hauptfächern, eine mit magna cum laude bewertete Dissertation in den Shakespeare studies, die mit einem Stipendium der hessischen Graduiertenförderung finanziert wurde; internationale Vortragserfahrung, Publikationen u.a. im Shakespeare-Jahrbuch, universitäre Lehrveranstaltungen. (Wenn ich mich etwas herablassend über meine Fachwissenschaft auslasse, was wohl auch übel aufgestoßen ist, dann tue ich das aus also aus einer bestimmten Position heraus, die mich dazu berechtigt.)
>>>Das glaube ich Dir alles gerne.
Die 9 Punkte im Englisch-Grundkurs, die ich auf der Schule hatte, sind also von recht geringem Aussagewert... Was wäre gewesen, wenn diese Note nun dauerhaft meine Lebensperspektiven bestimmt hätte?
>>>Nicht die Einzelnote war der Punkt. Es geht um die Gesamtperformance. Ich hatte auch eine ätzende Englischlehrerin, die mich mit 10 punkten unterbewertete. das sagte auch nichts aus.
Zwischen deinen Zeilen klingt ein wenig an, dass du auf mediale Phrasendrescherei hereinfällst ("Die besten Köpfe gehören in die Schule." ) Das ist Quatsch. Wirkliche Spitzenleute gehören in die Schaltstellen von Forschung, Industrie, Wirtschaft und Recht. Für den Lehrerberuf braucht man fachlich solides bis gutes Mittelmaß, mehr nicht.
>>>Das stimmt!!! In der Schule braucht man keine Spitzenleute, was das Faschwissen angeht. das wär perlen vor de säue - jaja, bitte keine Erregung über die Begrifflichkeiten.
Das kann ich als fachwissenschaftlich sehr hoch qualifizierter Englisch- und Geschichtslehrer beurteilen. Die schulischen Leistungen, die man als Jugendlicher und unreifer Mensch zeigt, sind gegenüber den Leistungen des Erwachsenen in der Endphase des Studiums und in der Lehrerausbildung von geringerer Signifikanz.
>>>Festteht, dass nicht gerade die besten Schüler Lehramt studieren. Feststeht, dass die Schülerleistungen nachgewiesenermaßen oft sehr schlecht sind. Könnte es da nicht einen Zusammenhang geben zwischen den Lehrern, die schlechte Schüler waren und den heutigen Schülerleistungen.
Ferner geht es mir nicht um Dich! Du bist nicht repräsentativ. Dein eigenes Beispiel ist die denkbar ungeeignetste Belegmöglichkeit für die Argumentation.
Im übrigen widerspreche ich heftig, dass man die Kampagne, dass die Besten Lehrer werden sollten als oberflächlich etc. bezeichnen kann. Wenn man sich heute anschaut, wer Lehramt studiert kann man eine solche Kampagne nur unterstützen. Es ist nicht nötig, dass man fachlich der Beste ist in der Schule, es kommt vor allem auf Anderes an. Aber ohne ein solches Image drängen nur die Schnarchnasen, Perspektivlosen und Unenschlossenen ins Lehramt. Ich habe mich auch nie selbst als Lehramtsstudent gesehen. So wie wenig fachliches Interesse, wie bei Lehramtsstudenten hab ich kaum bei anderen Studiengängen entdeckt. Ich konnte nie etwas mit Lehrämteräußerungen anfangen wie "Ach, was soll das alles. Das brauchen wir doch eh nicht in der Schule." Ich bin mit einem ganz anderen Anspruch ins Lehramtsstudium gegangen. Die Mitstudenten waren da fast alle ganz anders gepolt.
>>>In der Tat ist es so, dass man fachlich nicht so toll sein muss in der Schule. Es kommt zuerst darauf an, einen Draht zu den Schülern herstellen zu können. Das ist mir nachgewiesenermaßen auch immer gelungen. Die Frage ist halt, ob es einm ein Leben lang Spaß macht genau diesem Aspekt eine so enorme Bedeutung beimessen zu wollen. Da ist es bei mir eben so, dass ich das zwar kann, aber ich schlichtweg dauerhaft keinen Bock habe zuerst diesen Draht mit einiger Energie und die Lernbereitschaft herzustellen. Dazu bin ich dann doch zu sehr an der Sache orientiert als an
irgendwelchen Schülern, die sowieso besser was anderes als Schule machen sollten.