Ich arbeite selbst (fast) ohne Fibel, habe aber immer alte Fibeln in der Klasse stehen, die die Kinder als Lesebuch benutzen, wenn sie die Synthese verstanden haben.
Das Problem mit einem Buch( Fibel, aber auch Mathebuch) sehe ich an, dass man das Buch aufmacht, das eine scheinbare Sicherheit bringt, dessen Schritte aber nicht immer so durchdacht sind und u.U. gar nicht auf die Klasse zugeschnitten sind (z.B. Tobi Fibel, die ich persönlich echt nett finde, als Lesebuch schön, die aber mit den Arbeitsblättern in meiner Schule nicht geeignet ist, da sie ein unglaubliches Vorkabular voraussetzt, das Kinder mit Migrationshintergrund gar nicht haben).
Wenn ich ohne Buch arbeite, muss ich mich viel viel mehr mit den einzelnen Schritten auseinandersetzen.
Das Problem im Moment finde ich, dass es viele neue Fibeln gibt, die sich offenes Lernen auf die Fahnen schreiben, die aber im Grunde gar nicht offen sind. Die Lehrer gehen mit den neuen Leselernbüchern genauso um wie mit den alten Fibeln (Seite für Seite, ohne zu reflektieren) und so kommt es zu vielen Unstimmigkeiten.
Unstrittig ist doch der Spracherfahrungsansatz, d.h. dass Kinder Erfahrungen mit (gesprochener) Sprache gemacht haben, die in den Schriftspracherwerb einfließen und dass der Schriftspracherwerb anders herum wieder Spracherfahrungen ermöglichen soll.
Nun kommt es zur Frage der Methode. Lesen durch Schreiben? Lesen lernen mit allen Sinnen? Mit HAnd und Fuß? Mit Lautgebärden? Lesetraining ja oder nein????
Ich denke an diesen Punkten muss man dann genau auf die Kinder schauen, die einem anvertraut werden und auch auf sich selber, wie ist meine Lehrerpersönlichkeit, meine persönlcihe Situation?????
Natürlich ist eine Eigenfibel toll, in der auf die Interessen eingangen wird, die mit den Kindern entsteht. Kinder hängen sehr daran. Aber sie ist auch sehr aufwändig, und die Frage ist: Ist es das wert? Was kommt dafür zu kurz? Kann ich das leisten? (evt. mit Teilzeit, wo sowieso immer reingebuttert wird)... Diese Frage kann keiner beantworten, muss jeder für sich entscheiden.
Wichtig ist der reflektierte Umgang mit dem Material...
Ich habe eine Klasse erlebt, die nach Lesen durch Schreiben in Reinform gelernt hat - nur 5 Kinder konnten Ende Klasse 1 lesen. Ich bin heute der Überzeugung, dass diese Methode nur funktioniert in einem literalen Elternhaus, dass den Kindern immer wieder Spracherfahrungen bieten, sie zu lesen anregt, indem der Trend zum Drittbuch oder Viertbuch vorhanden ist.
Genauso die neueren Fibeln wie Konfetti, Lesestart, funktionieren nur so.
Ich arbeite in einem sozialen Brennpunkt, wo Kinder eben nicht Spracherfahrungen machen, wo ich alles anbahnen muss. Deswegen muss ich viel tiefer anfangen, komme mit Arbeitsheften nicht zurecht, weil Aufgabenstellungen nicht verstanden werden, keiner hilft.... . Ich selber mache aber einen Leselehrgang, nachdem die Kinder die Synthese verstanden haben, indem ich mit Silbenlesen beginne und dann einfache Wörter lese. Dann geht es um sinnentnehmendes Lesen (Kinder müssen Wörter lesen und Bedeutung dahinter malen , ist aber auch nicht immer möglich, wenn gerade russ. Kinder ankommen ohne Deutschkenntnisse). Ich setzte den computer zum Auflautieren ein, denn in solchen Klassen sind erhebliche Unterschiede, weil es eben kaum Eltern gibt, die zu Hause lautieren helfen. Unterstützend setze ich Lautgebärden ein, führe die Buchstaben lehrgangsmäßig ein nach der Methode lesen lernen mit Hand und Fuß und allen Sinnen.
Alles in allem sehr viel Aufwand, der sich aber m.E. lohnt.
Zusammengefasst: Ich glaube, es geht nicht um die Frage, Fibel ja oder nein, sondern um die Frage der dahintersteckenden Methoden und die Adressaten.
Unter www.wilfried-metze.de (oder so ähnlich, gebe mal Stolpersteinelesetst ein) findest du einen Aufsatz zum Lernen mit Fibeln.
flip