Danke fürs inhaltliche miteinander Reden!
Dann gehe ich mal kurz inhaltlich ein: Die Verknüpfung von gendergerechter Sprache mit Hitler ist ziemlich daneben.
Nochmal das Zitat von Aly über Hitlers Reden: "Seine Reden begann er stets mit "Volksgenossinnen und Volksgenossen". Seine Konkurrenten schnarrten "Meine Herren" oder bevorzugten wie Ernst Thälmann ein markiges "Genossen!".
Ich gehe mal davon aus dass Aly das auch seriös recherchiert hat. Im Vergleich zu Thälmann und Co. stände Hitler da deutlich weiter oben auf der Genderkorrektheit, auch wenn es weh tut. Hier der Originalartikel in der FR.
Zitat
Das gilt umso mehr, als dass die nationalsozialistische Ideologie eine klare binäre Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen vorsah. Von Gleichbehandlung aller Geschlechter und deren Ausdruck durch sprachliche Mittel war man dort meilenweit entfernt. Insofern ist diese Aussage hier absolut nicht zu halten:
"Absolut nicht zu halten" ist sehr weit herausgelehnt.
Was wir auf jeden Fall feststellen können: Hitler realisierte mit den Doppelnennungen das, was von der feministischen Linguistik seit den 1980ern eingefordert wird: Die Frauen in der Sprache sichtbar machen.
Klar, es ist ein unerhörter Gedanke, Hitler als jemanden zu bezeichnen, der als erster gegendert hat. Aber wenn er nun mal seine Reden "stets" mit "Volksgenossinnen und Volksgenossen" begonnen hat? Und die anderen mit "meine Herren", oder mit "liebe Genossen"!
Zu "klare binäre Rollenverteilung". Das geht es um zwei völlig verschiedene Dinge.
- "binäre Rollenverteilung" Auch die feministische Linguistik ging in den 1980ern noch, wie eigentlich alle damals, von einem "binären Menschenbild" aus. Luise F. Pusch erfand den Gendergap, um den Unterschied von Lehrerinnen und LehrerInnen sprachlich zu kennzeichnen. Wenn sie damals auch nur geahnt hätte, dass das BVG im Jahr 2017 mal ein "drittes Geschlecht" vor Diskriminierung schützen würde, wäre sie diesen Weg nie gegangen. Weil er einfach eine Sackgasse ist und sie dafür zu intelligent. Heisenberg-Stipendium.
- Die getrennte Nennung von Männern und Frauen, egal ob symmetrisch oder assymmetrisch moviert, hat nun wirklich nichts mit bestimmten Frauen- und Männerbildern zu tun.
Sind "Lehrer" jetzt nur dominante Männer, oder achtsame Männer, oder schüchterne Männer?
Sind "Lehrerinnen" Frauen, die selbstbewußt ihren eigenen Weg gehen, oder Frauen, die lieber zu Hause am Herd bleiben, wie es die Nazis wollten, oder sich aus ihrer Frauenrolle komplett herausziehen wollen?
Klar, die Nazis propagierten eine "klare Rollenverteilung", aber das ist kein Beleg dafür, dass Hitler nicht - wenigstens mit Doppelnennungen - genderte.
Also, ganz einfacher Fakt: Hitler genderte per Doppelnennungen. Das war für mich auch neu. Hab es gerade erst gelesen, in diesem wirklich seriösen Buch. Hier eine Rezension. Absolute Empfehlung für Menschen, die sich für Sprache und vor allem für Gendersprache interessieren.
Zitat
Die förmliche Anrede an zumindest die binären Geschlechter ist im Übrigen wesentlich älter und findet sich nicht erst im 3. Reich. Mit gendergerechter Sprache hat das jedoch ohnehin herzlich wenig zu tun.
Wir überarbeiten gerade unser Kapitel "Wie Gendern 1 entstand". Herzliche Einladung an dich zum Mitarbeiten.
Und bitte nicht eingeschnappt reagieren. Es ist wie es ist.
Und es ist wirklich so, dass die drei sprachlichen Mittel der aktuellen Gendersprache allesamt aus der Zeit eines binären Menschenbildes stammen. Kurzbegriffe ungefähr 5000 Jahre alt, die -innen-Form maximal 1000 Jahre alt, und die Sprechpause wurde von Pusch 1985 erfunden; egal mit welchem Zeichen sie verschlüsselt ist.
Aber erst vor 7 Jahren dann, also über 30 Jahre nach der Idee mit der Sprechpause, kam - endlich - der Schutz einer dritten Gruppe, konkret der Intersexuellen, vor Diskriminierung.
Hier passt dein Bild von oben: mit den sprachlichen Mitteln eines binären Menschenbildes lässt sich keine dritte Gruppe auf gerechte Art abbilden. Es war aber nicht nur der Nationalsozialismus, der im binären Menschenbild festhing, sondern auch die feministische Linguistik! Eigentlich wir alle, bis vor 7 Jahren. So wurden Doppelnennungen und Genderstern-sprache erst im Lauf der Entwicklung zur Sackgasse. Eine, die in den binären 1980er Jahren niemand erahnen konnte, die aber durch den BVG- Beschluss von 2017 unwiderruflich eine wurde.
Je schneller wir da raus finden, desto besser. Sonst findet unsere Gesellschaft genauso wenig zusammen wie wir selbst in diesem Forum. Trauriger spaltender Streit!
Seph, wir brauchen eine Erleuchtung