Es hat aber auch seinen Grund, warum insbesondere Grundschulen und Hauptschulen/ Werkrealschulen vor allem nach dem Klassenlehrkraftprinzip arbeiten. Da man nicht beides bedienen kann, also reinen Fachlehrkraftunterricht und vorangigen Klassenlehrkraftunterricht, muss man eben abwägen unter Betrachtung der Vor- und Nachteile für die jeweilige Lerngruppe.
Nachdem man ohne intensive Beziehungsarbeit aber beispielsweise in Hauptschulzugklassen sprichwörtlich untergeht, spricht sehr vieles dafür, dem Klassenlehrkaftprinzip den Vorrang zu geben, um eben am Ende mindestens die Mehrheit, idealiter alle SuS zum Hauptschulabschluss führen zu können. Andernfalls erträgt man derartige Lerngruppen im worst case weder als Lehrkraft gesund, noch schließt diese als SuS erfolgreich ab.
Fachfremder Unterricht ist an allen Schulformen jenseits der Gymnasien in vielen Fächern ein Normalfall. Das kann selbstredend fachliche Qualitätsverluste nach sich ziehen. Im besten Fall ist es aber so, dass man maximal ein neues Fach dazu nimmt fachfremd und frühestens dann ein zweites Fach dazukommt, wenn man dieses erste Fach in allen Jahrgangsstufen hatte, sich einarbeiten konnte und die eine oder andere Fortbildung im Fach absolviert hat. Bedauerlicherweise führt der Lehrkräftemangel aber dazu, dass das nicht an allen Schulen durchgehend einzuhalten ist, will man nicht am Ende die Hälfte der Fächer ausfallen lassen (was das Land gar nicht bewilligen würde).
Darüber hinaus haben die zahlreichen Mischfächer der früheren Bildungspläne hier in BW fachfremdes Arbeiten von allen SEK.I- Lehrkräften teils in hohem Umfang erfordert. Je nach studierten Fächer und Fächergruppen konnten so allein durch das Unterrichten der dazugehörigen Unterrichtsfächer bei drei studierten Fächern bis zu 6 weitere Fächer fachfremd dazukommen, für die man dann im Ref im Schnelldurchlauf qualifiziert wurde. Ich habe im Studium noch für eines dieser alten Mischfächer, bei dem mir ein Teilfach fehlte ein ganzes Hauptseminar in Geographie belegt, was mir- wäre die Refordnung nicht geändert worden- mit Abschluss des Refs auch noch die Lehrbefähigung für Geo erbracht hätte. Da bin ich in meinem tatsächlich heutzutage fachfremd unterrichteten Fach deutlich qualifizierter.
Ich habe es bereits im Forum geschrieben gehabt, dass es bei meinen Bewerbungen nach dem Ref Schulen gab, die mich zwar für alle meine drei Fächer dringend wollten, die aber darüber hinaus am liebsten noch direkt 2-5 Fächer hatten, die ich fachfremd abdecken sollte. Darunter Fächer wie Kunst, wo ich nun wirklich ausreichend talentfrei bin in der Mehrheit der erforderlichen Disziplinen. Das lag nicht daran, dass diese Schulen nicht lieber Fachlerpersonen gehabt hätten, sondern schlicht am Mangel an Lehrkräften und Bewerber: innen.
An meiner aktuellen Schule unterrichte ich ein Fach inzwischen im vierten Jahr fachfremd, wobei ich dieses Fach seit drei Jahren fast ausschließlich unterrichte. Die Fachdidaktik ist identisch mit einem meiner studierten Fächer, Studieninhalte hatte ich zu mindestens 80% abgedeckt gehabt, Fortbildungen besucht mit dem Ergebnis, dass meine KuK, die dieses Fach studiert haben inzwischen oftmals zu mir kommen, wenn sie Hilfe im Fach benötigen, weil ich nicht nur fachlich aufgrund meines Selbstanspruches sehr fit bin und den Bildungsplan sehr genau kenne, sondern auch zahlreiche, innovativere Ansätze habe, die meine KuK sich gerne abschauen bei mir.
Sollte es entsprechenden Bedarf geben wäre ich jetzt an dem Punkt, dass ich ein zweites Fach fachfremd dazunehmen könnte, um mich dann auch in dieses wieder entsprechend umfassend einzuarbeiten ein paar Schuljahre lang.