Puh...
Da wirklich was zu raten, ist echt schwierig, weil wir in den Situationen nicht dabei sind/waren.
Da kann ein Tipp auch schnell mal total falsch laufen.
Gesagt wurde schon, dass SL und SA unbedingt mit ins Boot müssen. Da muss Kommunikation laufen, auch für dich, dass du weißt, du bist auf der sicheren Seite, denn die SL gibt ja dann auch Richtlinien vor und der/die SA hat sicher ebenfalls Ideen.
Dass man da schnell überfordert ist, kann ich mir gut vorstellen.
Da momentan Einzelgespräche zwischen dir und dem Schüler/den beiden Schülern anscheinend immer sofort zu eskalieren drohen und es keine gemeinsame Ebene zu geben scheint, wäre mein Vorgehen ein Gespräch zusammen mit zB der SL zu führen oder eine Person dabei zu haben, die die beiden respektieren (Klassenlehrkraft?). Und dann das Gespräch POSITIV zu beginnen. Also nicht mit "was denkt ihr euch eigentlich dabei??", sondern mit "Da sitzt ein wirklich kluger Kopf. Ich sehe, dass es da etwas gibt, das im Herzen rumwütet, aber ich würde mich freuen, wenn wir es schaffen, miteinander auszukommen. Du darfst jetzt ehrlich sagen, was in dir passiert, wenn ich komme und Unterricht halten möchte - vielleicht kriegen wir das zusammen hin. ICH HÖRE DIR ZU." Oft hilft das, die Mauer so etwas abzutragen. Es ist eine andere Gesprächsatmosphäre in einem gesicherten Raum mit Menschen, die das Kind ansonsten respektiert und mag, das könnte klappen.
Zusätzlich dazu stelle ich fest, dass solchen Kindern oft mit Herzenswärme zu helfen ist. Straightness zwar und klaren Grenzen, kein Durchkommen, wenn sie austesten, aber absoluter Herzensfreundlichkeit in allen anderen Bereichen und vor allem das immer wiederkehrende Setzen auf NULL, wenn mal was Blödes passiert ist. "Ok, ich war jetzt echt wütend über das, was hier gerade lief, aber nun geht alles auf Null, wir haben alles geklärt, alles gesagt, jetzt darf diese blöde Sache gehen und wir beschäftigen uns wieder mit schöneren Dingen." In meinen Klassen schafft das dann Entspannung, weil alle wissen, das brodelt jetzt nicht noch irgendwo im Hintergrund oder über ihren Köpfen. Denn natürlich bauen die auch mal Mist und ich muss deutlicher werden.
Ich persönlich bin, neben anderen Klassen, in einer Klasse, die an der ganzen Schule verschrien ist, seit die Kinder in die Erste gekommen sind. Jetzt sind sie dritte Klasse. Keiner wollte sie dieses Jahr unterrichten, die Klassenlehrerin, eine sehr sanfte Frau, ist oft überanstrengt, also habe ich mich für meine Fächer bereiterklärt. Es sind sehr viele herausfordernde Kinder drin, einige mit sehr schwierigen Familienverhältnissen und viele mit Auffälligkeiten. Bei einem Jungen muss in den Sommerferien etwas passiert sein (wir sind dran), er war danach nicht wiederzuerkennen, störte, brachte vor kurzem eine Kollegin sogar fast zum Weinen, als sie mir hinterher erzählte, dass er sich bewusst über jegliche Anweisung provokativ hinwegsetze und sie in den zwei Stunden, die sie in der Klasse jetzt war, völlig fertig gemacht habe, zusätzlich zu dem, das in der Klasse eh dauernd brodelt.
Nun habe ich das Glück durch mein sonstiges Berufsfeld (mus. Auftritte, Leitung von Chören, Stehen in der Öffentlichkeit) eine starke natürliche Autorität zu besitzen. Die Klasse funktioniert mit mir recht gut, meine Grenzen sind klar gesetzt und werden straight von mir gehalten, das ordnet alles etwas. Trotzdem bin ich immer sehr freundlich, auch wenn ich durchgreife und ich LOBE die Kinder auch viel. Der Schüler war anfangs genauso contra eingestellt, wurde von mir aber klar verwiesen, gehorchte glücklicherweise und arbeitete dann. Diese Chance nutzte ich sofort, zu ihm zu gehen und ihn zu loben für das, was er arbeitstechnisch gerade gut machte. Ich zeigte ihm auf, wie gut er das gerade machte - und dieses kleine Kerlchen durchfuhr ein RUCK...das brach mir fast das Herz. Man konnte sehen, wie wieder etwas Weiches in dieses Kindergesicht gekommen ist...und die Stunden war völlige Ruhe. Er fragte dann etwas später, ob er im Kreis (wir haben einen Sitzkreis mit Bänken) arbeiten dürfe und ich erlaubte es ihm mit der Begründung, dass er so gut arbeite, dass er das dürfe. Natürlich wollten dann auch andere, was auch völlig ok war, aber er ging mit einem Lächeln nach vorne in den Kreis...unbezahlbar.
Es war unglaublich zu sehen, was ein Lob bei Kindern ausmachen kann. Eine Erfahrung, die ich durch die Bank bisher in meinen Jahren in der Schule machen konnte, auch bei wirklich schwierigen Kindern. Ein Lob holt sie oft ab, ein "du bist doch toll!" hören sie vielleicht einfach zu selten, weil sie so oft Schwierigkeiten machen. Und wenn man von einem Viertklässer, mit dem man sich jetzt zwei Jahre lang andauernd gekabbelt hat und immer wieder Entgleisungen korrigieren musste, aber eben auch das Gute hervorgehoben hat, hört: "Ey, Frau L. iss echt die Coolste!", dann kann das SO falsch wohl nicht sein.
Ich glaube, dass viele Kinder oft Muster durchleben, die sie kaum durchbrechen können. Und wenn eh die Klasse (oder der, der ihn toll findet) diesen einen Schüler für einen Revoluzzer hält, dann hat er eine Rolle, die er weiter spinnt. Denn warum anders agieren, wenn man diese Rolle hat und Kinder einen in der Form witzig finden? Zudem kommt aber natürlich noch die Möglichkeit, dass dieser Schüler wirklich ein Problem mit dir als Lehrkraft hat. Und das lässt sich nur im Einzelgespräch mit Beisitzer*innen klären, in dem der Schüler merkt, er ist nicht auf der Anklagebank, sondern darf ehrlich sagen, was los ist. Oft dauert es dann ganz schön lange, bis klar wird, was eigentlich das Problem ist, aber wenn der Schüler merkt, dass die Gesprächsebene passt und er nicht von oben herab von der Lehrer*innenseite fixiert wird, sondern abgeholt wird...das könnte schon gehen.
Ich wünsche dir sehr, dass diese Situation sich löst - und ich würde auf KEINEN Fall jetzt ausharren und abwarten. Mag sein, dass du bald wieder weg bist (mag auch sein, dass das mit ein Grund für dessen Verhalten ist), aber du wirst ja auch neue Kinder treffen. Daher nimm diese Situationen wichtig - nimm das Kind wichtig - und dich. Und das lässt sich meiner Meinung nach nur im gemeinsamen Gespräch ohne andere Kinder aufdröseln.
Sorry, viel Text...aber ich "denke durch Schreiben" und schreibe so schnell wie ich spreche...daher kommt das manchmal.
Ich entschuldige mich schon mal, ich kriege es nicht gebündelter...und sicher fehlen auch noch Punkte.