Beiträge von DerReferendar

    Hallo zusammen,

    Ich möchte euch gerne meine Erfahrungen mit Referendariat mitteilen - als jemand, der gerade mittendrin steckt.
    Ich bin seit Mai 2023 im Referendariat (NRW) und habe bisher 2 UBs hinter mir, die soweit als "gelungene Starts" bezeichnet wurden. Seit der Sommerferien befinde ich mich im BDU und hatte echte Startschwierigkeiten, weil ich mir selbst unfassbaren Druck gemacht habe, bei dem ich selbst gar nicht zuordnen konnte woher er kam. Ich war bereits ein Jahr lang Vertretungskraft im Anschluss an mein Praxissemester und habe die Zeit an der kleinen Dorfschule geliebt. Die Kinder waren super herzlich und der halbe Schulhof hat mich als Begrüßung am Morgen umarmt. Neben regelmäßigen Vertretungsstunden war ich meistens als zweite Kraft mit dem Klassenlehrer einer ersten Klasse unterwegs. Das hat mich alles sehr motiviert, ins Ref zu starten.. und dann ging es los..

    Vor den Sommerferien hat mir an meiner Ref-Schule eigentlich alles ziemlich gut gefallen. Mit meinen Mentorinnen bin ich allerdings erst jetzt wirklich warm geworden. Da hatte sich bereits ein erster Druck aufgebaut, weil ich nicht wusste, ob die mich überhaupt mögen... Das hat sich bei einer Mentorin immer noch nicht ganz relativiert. Alle meine Mentorinnen wahren eine sehr professionelle Distanz. Aber ich komme damit ganz OK klar. Ich bin seit meiner eigenen Grundschulzeit nie der der Strukturierte gewesen. Eher der, der alles auf dem Tisch liegen hatte und als letztes aus der Schule geschlendert kam. Im Studium war ich aber ausreichend organisiert, um das Ganze mit einer 1 vor dem Komma abzuschließen. Naja, meine Mentorinnen sind hingegen absolute Struktur-Fanatiker und da sind erst einmal zwei Welten aufeinander geprallt. Als dann der BDU losging nach den Ferien ist mir das alles irgendwie auf die Füße gefallen und ich hatte einen unfassbar hohen Stresspegel, dass ich bereits eine Art depressive Verstimmung entwickelt habe. Das war die härteste Zeit meines Lebens und ich wusste einfach nicht woran es liegt, weil es so viel war. Ich hatte auch einfach gar keinen Spaß mehr am Umfeld Schule. Es war einfach die pure Überforderung. In meinem Drittfach (Kunst) bin komplett eigenverantwortlich in zwei Klassen unterwegs. Ich habe zwar eine (fachfremde) Mentorin, aber in ihrem Unterricht hospitiere ich nur, weil es mir zu viel ist, für drei Jahrgänge KU zu planen. Da habe ich also kein Vorbild, das genau weiß, was am ZFSL erwartet wird. Ich bin noch immer unter Dauerstress, der zum einen daran liegt, dass ich es gut machen möchte und ich total unsicher bin, ob ich es auch gut mache und zum anderen bereitet mir der Gedanke Angst, nach dem Ref 28 Stunden ableisten zu müssen und dabei auch alles im Blick zu haben, was Bewertungen usw. angeht. Ich kann mir das noch gar nicht vorstellen. Mit meiner Hauptklasse (dort mache ich Mathe und Deutsch) komme ich soweit ganz okay klar. Wenn ich nicht doppelt besetzt bin, ist das Tafelkino meistens eine sehr, sehr anstrengende Geschichte. Bei meinen Mentorinnen sind das Lämmchen. Bei mir... naja.. nicht wirklich. Meine Mentorinnen haben mir aber immer wieder gesagt, dass die mich testen würden. Naja 8 Wochen testen, finde ich schon hart. Oft habe ich mich gefragt, ob die Klasse mich überhaupt mag. In der Zeit des größten Stresses habe ich das jedenfalls nicht mehr. Dass die Kinder mich mögen wurde mir aber in der letzten Woche sehr deutlich, als ich ihnen mitteilte, dass ich nicht mehr bei ihnen Kunst unterrichten würde. Da haben mich plötzlich viele Kinder umarmt und waren sehr traurig. Da wusste ich, so viel kann ich nicht falsch machen (Ich wechsele in die 3. Klasse, um in der gleichen JGS wie meine Mentorin zu unterrichten.)

    Geht es hier jemandem auch so, dass er/sie ständig an der eigenen Kompetenz zweifelt, ständig nicht weiß, ob man genug tut und alle Ansprüche erfüllen kann? Den Alltagsunterricht in Mathe und Deutsch plane ich für den nächsten Tag nach der Schule schnell durch. Das kostet mich vielleicht 30-60 Minuten für Mathe und Deutsch zusammen, weil ich mit beiden Mentorinnen, den groben Wochenablauf schon im Teammeeting festlege (also welches Seite in welchem Buch usw.).

    Manchmal wache ich nachts immer noch mit Herzklopfen auf oder habe am Wochenende Angst, irgendwas nicht bedacht zu haben. >Auch, was die ständigen UBs angeht. Schule ist 24/7 in meinem Kopf und ich kann es nicht ausblenden. Das zerrt sehr an den eigenen Nerven. Und vor allem der besagte Gedanke daran, später das Ganze eigenverantwortlich koordinieren zu müssen mit 28 Stunden die Woche, lässt mich täglich an meinem Berufswunsch zweifeln.

    Ich hoffe, es gibt ein paar Menschen, die ähnliche Erfahrungen durchmachen oder durchgemacht haben.

    Liebe Grüße

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