Beiträge von Morse'

    Genau das trifft es! Der pädagogische Ermessensspielraum bei der Festsetzung der Leistungsbewertung bezieht sich auf die Leistungsmessung und -beurteilung und gerade nicht auf Begleitumstände außerhalb der Schule. Wir hatten hier auch schon den Fall, dass eine Lehrkraft eine bessere Bewertung als eigentlich gerechtfertigt wäre mit Blick auf einen anstehenden Schulwechsel gegeben hatte...diese ist nach Hinweis auf die Rechtswidrigkeit eines solchen Vorgehens wieder einkassiert worden.


    In Baden-Württemberg ist das wie gesagt anders.
    Hier können sogar Ausnahmen bei der Versetzung gemacht werden wg. Begleitumständen außerhalb der Schule, z.B. Scheidung der Eltern.

    Eine Endnote fällt am Ende nicht vom Himmel und wenn die über das gesamte Halbjahr gezeigten Leistungen keiner 3 entsprechen, sehe ich nicht den Grund, warum für diesen Schüler eine Ausnahme gemacht werden sollte.


    Dass du dir viele Gedanken machst, bessert aber nicht die Begründung für die Note. Mit der Leistungsbewertung versucht man, rückzumelden, was derjenige kann. War die Leistung befriedigend oder ausreichend? Das ist die Grundlage für Notengebung.


    Die Note wird nach der Notenbildungsverordnung gebildet (s.o.).

    Der verarscht dich doch.

    Das kann man nicht ausschließen, aber aus welchem Grund? Den meisten sind die Noten in diesem Fach total egal, egal wie gut oder schlecht.

    Mal abgesehen davon:

    "Der Schüler muss dann Nachhilfe nehmen" gleich zu setzen mit häuslicher Gewalt oder Abschiebung mit Todesstrafe finde ich schon reichlich abwegig. Es ist deutlich näher dran an "Dann kriege ich heute zum Nachtisch kein Eis", willst du dann auch im Zweifelsfall die bessere Note geben, damit der Arme Schüler sein Eis kriegt?


    Ich schrieb:

    "Blödes Beispiel: wenn ich wüsste, dass der Schüler statt Nachhilfe verprügelt würde oder in ein Land abgeschoben würde, wo ihm die Todesstrafe droht, würde ich das nicht so locker sehen mit dem "nicht meine Baustelle". (Blödes Beispiel, aber um den Punkt zu verdeutlichen)"


    Um auf Deine Frage zu antworten:

    Ja, wenn der Schüler dadurch zukünftig einen größeren Lernerfolg hat.

    Dann würdest du geeignete Schritte einleiten (z.B. Strafanzeige o.ä.) und nicht einfach eine Gefälligkeitsnote erteilen.

    Das "nicht einfach" klingt so, als würde ich es mir leicht machen.

    Bzgl. des Schülers würde ich es mir damit schon gewissermaßen leicht machen, weil er dann nicht traurig wäre und ich das ggfs. spüren würde und mir womöglich das Gefühl geben lasse, unfairerweise, ich sei irgendwie schuld daran.


    Aber davon abgesehen mache ich es mirinsofern nicht leicht, dass ich mir offensichtlich Gedanken darüber mache. So sehr, dass mich sogar die Meinung von fremden Kollegen aus dem Internet interessiert.
    Außerdem gäbe es auch andere Begründungen für die bessere Note. Da bräuchte es diejenige bzgl. der Nachhilfe gar nicht.


    Bisschen Kontext zu mir als Lehrer:
    In meinem Kollegium gebe ich im Schnitt die schlechtesten Noten (!) und habe deshalb auch mal Probleme mit Eltern.
    Es ist also nicht so, dass ich jmd. bin, der er sich leicht macht, indem er gute bzw. Gefälligkeitsnoten gibt.


    So ist es.
    Pädagogische Überlegungen sind zwar wichtig, sollten am Ende nicht unfair sein.
    Der Schüler kannte wohl im Vorfeld die (vermeintlichen?) Bedingungen, die er erfüllen musste. Da muss er durch.


    Ich fände es insofern nicht unfair, dass ich mir bei anderen Schüler, die auf der Kippe stehen, genau die gleichen Gedanken mache. Mit manchen (reifen) Schülern rede ich auch explizit über diesen Spielraum; manche wollen lieber die schlechtere Note, als Erinnerung daran, dass sie im nächsten Jahr ein bisschen mehr Gas geben müssen bzw. sich nicht auf etwas ausruhen um dann im wichtigen Abschlusszeugnis eine schlechtere Note zu bekommen.


    Nur so ein Fall mit einer Art Straf-Nachhilfe wie jetzt kam mir noch nicht vor. Deshalb finde ich das so interessant!

    Nur so eine bessere Note geben würde ich nicht, da wird genau das unterstützt, was man nicht will: Lernen nach Lust und Laune. Wäre das die einzige Vier im Zeugnis? Denkst du wirklich, dass der Schüler die "gesparte" Zeit nutzt um andere Fächer zu lernen? So sehr überzeugt bin ich nicht, aber ich kenne den Schüler nicht.

    Manchmal muss man auch mal wo durch und die Frage ist, ob der bequemere Weg und in diesem Fall die Vermeidungshaltung immer so gut für die Persönlichkeitsentwicklung ist. Außerdem verliert er nichts durch eine Vier.

    Die anderen bekommen die Note, die sie sich erarbeitet haben. Auch von daher ist das irgendwie ungleich. Ich würde ihm evtl. noch eine Chance einräumen, die Note durch Eigenleistung zu verbessern.

    Das wäre die einzige Vier im Zeugnis. Der Schüler ist ein guter Schüler.
    Ich weiß es natürlich nicht, aber so wie ich den Schüler kenne (seit 2 Jahren) glaube ich tatsächlich, dass die Nachhilfe überhaupt nichts bringen würde und de facto nur eine Strafe wäre.
    Ich glaube nicht, dass er die Zeit der Nachhilfe 1:1 verwenden würde um für die anderen Fächer zu lernen, aber ich glaube schon, dass ihm dadurch Zeit und Motivation genommen würde für die anderen (wichtigen) Fehler.

    Wg. noch eine Chance usw.: siehe vorheriger Beitrag

    Wir haben manchmal Situationen, wo man bei der Notengebung dem Kind noch eine Chance geben will, die Note zu verbessern. Da gibt es noch Möglichkeiten wie z.B. nochmals abfragen.

    Das habe ich auch gemacht und ihm (und natürlich allen anderen die wollten) einen freiwilligen Test angeboten, den er auch genutzt hat mit einer sehr guten Note.
    Ich könnte die Jahresnote auch abrunden (also die bessere Note geben) mit der Begründung, dass die Tendenz zeitlich gesehen nach oben geht.

    Das wäre absolut gängig (in B.-W.).


    Aber mir geht es ja um die Frage mit der "vermeintlich sinnlosen Nachhilfe" - das finde ich spannend und deshalb interessiert mich, was Ihr darüber denkt.

    Mach dir bitte ebenfalls klar, dass die Einschätzung der Fachleistung keineswegs von solchen Begleitumständen abhängen darf!

    Wie gesagt, in Baden-Württemberg wird nicht nur gerechnet.


    "Der Lehrer als Erzieher benötigt zur Verwirklichung seiner Aufgaben einen pädagogischen Freiraum, bei der Leistungsbeurteilung einen pädagogischen Beurteilungsspielraum. Dem tragen die nachfolgenden Regelungen zur Notenbildung dadurch Rechnung, daß sie sich auf ein Mindestmaß beschränken und insbesondere regeln, worauf im Interesse der Chancengerechtigkeit der Schüler nicht verzichtet werden kann. Dies erfordert andererseits, daß der Lehrer seinen pädagogischen Beurteilungsspielraum, den er im Interesse des Schülers hat, verantwortungsvoll nutzt."


    Der Schüler steht ja auf der Kippe zwischen zwei Noten.

    In B.-W. ist es üblich bei Schülern, die auf Komma Fünf stehen, nicht einfach abzurunden, sondern sich zu überlegen, was für den Schüler besser ist.
    Es kann eine Tendenz der Noten berücktsichtigt werden, z.B. der Schüler sich im zweiten Halbjahr immer weiter verbessert hat.
    Aber auch andere Gründe können eine Rolle spielen:

    Was motiviert den Schüler mehr? Die auf- oder abgerundete Note?
    Hatte der Schüler am Tag der Klassenarbeit einen "Ausrutscher"?
    Hat er private Probleme, z.B. im Elternhaus, die seine sonst viel bessere Leistung geschmälert haben?

    Usw.



    Natürlich kann ich einfach aufrunden und fertig.
    Aber im Interesse des Schülers mache ich mir Gedanken, ob es für ihn als Schüler auch besser ist, z.B. wenn die Folge wäre, dass er im nächsten Jahr schlechtere Leistungen in diesem und anderen Fächern hat, weil er demotiviert ist und etwas weniger Zeit zum Lernen hat.

    Hast du mal mit dem Ausbildungsbetrieb gesprochen?

    Nein, bisher nicht.

    Ich wundere mich sehr darüber, dass der Betrieb soviel Wert darauf legt, dass der Azubi in einem unwichtigen Fach seine Note verbessert. Hattet ihr schön öfter Berufsschüler*innen aus diesem Betrieb und falls ja: Waren die in der Vergangenheit auch so sehr darauf erpicht, dass ihre Azubis gute Noten erbringen? Mir ist sowas noch nicht untergekommen, muss ich sagen (EDIT: Das habe ich evtl. ungenau formuliert: Natürlich achten die allermeisten Ausbildungsbetriebe auf die Noten ihrer Azubis in den Berufsschulzeugnissen, aber wegen einer 4 in einem unwichtigen Fach solch einen "Aufriss" von wegen "Zwang zur Nachhilfe" o. ä. zu machen, ist mir noch nicht untergekommen; das meinte ich).

    Das finde ich auch komisch, v.a. weil dieses Fach wirklich keinen Betrieb/Ausbilder jemals interessiert hat.

    Wir hatten schon ab und zu Schüler aus diesem Betrieb, aber bei denen drohte kein Vierer.


    Ich habe einen Berufsschüler mal davon überzeugt, dass er aufhören soll in diesem Fach Nachhilfe zu nehmen um sich auf die wichtigen Fächer zu konzentrieren, damit er die Abschlussprüfung bestehen kann. Das ist schon kurios.

    Der Nachhilfelehrer verschwendet vermutlich auch nicht seine Zeit, sondern arbeitet 🙃

    Der soll ja auch seinen Lebensunterhalt bezahlen können, aber hoffe die beiden spielen dann wenigstens Karten oder so.

    Der Schüler hat allgemein gute Noten und macht bzgl. seines Alters einen reifen Eindruck.
    Ich schätze ihn so ein, dass er diese Nachhilfe nur absitzen würde, wenn er das muss, mit keinerlei Motivation etwas zu lernen und diese Zeit tatsächlich auch ins Lernen für andere Fächer nutzen würde.

    Vielen Dank jetzt schon für Eure Rückmeldungen, ich werde nach und nach alle kommentieren.


    Wenn der Schüler keinen Bock auf Nachhilfe hat, soll er das mit seinem Ausbildungsbetrieb klären, aber das ist doch nicht DEINE Baustelle. Sorry, aber das ist keine Argumentation, die meine Notengebung beeinflussen würde.

    Das stimmt natürlich, dass es nicht meine Baustelle ist bzw. man es so sehen kann, dass mich die Folgen nichts angehen und ich sozusagen meine Hände in Unschuld wasche (bzgl. der aus meiner Sicht negativen Folgen).


    Blödes Beispiel: wenn ich wüsste, dass der Schüler statt Nachhilfe verprügelt würde oder in ein Land abgeschoben würde, wo ihm die Todesstrafe droht, würde ich das nicht so locker sehen mit dem "nicht meine Baustelle". (Blödes Beispiel, aber um den Punkt zu verdeutlichen)

    Situation:


    Ein Berufsschüler steht in einem Fach zwischen 3 und 4, näher an der 4.


    Falls er eine 4 bekommt, muss er Nachhilfe nehmen - dafür sorgt sein Ausbildungsbetrieb.
    (Wie der Betrieb das macht, ob das legal ist usw. - darum soll es hier gerade nicht gehen.)


    Er ist im 2. Lehrjahr (von drei), es geht also um ein Jahreszeugnis und nicht um ein Abschlusszeugnis.

    Das Fach, um das es geht, ist für die Ausbildung das unwichtigste. Im Abschlusszeugnis wird dieses Fach aufgeführt, die Note zählt jedoch z.B. nicht in den angegebenen Notendurchschnitt.

    In B.-W. ist die Notengebung auch eine pädagogische Entscheidung, es muss also nicht nur gerechnet werden.


    Der Schüler ist Anfang 20 und will auf gar keinen Fall Nachhilfe in diesem Fach bekommen/nehmen müssen und deshalb unbedingt noch den 3er.

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    Meine bisherigen Gedanken dazu:


    Ich finde es pädagogisch falsch jemanden (und vor allem einen Erwachsenen) zu Nachhilfe zu zwingen, wenn er partout nicht will.
    Andererseits will ich nicht für einen einzelnen Schüler eine Ausnahme machen oder gar "ein Auge zudrücken". Das ist der Konflikt.


    Ich könnte mir vorstellen den Dreier zu geben, weil ich nicht will, dass dieser Schüler seine Zeit (und die eines Nachhilfelehrers) vergeudet, die man besser nutzen könnte (z.B. auch um sich auf die wichtigen Fächer zu konzentrieren) und die eh schon vorhandene Abneigung gegen das Fach noch weiter wächst.
    Im nächsten Schuljahr, wenn es um's Abschlusszeugnis geht, würde ich das natürlich nicht machen (müssen) - da es einerseits um das wichtige Abschlusszeugnis geht und andererseits danach ja auch keine unerwünschte Nachhilfe mehr droht.

    Ein Jahreszeugnis aus dem 2. Lehrjahr (bei dem aus solchen Gründen noch der Dreier gegeben würde) interessiert später natürlich niemand mehr.


    Ich halte so einen Nachhilfe-Zwang wie gesagt für pädagogisch falsch, andererseits sind Ausbilder ja auch "für die Berufserziehung mitverantwortlich" und ich will deren Maßnahmen allgemein natürlich nicht untergraben, sondern unterstützen - außer evt. hier bzw. in einem Fall, in dem ich es für geboten halte.


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    Jetzt Ihr!

    Joe Biden selbst hat seine schwache Performance übrigens inzwischen damit erklärt, dass er vorher im Amt eine Auslandsreise habe unternehmen müssen und daher überarbeitet war und unter Jetlag gelitten habe, daher wäre er "auf der Bühne beinahe eingeschlafen".

    Das kam erst später! Die erste Erklärung dazu war, dass er erkältet gewesen sei.

    "Im Gymnasialbereich besteht derzeit in den Fächern Biologie, Chemie, Deutsch, Ethik, Geschichte, Griechisch, Informatik, Kunst, Latein, Mathematik, Musik, Physik, Politik und Gesellschaft, Sport sowie Wirtschaft und Recht ein Mangel an regulär ausgebildeten Bewerberinnen und Bewerbern.

    An Humor mangelt es jedenfalls nicht!

    Keine Polemik, der TE hat Recht!Deutsch ist in Bayern sogar am Gymnasium mittlerweile wirklich ein Mangelfach und ist in Kombination mit bestimmten Fächern (z.B. Ethik, Latein, Geschichte) deswegen für den Seiteneinstieg geöffnet.

    Gibt's irgendwo offizielle Infos dazu? (Mich überrascht das sehr, da würde mich interessieren welche Fächer nicht Mangelfächer sind bzw. ob die meisten Fächer Fächer nun Mangelfächer sind)

    Führt die Anwendung dieses Prinzips nicht bereits dazu, dass die Leute Trump statt Biden wählen?

    Ja, aber in beide Richtungen.
    Das Prinzip gilt auch in Mehrparteien-Systemen, in denen eine Opposition gewählt wird, weil man mit der Regierung unzufrieden ist (und die Opposition für das geringere Übel hält). Im Falle eines Regierungswechsels entwickelt sich die ehemalige Opposition nun als Regierung vom geringeren zum größeren Übel.

    Dieser Kreislauf wiederholt sich im Schnitt in ca. 2 Legislaturperioden.

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