Beiträge von Morse'

    Mittlerweile bin ich einfach froh, wenn ich die Stunden irgendwie vorbereitet habe ( da meist aufgrund von anderen Dingen, wie Elterngesprächen, runden Tischen, Mails..) keine wirkliche Zeit dafür bleibt. Zudem man als Neuling alle Fächer von Grund auf vorbereiten muss. Kooperation gibt es bei uns nicht wirklich.

    In ein paar Jahren hättest Du quasi alles in der Schublade, das wäre sicher eine große Entlastung.

    Wenn du weißt, wie deine SuS schreiben. Sprich gesichert weißt aus Klassenarbeiten, dass die Texte, die sie abgeliefert haben ihr sprachliches Ausdrucksvermögen deutlich übersteigen, dann reicht das als Anscheinsbeweis durchaus aus. Dann müssen erst einmal deine SuS belegen, dass sie tatsächlich außerhalb der Schule derart komplexe Texte zu verfassen vermögen.

    +1



    Das fliegt doch sofort auf, wenn (!) man die SuS zu ihren Texten befragt.

    Randnotiz:

    Ich finde viele Lehrer legen zu viel Wert auf schriftliche im Vergleich zur mündlichen Leistungen.
    Mir scheint, dass manche sich nicht trauen mündliche Noten zu machen, weil ihnen das weniger objektiv vorkommt.
    Dadurch wird m.E. der Unterricht und insbes. das Unterrichtsgespräch entwertet; die Schüler wissen, dass es quasi nur auf die Leistung der Klausuren ankommt und so verkommt Schule zur Fern-Uni.


    Ich behaupte, dass die Entscheidung, bindende Grundschulempfehlungen überall abzuschaffen nicht getroffen wurde, um mehr Abiturient*innen für einen Arbeitsmarkt mit großem Dienstleistungssektor zu produzieren. Du glaubst das offenbar und das ist dein gutes Recht, ich kenne dafür aber bislang keine Hinweise.

    Ich glaube da Du hast mich falsch verstanden.
    Dadurch, dass immer mehr Schüler von der GS aufs Gym wechseln, als Empfehlungen ausgesprochen wurden, und nicht etwa weniger, würde ich meinen, dass diese Maßnahme, wenn, eine Verringerung der Abiturientenquote zur Folge hätte.
    (Aus meiner Sicht eben um dem Arbeitsmarkt bzw. Fachkräftemangel v.a. in Handwerklichen berufen Rechnung zu tragen. So wie Du formuliert hattest:


    dass zu viele Leute Abitur machen und studieren wollen, sieht sicher jeder ein,

    Der von dir verlinkte Artikel beschäftigt sich genau nicht mit der von dir vermuteten Bildungspolitik, die für einen Arbeitsmarkt irgendwas steuert.

    Ja, dort wird die Art und Weise beschrieben wie gesteuert wird, aber nicht wohin.
    Bist Du tatsächlich der Meinung, dass die Bildungspolitik nicht im Hinblick auf den Arbeitsmarkt erfolgt?

    Ich frage nach, weil Du in einem anderen Kontext schriebst:

    Und dass zu viele Leute Abitur machen und studieren wollen, sieht sicher jeder ein, [...]


    Wie meinst Du denn das "zu viele", wenn nicht im Sinne des Arbeitsmarktes?


    Und im ganzen:

    Und dass zu viele Leute Abitur machen und studieren wollen, sieht sicher jeder ein, die Frage war ja, wie und ob man das über das dreigliedrige System steuern kann.

    Ich verstehe Dich hier so, dass Du hinterfragst, ob oder wie sehr die Dreigliedrigkeit das steuern kann, wie viele "Leute Abitur machen und studieren wollen".
    Welches Ziel hätte diese Steuerung, wenn nicht der Arbeitsmarkt?



    Und warum du ständig von Moral redest, ist mir auch nicht klar.

    Ich weiß nicht auf welchen Beitrag Du Dich beziehst.
    Zu unserem Thema gibt es moralische Urteile, wie z.B. dass das Bildungssystem "gerecht" oder "ungerecht" sei. Das Ideal der "Chancengleichheit" ist auch ein moralisches.
    Ich meine, dass Moral in der Politik keine Ursache ist, die Politik keinen moralischen Zweck verfolgt, es aber durchaus Moral gibt, die die tatsächlichen Zwecke legitimieren (!) soll. Ein Beispiel dafür war "Chancengleichheit", die sich schon dadurch als nur vorgetäuschte Moral zeigt, da sie nicht für alle Menschen (inkl. der reichsten) gelten soll, sondern nur für Lohnabhängige.
    Daher halte ich es auch für einen Fehler Politiker moralisch zu bewerten, weil das nicht dem Wesen ihrer Arbeit entspricht - außer natürlich bei den meisten in Form von Legitimationen.
    Gerade in demokratischen Staaten sind diese Legitimationen sehr wichtig und auch nicht nur im Wahlkampf - man denke nur an den Rücktritt von Bundespräsident Köhler.
    Er hatte den Militäreinsatz in Afghanistan mit der Außenhandelsbilanz bzw. Profit begründet und nicht, wie erforderlich, mit moralischen Kampfbegriffen wie Freiheit, Frieden, Demokratie, usw.
    Ich hoffe damit ist deutlich geworden wie ich den Begriff "Moral" in diesem Kontext meine und warum ich ihn benutzt habe (auch wenn ich nicht weiß, welchen Beitrag Du meintest).

    Inwiefern will er das? Aus dem Duell ging das für mich nicht hervor. Bei der CDU weiß man auch sowieso, dass das nur heiße Luft ist.

    Ich bezog mich da auf eine bestimmte Stelle, zu der hatte ich etwas geschrieben im Beitrag
    RE: Ist die AfD eine demokratische Partei?

    und dann nochmal auf Gymsharks Nachfrage ein kurzes Zitat
    RE: Ist die AfD eine demokratische Partei?



    Deinen zweiten Satz finde ich ganz interessant.
    Inwiefern weiß man bei der CDU sowieso, dass es nur heiße Luft ist?
    Gilt das auch für andere Parteien (welche), aber bei der AfD nicht (warum)?
    Der Voigt sagt ja, dass es bei der AfD (!) nur heiße Luft sei.

    (Um Missverständnissen vorzubeugen: aus meiner Sicht ist es bei allen Parteien "heiße Luft" - auch wenn ich das nicht so ausdrücken würde.)

    Dazu, dass der CDU-Kandidat die AfD rechts überholen will, kam bisher kein Kommentar.

    Das erweckt bei mir den Eindruck, dass die Politik der AfD für viele, die die AfD kritisieren, gar nicht das Problem ist, sondern lediglich die Art und Weise, wie sie beworben wird. (Vgl. "Rückführung" vs. "Remigration")
    Als ob man in der Sache eine Politik wie die der AfD in Ordnung findet, oder sie sogar wünscht - nur eben ohne rechtes Vokabular.

    Wobei Begriffe wie "Leitkultur" und Formulierungen wie "wir müssen schneller abschieben" "im großen Stil" zumindest vor einigen Jahren noch als rechtes Vokabular gegolten hätten.

    plattyplus: Die Befürworter vom Gymnasien sind in der Regel auch Befürworter von Selektion und würden diesen von dir (ironisch) vorgeschlagenen Vorgang nicht befürworten.


    Der Witz ist ja, dass eine Einheitsschule die Selektion durch Konkurrenz nicht aufhebt. In Ländern, in denen quasi alle den selben Abschluss haben, kommen andere Kriterien dazu, z.B. das renommée der Schule, Auslandsaufenthalte, usw.

    Das machen die Politiker die wiedergewählt werden wollen. Um sich bei der Wählerklientel nicht unbeliebt zu machen, werden halt die Anforderungen so gesetzt dass es mehr auf das Gymnasium schaffen oder es tatsächlich bestehen.

    Blöd nur dass es mit Mathe an der Uni oder gar der allgemeinen Studierdähigkeit trotzdem nicht funktioniert. Aber das werden die dann schon noch ändern :teufel:

    Wer sind "die"? Meinst Du die Unis, die Ihre Anforderungen und Prüfungsniveaus auch senken, analog zu den Schulen?
    (Dort findet diese Entwicklung ja auch von unten nach oben statt, also von den GS zu den weiterführenden Schulen und bis dann eben ggfs. auch den Unis)

    Produziert unsere Gesellschaft wirklich massenhaft Hochgebildete oder haben wir heute durch die Abiturschwemme einfach nur mehr Studienanfänger, die dann in den ersten Semestern das Studium wieder abbrechen, weil sie doch nicht studierfähig sind, während in den 1950ern die Abiturienten das Studium in Masse dann auch wirklich geschafft haben?


    Das ist auch eine interessante Frage, aber ich wollte ja nur was dazu gesagt haben, dass m.E.

    - der Staat Bildungspolitik betreibt bzw. Einfluss darauf nimmt, versucht zu steuern, u.a. was die Abitur- und Studierendenquoten betrifft

    - dies v.a. im Hinblick auf den Arbeitsmarkt geschieht


    Das scheint ja hier strittig zu sein.

    Wer sagt denn das, ich sehe nach wie vor nur Vermutungen von dir. Wenn dem bislang so gewesen wäre, hätte man lange schon auf diese Weise gesteuert.

    Das ist auch der Fall, denk doch nur mal an die Hochschulreformen der 60er und 70er Jahre oder das Hin- und Her mit der verbindlichen Grundschulempfehlung.
    Es gehört zu den Aufgaben jeder Regierung dies zu Steuern. Das ist Bildungspolitik.
    Meine Vermutung kannst Du unter anderem bei der Bundeszentrale für politische Bildung nachlesen zum Thema "Arbeitsmarktpolitik":
    https://www.bpb.de/themen/arbeit/arbeitsmarktpolitik/55048/neues-steuerungsmodell-und-verwaltungsmodernisierung/
    oder "Bessere Schulen mit Hilfe von Daten?":

    https://www.bpb.de/themen/bild…ten/#node-content-title-1


    Meine Mutter wäre gern Journalistin geworden, ihr Vater meinte, eine Banklehre sei einträglicher und Mittlere Reife reiche für eine Frau. Sie war eine sehr gute Grundschülerin, das waren aber nicht die Entscheidungsgründe des Vaters Ende der 40er Jahre. (In der Klasse meiner Mutter saßen übrigens die Kinder wohlhabender Familien am Fenster, die aus armen Verhältnissen an der Wandreihe. Das wurde nicht kommuniziert, aber jeder wusste das.)

    Das Gymnasium hatte damals einen anderen Ruf, es war Bildungsbürgertum vorbehalten, Jungen, die Rechtsanwälte und Ärzte werden sollten und Latein zu rezitieren hatten. Realschulen hatten eine Bedeutung, man konnte es in vielen Berufen "zu etwas bringen", aka Häusle baue.


    Inzwischen ist das Gymnasium zum Standard geworden, viele Eltern möchten, dass ihr Kind zwei Fremdsprachen lernt, gute Allgemeinbildung bekommt, auf Anhieb jeden Schulabschluss machen kann, ihm jede Möglichkeit offen steht. Ich behaupte mal frank und frei, seit 1950 hat sich das Bildungsverständnis grundlegend geändert. Standesdünkel gibt's aber immer noch.


    Das stimmt alles, aber dieser Sinneswandel hat seine Ursache in den sich verändernden materiellen Bedingungen (Anstieg und Dominanz des dritten Sektors).

    Keine kapitalistische Gesellschaft produziert massenhaft hochgebildete, wenn es für sie keine produktive Verwendung gibt.

    Ergänzung/fun fact:


    Sächsische AfD Fraktion (anlässlich der Noten-Inflation):

    "Die AfD steht dafür, dass nur die besten Schüler aufs Gymnasium gehen sollten, um danach studieren zu können. Alle anderen sollten auf den Oberschulen praxisnah auf eine Berufsausbildung vorbereitet werden.

    Wir haben in Sachsen ein Defizit an Handwerkern, Pflegern und technischen Fachkräften. Es ist deshalb der falsche Weg, Unmengen an Akademikern durch eine Absenkung der Anforderungen hervorbringen zu wollen."


    (Dass die AfD die Abi-Quote senken will ist comedy-mäßig natürlich eine extrem low hanging fruit à la heute show ;-))


    Du hast Recht, dass niemand in den Kopf eines Menschen hinein schauen kann.
    Wenn z.B. ein Wahlversprechen gebrochen wird, kann man so gesehen nie wissen, ob es eine Lüge war, oder nicht.
    Wenn ein Wahlversprechen umgesetzt wird, kann man so gesehen nie wissen, ob es die dafür genannten Gründe waren oder andere.

    Zu den Entscheidungen im Bildungswesen:
    In allen Politischen Bereichen wird ohne Ende alles mögliche und unmögliche ausgerechnet. Man denke nur an die demografische Entwicklung und deren Auswirkungen. Gerade wir Lehrer kennen das auch bzgl. prognostizierter Schülerzahlen, Lehramts-Studienplätzen usw.

    Es gibt Steuerungsmodelle für die verschiedenen politischen Ressorts und deren Verwaltungen, z.B. "New Public Management".

    Bzgl. der angestrebten Quoten der verschiedenen Schul- Berufs- und Studienabgänge ist es v.a. die "Output-Steuerung" des Bildungsmonitorings.

    Anhand aller möglicher Datensammlungen, u.a. die von den RPs eingesammelten Schulstatistiken, wird entschieden: was muss getan/investiert/reformiert werden, damit am Schluss (eher) diese Abschlüsse (und deren Nutzen für das Wirtschaftswachstum) heraus kommen.


    Man könnte mal umgekehrt fragen: Warum gehen heute mehr Kinder aufs Gymnasium als vor 100 Jahren?
    Warum studieren heute viel mehr als z.B. 1950?
    Das halte ich schon für so offensichtlich, dass man es gar nicht explizit erläutern muss. Falls doch genügt sicher ein Schaubild zur Entwicklung der Sektoren (s.u.).


    Das ist keine Frage des Geschmacks, der Meinung oder Moral, sondern hat eine objektive materielle Ursache, nämlich den Stand der technischen Entwicklung eines Landes, verfügbare Ressourcen, usw.





    In Sachsen gab es lange Zeit keine Gesamtschulen, stattdessen bindende GS-Empfehlung. Unzufriedene Eltern, (die ein nicht unerheblicher Teil der Gesellschaft sind, will ich meinen) haben eine Initiative gegründet, diesen Umstand zu ändern. Politiker*innen (die ein nicht unerheblicher Teil der Gesellschaft sind) haben ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Gesamtschulen ermöglicht. Da ging es ganz klar darum, nicht so früh zu trennen, größere Gerechtigkeit herzustellen und keine beruflichen Wege zu früh zu verbauen und nicht um gezielte Steuerung von Abiturientenquoten. Was sich daraus ergibt, steht auf einem anderen Blatt.


    Da hätte ich gar keinen Einwand, sondern möchte noch ergänzen:
    "größere Gerechtigkeit" in der Konkurrenz, um Potentiale noch mehr auszuschöpfen für noch mehr Profit.


    "nicht so früh zu trennen" -> Zu welchem Zweck?
    Hans-Werner Sinn (!) ist übrigens auch ein Befürworter der Gesamtschule wegen der Chancengleichheit.
    Er sagt z.B.:
    "Die frühe Aufspaltung der Schüler ermöglicht es, die Begabten besonders gut zu fördern. [...]
    Dennoch reicht der Vorteil der besseren Begabtenförderung nicht aus, den offenkundigen Nachteil zu kompensieren,

    dass Begabungsreserven bei den Arbeiterkindern nicht ausgeschöpft werden. Auf den deutschen Gymnasien finden sich viele, die dort eigentlich nicht hingehören, und unter Handwerkern und Arbeitern gibt es viele, die das Zeug zum Akademiker gehabt hätten – wären sie rechtzeitig gefördert worden.“
    Die OECD z.B. hat ja auch einen großen Einfluss auf die Bildungspolitik, man denke nur an PISA, und forciert eine möglichst hohe Quote an möglichst hohen Abschlüssen, da dies u.a. zu weniger Arbeitslosigkeit, höherer Gesundheit, usw. und letztlich einen größeren Wirtschaftswachstum führe.

    Also: ob es nicht doch einer der Entscheidungsträger moralisch gut meint, weiß ich auch nicht mit Sicherheit; aber ich hoffe es wurde ein wenig deutlich weshalb ich daran zweifle.

    Ich habe das Duell nicht gesehen, aber die CDU ist doch in Thüringen in der Opposition. Was meinst du in dem Zusammenhang mit "umsetzen"?

    Voigt bezog sich auf den AfD Landrat in Sonneberg:


    "die harte Haltung, die Herr Höcke immer versucht zu vertreten [...] Aber was passiert?

    Keine Bezahlkarte, keine Arbeitsverpflichtung, nichts!"

    Ich habe das TV Duell Höcke - Voigt nicht in Gänze gesehen, aber im Teil zur Ausländerpolitik inszenierte sich der CDU Kandidat als derjenige, der das Umsetzt, was die AfD fordert und dort, wo sie könnte, bisher nicht umgesetzt hat.

    Menschen sind per se unterschiedlich. Das hat nicht nur kognitive Gründe sondern auch z.B. Interessens-/Motivationsgründe. Dafür bietet unser Bildungssystem bestimmte Ausprägungen an die aber wiederum eine Vielzahl an Verflechtungen aufweisen die ohne Probleme Anpassungen an die individuelle Bildungskarriere ermöglichen.

    Wer also propagiert unser Bildungssystem ist unfair und nicht durchlässig hat entweder keine Ahnung oder verfolgt ganz andere Interessen. :aufgepasst:

    Das ifo Institut kritisiert:

    "Je nach dem familiären Hintergrund der Eltern beträgt die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, zwischen einem Fünftel und vier Fünfteln. [...]

    Die entscheidenden Faktoren für die Bildungschancen von Kindern in Deutschland sind Bildung und Einkommen der Eltern."

    Würdest Du dieser Diagnose zustimmen, dass das tatsächlich so ist?
    (Nur um zu prüfen, ob wir uns bis dahin einig sind.)

    Falls ja, inwiefern würdest Du das nicht als unfair beschreiben?
    Würdest Du sagen, dass es aus Deiner Sicht dennoch nicht unfair ist, da ja auch die Kinder, die statistisch geringere Chancen haben als andere, dennoch eine Chance haben und es eben an ihnen liegt, ob sie sie nutzen?
    Überspitzt gesagt: auch das Kind aus den schlimmsten Verhältnissen kann Präsident werden, es muss sich nur genug anstrengen.
    Das wäre ja auch tatsächlich nicht falsch - nur eben sehr unwahrscheinlich.
    (Vielleicht liegt der Dissens darin, was man als "fair" versteht.)

    Dann schreib das doch und stelle nicht irgendwas als offensichtliche Feststellung hin, was keine ist. Was "natürlich" und "tatsächlich" ist, weiß hier niemand.

    "natürlich" schrieb ich in dem Fall, wo mir etwas so offensichtlich schien, dass es keiner Erklärung mehr bedarf. Falls das nicht der Fall ist bitte konkret darauf hinweisen.
    Hier ging es ja darum, dass ein Angehöriger einer Minderheit, die vorher beruflich diskriminiert wurde, nicht mehr diskriminiert wird. Das scheint mir "natürlich" positiv für diese Person. Ist das unklar oder strittig?

    Das "tatsächlich" hatte ich in meinem Beitrag explizit erläutert:


    "Diese nachvollziehbaren Urteile haben jedoch nichts mit den tatsächlichen Gründen der bindenden Grundschulempfehlung zu tun. Nicht "tatsächlich" in dem Sinn, dass die genannten Personengruppen zwar betroffen sind von derlei Änderungen, aber nicht von ihnen entschieden werden und daher auch nicht aus deren Gründen. Die Gründe (tatsächlichen) Gründe sind dort zu suchen, wo diese Entscheidungen (tatsächlich) getroffen werden."

    Falls unklar ist, wie es gemeint ist, bitte einfach sagen. Das kann man das ja klären und dann weiter gucken, wo der Dissens liegt.

    Bildungspolitik richtet(e) sich also nur nach dem Arbeitsmarkt und der Schaffung bester Bedingungen für diesen? Das wäre ja die gezielteste, am besten und über Jahrzehnte stringentesten umgesetzte, alle Bundesländer miteinbeziehende Maßnahme der Bildungspolitik in Deutschland, die es je gegeben hat. Kapitalismus als System hat sicher eine sehr hohe Wirkkraft und prinzipiell kann ich den von dir beschriebenen Faktor Arbeitsmarkt auf Bildungspolitik auch absolut nachvollziehen. Ich bezweifle allerdings, dass der Faktor so groß ist, wie du ihn darstellst und vor allem, dass es der einzige Faktor wäre.

    Hallo tibo,
    dass es der einzige Faktor wäre, glaube ich auch nicht. Ich schrieb ja:

    "Das Bildungswesen dient in erster Linie der Bereitstellung eines möglichst passenden Angebots an den Arbeitsmarkt."
    Ich glaube also auch, dass es noch andere Faktoren gibt.
    (Darüber wie groß dieser Faktor ist im Vergleich zu anderen, könnte man wohl erst diskutieren, wenn man sich über die anderen Faktoren einig wäre.
    Eine Argumentation dazu, z.B. dass das Sortieren der Schüler wichtiger ist als Lerninhalte, könnte z.B. so aussehen, dass es auch mit einem Fünfer in einem Fach im nächsten Jahr darauf aufbauend schwieriger weiter geht - gegen jede Didaktik. Aber das jetzt nur als Erläuterung auf was z.B. ich hinaus will.)


    Bildungsgerechtigkeit als moralische Ursache für Bildungspolitik würde ich deswegen nicht ausklammern - vor allem, weil du es so darstellst, als könne das Verhätlnis zwischen Einfluss kapitalistischer Interessen und moralischer Interessen in der Bildungspolitik nicht geändert werden.

    Dazu, ob das geändert werden könnte, wollte ich gar nichts gesagt haben.
    In meinem Ausgangsposting bezog ich mich ja auf die auch hier im Forum ausgesprochen moralischen Urteile dazu, ob diese oder jene Bildungspolitik denn "gerecht" sei. Dazu wollte ich gesagt haben, dass diese moralischen Argumente m.E. in den bildungspolitischen Entscheidung derer, die tatsächlich entscheiden, also die Legislative bzw. deren Regierungsmehrheit, keine Rolle spielt - sondern nur kapitalistische Interessen. (Letzteren Begriff jetzt mal ohne Anführungszeichen, weil Du ihn ja auch genutzt hast.)

    Es gibt m.E. schon eine "Moral" in der Politik, aber nur in der Form, dass jede Politik von einer diese unterstützende Moral begleitet wird.
    Neulich erwähnte ich im AfD-Thread hier im Forum, wie mit dem selben Grundgesetz Homosexuelle früher verfolgt und heute geschützt werden. Auch diese beiden Varianten haben ihre jeweilige Moral, die sie rechtfertigte.

    Zur "Bildungsgerechtigkeit":
    Ich erläutere meinen Hinweis darauf mal noch ein wenig, damit klarer wird was ich meine und Du ggfs. auch besser kritisieren kannst.

    Ich könnte mich der Formulierung, dass es "moralische Ursachen für Bildungspolitik" gibt, schon anschließen im Sinne des Wählerwillens.
    Die Grundschulempfehlung oder G9 sind ja Themen, die einer gewissen Wählerklientel sehr am Herzen liegt - sicher auch aus moralischen Gründen; z.B. dass das zu früh oder zu viel Konkurrenzdruck sei, oder eine zu starke Belastung für die Jugendlichen sei, die zu wenig Freizeit hätten.

    Die Parteien greifen diese (moralischen) Interessen auf und entwickeln entsprechende Angebote, die tatsächlich ggfs. auch moralisch begründet werden. Ich glaube allerdings, dass diese Moral nur ein Mittel zum Zweck ist Wählerstimmen zu erhalten - man denke nur an den Begriff "Wahlversprechen".
    (Ob die jeweiligen Politiker ihre Aussagen selbst glauben oder nicht, oder ob sie später an sog. "Sachzwängen" scheitern, die manchmal auch "alternativlos" sind, spielt hierbei insofern keine Rolle. Eine Moral, wenn es sie mal gegeben hat, muss sich spätestens in der ersten Koalition der Staatsräson beugen.)

    Nochmal kurz zu diesem Begriff "Bildungsgerechtigkeit" und meiner Kritik daran:

    Wirtschaftsliberale wollen m.E. durch Minderheitenförderung etc. dafür sorgen, dass bisher ungenutzte Potentiale an menschlichen Resourcen nicht weiter verloren gehen. Wenn eine Frau, ein Homosexueller, ein Dunkelhäutiger, ein Behinderter, usw. einem Arbeitgeber Gewinn erarbeiten könnten, und gar mehr Gewinn als andere Arbeiter, aber dies Diskriminierung verhindert wird, ist das ein Problem bzw. entgangener Profit.
    Auch arme Schlucker, die niemals die Studiengebühren einer guten oder gar Elite-Uni bezahlen könnten, wollen gefördert werden - selbstverständlich nur, wenn sie stets ihre guten Leistungen nachweisen (im Gegensatz zu Reichen). Es gibt also bestimmte Gründe oder Bedingungen für diese Art der Bildungsgerechtigkeit.


    Viele Linke, sonst eher das Gegenteil der Wirtschaftsliberalen, gehen mit diesen Forderungen d'accor. Ihr Interesse ist dabei nicht der maximale Profit, sondern ein Ideal der Gleichheit. Diesem Ideal würde auch ich mich anschließen, aber ich kritisiere, dass es hier nur um eine Chancengleichheit in der Konkurrenz (!) geht. Der krasse Unterschied zwischen sehr wenigen, die fast alles besitzen, und sehr vielen, denen fast nichts gehört, wird dadurch überhaupt nicht aufgelöst.
    Im besten Fall würde eine materiell homogene(re) Masse an Lohnabhängigen entstehen, während der Unterschied zwischen einer riesigen Mehrheit an Armen und einem winzigen Teil Reicher nicht nur erhalten bliebe, sondern durch den profitableren Einsatz sogar noch größer wird. Die Schere klafft also noch weiter auf.


    Die Gleichheit in der Konkurrenz der Lohnabhängigen erschließt dem Markt neue Potentiale und verstärkt die Konkurrenz zu noch höheren Profiten.
    Für die ehemals oder noch diskriminierten ist es natürlich ohne Zweifel ein Vorteil, nun können auch sie an der Konkurrenz teilnehmen, von der sie bisher ausgeschlossen oder in dieser benachteiligt wurden. Trotzdem erscheint es mir, gerade von Linker Seite, geradezu zynisch, diese Ausweitung des Kapitalismus für eine insgesamt gute Sache zu halten.

    Ich versuch es nochmal auf den Punkt zu bringen:

    Die Ungleichheit, die beseitigt werden soll, bezieht sich nicht auf alle Menschen, universell, sondern nur auf bestimmte, nämlich Lohnabhängige.
    Die Lohnabhängigen sollen noch fairer miteinander konkurrieren für noch mehr Wachstum.


    Ich fürchte die Formulierungen waren teilweise etwas polemisch; frag bitte ggfs. nach, falls ich mich zu vage ausgedrückt habe (ist ja ein großes Fass, das jetzt nicht allein das Thread-Thema oder nur Bildungspolitik berührt).

    Ich bin explizit ausgenommen, da ich nun schon zwei Monate wieder mein Netto Einkommen wie vor der Inflationsausgleichsprämie habe und keine Erhöhung erhalten habe. Das ist also definitiv, da muss ich nichts mehr abwarten. Fraglich, ob dies rechtens ist. Hoffe auf GEW, ansonsten Anwalt.


    Mit "explizit ausgenommen" meinst Du von Deiner Chefin, da sie Dir weniger Geld überwiesen hat, richtig?

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