Zur Frage der Deklination von Nomen und den entsprechenden Kasus fiel gerade mir ein, dass man das wohl ziemlich gut im Weddige Grammatik nachlesen kann. Daraufhin habe ich mir gedacht: GIDF.de
Hier also ein kurzer Abriss eines Andy Schalm zum Deklinationssystem von Nomen, wie es hierzulande mal vorhanden war und (Sprache ändert sich, Tempus fugit!) nun schon lange GsD sehr vereinfacht worden ist.
Etwas Besseres habe ich so schnell sonst nicht gefunden. Wer an so etwas tiefergehendes Interesse hat, der kann dazu ja Seminare belegen oder sich im Selbststudium verlieren. So willkürlich, wie manche:r glaubt, ist Sprache eben nun auch wieder nicht, obwohl Arbitrarität schon auch ein großes Thema ist.
Ein Vergleich der Deklinationen der Substantive im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen
ANDY SCHALM (AUTOR:IN), 2006
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Die Entstehung des Althochdeutschen
2. Die Deklination der Substantive im Althochdeutschen
2.1 Die Vokalische Deklination
Die o-Deklination
Die a-Deklination
Die i-Deklination
Die u-Deklination
Die Konsonantische Deklination
3. Die Entwicklung zum Mittelhochdeutschen
4. Die Deklination der Substantive im Mittelhochdeutschen
4.1 Die Vokalische Deklination
Die o-Deklination
Die a-Deklination
Die i-Deklination
Die Konsonantische Deklination
5 Ein Vergleich der Deklinationen im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen
Literatur
Einleitung
Das Ziel dieser Arbeit ist es, Merkmale der Deklinationsarten der Substantive im Althochdeutschen und im Mittelhochdeutschen aufzuzeigen, möglichst in einer Form, welche die Möglichkeit zum Vergleich bietet. [...] Vorgänge und Tendenzen in der Entwicklung der deutschen Sprache von 750 bis etwa 1350 sollen sichtbar gemacht werden. Es bleibt zu überprüfen, ob sich die vom Indogermanischen zum Althochdeutschen begonnene Vereinfachung des Kasussystems (von 8 Kasus zu 4) zum Mittelhochdeutschen hin fortgesetzt hat. Ein weiterer Punkt, der Betrachtung erfordert, ist die von althochdeutscher zu mittelhochdeutscher Zeit erfolgte Abschwächung bzw. Schwund der Endsilben und inwiefern dies die Unterscheidungsmöglichkeiten zwischen den Klassen beeinflusst.
[...]
1 Die Entstehung des Althochdeutschen
Das Althochdeutsche stellt die erste Entwicklungsphase des Deutschen dar. Die deutsche Sprache bildete sich in einem langwierigen Prozess aus den Sprachen der germanischen Großstämme, besonders auf elbgermanischer und Weser-Rhein-germanischer Grundlage, heraus und wuchs allmählich durch sprachlichen Ausgleich zu einer Einheit zusammen.[1] Es hat weder ein einheitliches Urdeutsch noch ein einheitliches Westgermanisch als unmittelbare Vorstufe des Deutschen gegeben.[2]Aus historischer Sicht war die Einigung des Frankenreiches unter den Karolingern eine wesentliche Vorraussetzung dafür. Großen Einfluss auf die Entwicklung des Deutschen übte auch die Ausbreitung des Christentums aus.
Das Althochdeutsche ist keine einheitliche Sprache, wie der Begriff suggeriert, sondern die Bezeichnung für eine Gruppe westgermanischer Dialekte, die südlich der so genannten „Benrather Linie“ (die von Düsseldorf-Benrath ungefähr in west-östlicher Richtung verläuft) gesprochen wurden. Diese Dialekte unterscheiden sich von den anderen westgermanischen Sprachen oder Dialekten durch die Durchführung der Zweiten (oder Hochdeutschen) Lautverschiebung.
Die erste Phase des inschriftlichen Vordeutschen wird von 500/600 bis 750 angenommen, während die zweite Phase, die des literarischen Deutsch, mit dem Beginn der schriftlichen Überlieferung um 750 einsetzt und mit der durchgreifenden Abschwächung der volltönenden Nebensilbenvokale im 11.Jahrhundert endet.[3] Die Einteilung des Althochdeutschen in diese zwei Phasen hebt den Übergang von der Mündlichkeit der sprachlichen Kommunikation zur zweiseitigen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Es konnte nun nicht nur gesprochen und gehört werden, sondern es war auch möglich, zu lesen und zu schreiben. Da aber keine geeigneten eigenen Schriftzeichen bereitstanden, bediente man sich des lateinischen Alphabets. Im Lateinischen waren viele wesentliche Inhalte des christlichen Glaubens aufgezeichnet, die dem deutschen Leser und Sprecher vermittelt werden sollten. Im 8. Jahrhundert tauchen am Rande lateinischer Texte deutsche Worterklärungen und Glossen auf, welche eine Vorstufe zur vollständigen Übertragung derselben darstellten.
2. Die Deklination der Substantive im Althochdeutschen
Das althochdeutsche Substantiv weist, wie das neuhochdeutsche, drei Kategorien auf: Numerus, Genus und Kasus. Von den acht indogermanischen Kasus sind noch vier erhalten: Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ. Der Nominativ hat die Funktion des Vokativs mit übernommen. Lokativ, Ablativ und Instrumental fielen mit dem Dativ zusammen. Lediglich Reste des Instrumentals sind im älteren Althochdeutschen im Singular des starken Substantivs und Pronomens erhalten.
Die Deklination des Substantivs richtet sich nach der Bildung des Flexionsstammes. Bei vokalischem Thema (Bindelaut oder Bindelautgruppe zwischen Wurzel und Kasusendung) wird die Art der Deklination vokalisch oder stark genannt, bei konsonantischem Thema handelt es sich um die konsonantische bzw. schwache Deklination.
Allerdings sind durch die Stammbetonung und die Auslautgesetze teilweise Thema und Endungen miteinander verschmolzen, zum Teil geschwunden, wodurch eine Zerlegung in Wurzel, Thema und Endung nicht mehr bei allen Kasusformen möglich ist.[4]
Von der athematischen Deklination, welche neben der thematischen Deklination noch im Gotischen gebräuchlich war und bei der die Endung ohne Thema direkt an die Wurzel tritt, sind im Althochdeutschen nur noch Reste erhalten.
2.1 Die Vokalische Deklination
Die vokalische Deklination kennt entsprechend dem Thema, welches an die Wurzel trat, a-, i-, o- und u-Stämme.
DIE O-DEKLINATION
Die althochdeutsche o-Deklination entspricht der indogermanischen a-Deklination.[5]Die Zahl der o-Stämme ist groß, obwohl ihr nur Feminina angehören. Neben den reinen o-Stämmen gibt es auch jo - und wo -Stämme. Während aber die jo -Stämme einige Besonderheiten zeigen (aber im 9. Jahrhundert mit den o-Stämmen zusammenfallen), flektieren die wo -Stämme genauso wie die normalen Stämme.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nominativ und Akkusativ waren bereits im Althochdeutschen gleich. Das der Nominativ vormals endungslos war, zeigt sich aber noch bei den femininen Eigennamen, z.B. Hiligunt oder Brunihilt.
Bereits im 9.Jahrhundert besteht die Neigung, Dativ und Genitiv auszugleichen. Nach und nach dringen die Dativformen in den Genitiv ein – eine Tendenz, die ihre Fortsetzung im Mittelhochdeutschen findet.
DIE A-DEKLINATION
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die althochdeutsche a-Deklination entspricht der indogermanischen o-Deklination.[6]Im Genitiv und Dativ Singular sind die mit e gebildeten Formen die Normalformen. Im Dativ Plural ist -um/-un mehr im Bairischen und Alemannischen –om/-on dagegen mehr im Fränkischen anzutreffen. Das Beispiel tag stellt für die althochdeutschen Maskulina den Regelfall dar, denn die meisten, auch mehrsilbige, flektieren genauso, z.B. himil, kuning, sluzzil. Auch die auf Konsonanten endenden maskulinen Eigennamen flektieren so. Im Akkusativ Singular jedoch weichen sie von der Form des a-Stammes ab und enden auf –an, z.B. Petrusan. Neutrale a-Stämme sind z.B. jar, serund barn oder auch mehrsilbige wie honag, houbit und magatin.
DIE I-DEKLINATION
Während die i-Deklination im indogermanischen auch noch Neutra einschloss, umfasst sie im Althochdeutschen nur Maskulina und Feminina. Auch flektierten Maskulina und Feminina im Indogermanischen gleich, während aber im Althochdeutschen die maskulinen i-Stämme im Singular komplett die a-Deklination übernommen haben. Das ist auch der Grund dafür, warum manches Wort im Plural sowohl nach der i- als auch nach der a-Deklination flektiert werden kann.[7]
Eine Unterscheidung von lang- und kurzsilbigen i-Stämmen wie im Altsächsischen und Angelsächsischen gibt es im Althochdeutschen nicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Viele Maskulina flektieren wie gast, aber noch zahlreicher vertreten sind die Feminina, besondern bei Abstrakta die auf –scaft, -heit und –t enden, wie z.B. gomaheit oder landscaf.
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[1] Wilhelm Schmidt: Geschichte der deutschen Sprache. Stuttgart; Leipzig 1996, S.171
[2] Agricola, Fleischer, Protze (Hrsg.): Kleine Enzyklopädie: Die Deutsche Sprache, Bd.1. Leipzig 1969, S.104
[3] Schmidt, S.171
[4] Schmidt, S.204
[5] Schmidt, S.206
[6] Schmidt, S.204
[7] Schmidt, S.206