Beiträge von Finnegans Wake

    Ich glaube, das würde bei mir eher wie bei den Schüler:innen laufen:

    An einem guten Tag: Haps. "Füüüühren Sieeeee nuuuun die Äääääärdbeeeeere gaaaanz laaaaangsaaaam..." Ich: "Welche Erdbeere?"

    An einem mittleren Tag: Plopp, Erdbeere fällt auf den dreckigen Hallenboden. Wischen nicht bezahlt. Sie kullert herum, aber ich kann sie einfangen und abwaschen. Auf dem Weg zurück esse ich sie auf.

    An einem schlechten Tag: Plopp, die Erdbeere fällt. Sie rollt durch das halbe Viertel. Beim Verfolgen schubse ich einen Rentner mit Gehstock um, der die Erbeere haben will und falle anschließend vom Gehsteig. Danach laufe ich zurück und wasche die Erdbeere. Dabei fließt mir leider - hupsi - das Wasser über den gesamten Boden. Ich rutsche aus und verunfalle. Da ich den Arbeitsort verlassen habe, ist es aber kein Arbeitsunfall.

    Kopfkino :D :D :D

    :D 6 zusätzliche Termine (vermutlich abends oder am WE) würden mich gar nicht entspannen.

    Wenn ich mir die Termine völlig frei aussuchen könnte, diese dann ohne Diskussion bezahlt würden, dann würde ich Konzerte, Partys etc. nutzen anstelle der Therapietermine. Denn solche frei gewählten Termine tragen mich durch das Jahr, erhalten mir meine gute Laune und lassen mich im Anschluss ein inneres und äußeres Lächeln mit mir herumtragen. Und relativieren den schulischen Stress, indem ich erlebe, was mir wichtig ist. Das gibt mir die nötige Energie für den (Schul-)Alltag. Also, wie schaut's mit der Finanzierung? Oder Freistellung montags, wenn ich von meiner WE-Therapie müde bin?


    PS: Bis auf den kleinen ironischen Teil mit der Finanzierung ist der Rest wirklich ernst gemeint!

    Noch zwei Anmerkungen:

    Meine Betrachtungen stammen aus dem speziellen Biotop BBS. Für andere Schulformen kann ich wenig sagen außer bzgl. GS: Da rödeln sauviele vor sich hin mit einem Engagement und einer Bindung zu ihren Kids... Wahnsinn. Und da sehe ich auch, dass das Schimpfen durchaus auch der Psychohygiene dienen kann.

    Und die zweite Anmerkung: Sehr erfreulich, dass sich ein so sachbezogener Austausch entwickeln konnte :)

    Und wie geht es ihnen damit? Sie haben doch den Vergleich, oder?

    Das ist im Einzelnen schwierig zu sagen, aber ich höre eher bei denen, die früher mal als Alternative zur Arbeitslosigkeit LuL geworden sind, eher Klagen über den Job, als bei denen, die als Erwachsene sehr bewusst die Entscheidung zum Quereinstieg getroffen haben.

    edit: Nach Jahren "draußen" muss man sich natürlich an andere Abläufe und Bedingungen des Subsystems Schule im speziellen System ÖD gewöhnen. Das sorgt immer wieder für eine Mischung aus Erheiterung und Verzweiflung. Das Unterrichten macht den Leuten aber in der Regel Spaß. So wirkt es auf mich.


    Zu dem anderen Aspekt: Bei mir war die Aufgabe im Büro unterkomplex, musste dennoch konzentriert durchgeführt werden. Da habe ich dein langwierig anders verstanden als sich wie Kaugummi ziehend ;) Das war es leider bei mir.

    Der Rest ist in meinem Büro für die Stadt - manchmal sehr langwierig. Dort geht es viel um interne Prozesse, die leider nicht näher erläutert werden dürfen.

    Ich muss ehrlich zugeben, dass der Teil meines Jobs, wo richtig was los (intensive aber tolle Aufgaben), richtig klasse war, dass aber der andere Teil, bei dem ich im Büro versauert bin, der Grund für den Wechsel war. Büro war nix für mich. Das ist heute mit dem Korrigieren vergleichbar, das muss halt, ist aber durch das Drumherum anders gestaltbar als die öden Bürotage.

    Danke, Work-Life-Balance wäre sicherlich gut für die genannten Lehrer. Fraglich warum sie nicht loslassen können und das Lehrerdasein auch in der Freizeit so eine große Rolle spielt. Ich power mich sehr gerne bei guter Hard-Rock-Musik im Wald aus. Schon alleine meine Augen danken es mir.

    Papa Roach, rage against the machine, In Extremo... sind beim Korrigieren ein schöner Hintergrund. Das macht mich ruhig.

    Und Korrekturen und im Garten sind auch toll. Dann aber ohne Musik.

    Ja die individuelle Erfahrung. Ich hole jetzt nicht die Zitate einzeln aus deinem letzten Post, sondern antworte im Paket ;)


    Ich hatte im IGM-Tarif sehr gute Bedingungen. Jede Überminute (die keine(r) hinterfragt hat) sofort auf dem Zeitkonto, Essen mit Kunden am Abend als Arbeitszeit mit Zuschlag, im ersten Arbeitsjahr bereits mit Anrecht auf PKV (war aber freiwillig GKV), 30 Tage Urlaub + pro Monat ca. zwei Tage Zeitausgleich als freie Tage, die ich stressfrei reingearbeitet hatte (beim Abendessen aber auch bspw. im Zug/Flugzeug beim Anschauen der Filmbibliothek) ... also schon sehr gute Bedingungen. Viel besser als bei dir.


    Was mir wegen mangelnder Disziplin etwas Stress bereitet, ist die von mir verantwortete mangelnde Trennung zwischen Privat und Job. Das ist aber kein riesiges, sorgt aber dafür, dass ich schwerer abschalten kann als früher.


    Mal eine Frage: Auch wenn du dich bewusst gegen das Lehramt entschieden hast, kannst du dich vielleicht doch irgendwann für einen Seiteneinstieg erwärmen, weil unser eigentlicher Job (die Arbeit mit echten Menschen) ein ziemlich toller Job ist.

    Was den Rest angeht: ich verzichte auch auf Lehrer im Freundeskreis. Ich will mich da gar nicht raus nehmen: ja, wir sind ein anstrengender Menschenschlag.

    Situationsbedingt haben wir sehr viele LuL im Freundeskreis. Was mir auffällt: Im Freundeskreis wirkt bei keinem anderen der Job so sehr ins Private hinein. Das heißt, dass sehr viele LuL auch im Privaten nicht loslassen können und sich mit den Aufgaben und Herausforderungen des Jobs weiter beschäftigen. Das hatte ich selbst in der Industrie so extrem nicht erlebt und höre es auch nicht bei den "normalen" Freunden aus der "anderen Welt". Dadurch, dass Job und Freizeit nicht so klar getrennt sind, wirkt der Job bei vielen viel zu sehr in die Freizeit hinein. Da braucht es viel Disziplin, das zu trennen.


    Insgesamt sehe ich im Vergleich zu meiner Industriezeit keinen großen Unterschied in MEINER jährlichen summierten Arbeitslast. Die Belastungsspitzen aber auch die ruhigeren Phasen sind heute ausgeprägter (in der Intensität). Viele geile Goodies von früher gibt's heute nicht mehr, dafür gibt's heute andere Sachen, die "nice" sind. Passt insgesamt. Die etlichen Jahre am Anfang der Zeit als Lehrer mit finanziellen Einbußen werden heute dadurch ausgeglichen, dass ich jetzt besser dastehe. Da ich beide Welten kenne: Passt scho. Aber das ist genauso anekdotisch wie, dass es immer anekdotische Einzelbetrachtungen gibt, mit denen sich beweisen lässt, dass es LuL sooo viel besser haben. Oder sooo viel schlechter. Hängt immer vom entsprechenden Beispiel ab.

    Ach Gott, in den langen Jahren in der Industrie wurde in der Belegschaft auch sehr viel geschimpft. Da erkenne ich jetzt nicht wirklich einen großen Unterschied. Die Gemeinsamkeit, die ich in beiden Bereichen sehe, ist, dass es gar nicht die große Masse ist, die herumnörgelt. Die laute Minderheit tönt aber ziemlich herum. War in beiden Bereichen so.


    Und: Auch in der Industrie wurde firmenintern über die anderen Professionen (in dem Fall waren es die Abteilungen) gelästert:

    DIE "aus der sales, keine Ahnung, verkaufen den Kunden die eierlegende Wollmilchsau und wir baden es aus" "boah ey, wieder die Entwickler, wollen nicht, sagen deshalb, dass es nicht geht" "die after sales erzählen nur Scheiß" "die Dokus sind Korinthenkacker" nur noch gesteigert von "Marketing" [Augenroll].


    Was ich merke: Lehrkräfte sind in ihrem Job häufig Profis des Wissens, des Könnens, des Lernens, des Hinterfragens. Dass in einer solchen Profession entsprechende Charaktere häufiger sind als in anderen Professionen, das ist durchaus eine Wahrnehmung, die ich auch anekdotisch habe.


    Was ich auch bei einigen Lehrkräften höre: Wir haben es so schlecht, draußen könnt ich, da würd ich...

    Also genau das, wie du es andersherum schreibst: "Ich frage mich, ob Lehrer überhaupt wissen, wie es in der anderen Welt aussieht" "Viele meiner Kommilitonen arbeiten in 50plus Stunden/Woche."

    Nachbars Garten ist immer grüner ;) Egal aus welcher Sicht.


    PS: Es ist schon eine interessante Art, sich mit seinem ersten Posting mit massiven Angriffen einzuführen und das dann gleich in einem Ton, wie man es andersherum den Lehrkräften vorwirft: Mit ausgeprägter Nörgelei und Besserwisserei.

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