Beiträge von Katzenfrau

    Ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber du klingst emotional ziemlich involviert. Klar wollen wir, dass unsere SuS es schaffen, aber es gibt viele Baustellen, für die wir nicht zuständig sind. Versuch es vielleicht als Übung für dein späteres Berufsleben zu sehen und dich professionell zu distanzieren (was jetzt leichter gesagt ist, als getan, weiß ich). Aber wenn du das bei jedem Schüler so wahnsinnig nah an dich ran lässt, reibst du dich ganz schnell auf und machst dich kaputt.

    Danke, ich werde es versuchen. Problem ist bei mir leider auch, dass ich durch soetwas ziemlich an meinen eigenen Methoden und an meinem Können zweifele auf diese Weise und das zieht einen ganz schön runter. Ich werde mal schauen, wie es morgen läuft und je nachdem dann mit der Mutter versuchen, das zu besprechen. Weil so kann es ja nicht weitergehen. Die Eltern geben Geld aus, ich verwende Zeit und Mühe und das Kind möchte nicht.

    Ganz ehrlich? Das wird nichts werden, egal was du tust. Wenn "Ben" absolut nicht will, aus welchen Gründen auch immer, kannst du noch so viel Unterrichtsplanung und Lernkarten und Material und was weiß ich reinbuttern. Da müssen erst mal die Eltern ran und eventuell ein Therapeut um was an der Einstellung zu ändern, du als Nachhilfelehrerin kannst da nichts machen. Ich würde das freundlich und sachlich den Eltern erklären, dass die Nachhilfe zum momentanen Zeitpunkt so nichts bring und einen Schlussstrich ziehen.

    Das ist echt schade, vor allem weil ich wirklich die Hoffnung hatte/habe, dass Ben es schafft (und ich will auch, dass er es schafft). Er hatte ja auch schon die Wichtigkeit verstanden, dachte ich zumindest (einmal sagte er, wenn er deutsch kann, darf er seine alte Klasse in China besuchen aber danach waren die Bestrebungen eigentlich weg ... also scheinbar doch nicht verstanden?)

    Hallöchen,

    (Hauptsächlich handelt es sich einfach um ein Problem, aber es ist auch ein wenig Frustabbau mit dabei, da hier hat sich nämlich aufgestaut und ich weiß einfach nicht mehr weiter)


    das Problem ist etwas komplex, daher fange ich erst einmal mit meiner Person an. Ich bin 21 (weiblich), studiere Deutsch und unterrichte seit einem Jahr bei der Schülerhilfe und seit ein paar Monaten privat. Bei der privaten Nachhilfe hat sich nun folgende Problemstellung entwickelt:


    Der Anonymität halber nenne ich den Nachhilfeschüler Ben. Ben ist 10 Jahre alt und kam im April letzten Jahres mit seiner Familie aus seinem Heimatland China nach Deutschland. Hier wurde Ben eine Klasse zurückgestuft und begann dann Deutsch zu lernen. Die Familie ist sehr darin investiert, dass Ben so schnell und so gut wie möglich Deutsch lernt, insbesondere das Sprechen. Erstes Problem: Ben möchte auf Biegen und Brechen nicht sprechen. Der Status bei Beginn meiner Nachhilfe war: Ben sprach wenige Worte und hat sich vorrangig durch Nicken und Kopfschütteln mitgeteilt. Als ich anfing ihm Nachhilfe zu geben verbesserte er sich sehr stark. Er legte die Schüchternheit ab, wurde aufgeschlossener, redete lauter und deutlicher und begann auch mehr Vokabeln zu verstehen. Er erzählte, dass er Tiere, Superhelden, Fußball und Comics mag und wir haben uns sehr gut verstanden.


    Kurz vor Weihnachten letzten Jahres hat sich die Lage dann jedoch verschlechtert. Ben war noch immer sehr mitteilungsbedürftig, aber er redete kaum noch, sondern teilte sich durch Körpersprache, Zeigen auf Bilder und Google Übersetzer mit. Die Aufgaben wollte er kaum erledigen, stattdessen hat er alles getan um mich davon abzubringen die Aufgaben mit ihm zu machen. Zbsp: Wir fangen an, nach zehn Minuten fragt Ben: "Pause?" (hier schon mal Problem 1. Egal wie oft ich ihm beibringe, wie diese Frage funktioniert und wie er sie stellt und wie er sie ausspricht - ich weiß, dass er sie aussprechen kann -, er spricht sie nicht aus. Stattdessen fragt er "Pause" und grinst mich an.) und wenn ich dann sage, dass wir eine Pause machen wenn er zbsp Aufgabe X fertig hat oder wenn es X Uhrzeit ist, grinst er mich an und fragt immer weiter "Pause? Pause?". ODER er fängt an, die Uhr umzustellen und sagt dann "Uhrzeit Pause" (wieder ein Satz, den er eigentlich kann, aber sich weigert zu sprechen). Einmal hat er sein Portemonaie ausgeschüttet auf dem Schreibtisch und angefangen, Münzen zu zählen ... Ich bin wirklich ratlos, wie ich besonders in diesem Fall damit umgehen soll. Ich kann ihn nicht zwingen, aber Rationalität hilft auch nicht weiter und auf fragen wie "Warum möchtest du Pause machen" antwortet er nicht.


    Ben scheint mich zudem immer leichter an der Nase rumführen zu wollen. Er und ich kommen eigentlich gut klar, aber gerade dadurch "erlaubt" er sich dieses ganze Pausenspiel erst so richtig. Früher hatte er höflich nach einer Pause gefragt, ich habe ihm fünf Minuten gegeben, die er kurz raus konnte, Luft schnappen konnte. Mittlerweile ... naja das konntet ihr ja im obrigen Absatz lesen wie es mittlerweile um das "höfliche Pause fragen" bestellt ist. Ich könnte mir vorstellen, dass es dadurch entsteht, dass er mich mehr als Freundin als als Lehrerin sieht, mit der er so umgehen kann, aber da muss es doch trotzdem eine Lösung dann geben.


    Ein weiteres Beispiel hier ist auch: Ich möchte Vokabeln mit ihm machen und ich sage "Ich zeige auf die Vokabel, du sprichst sie"/"Ich spreche vor, du sprichst nach", aber Ben sagt dann nur "Kann ich". Er hat deutlich verstanden, was ich von ihm möchte, es ist nur wieder dieses "Ich führ dich an der Nase rum weil ich es mir leicht machen will"-spiel. Wieder ein weiteres Beispiel: ich sage ihm "kannst du etwas lauter sprechen" oder "Sprich bitte etwas lauter" und er schreit, also wirklich s c h r e i t, dass ich neben ihm fast vom Stuhl falle vor Schreck.


    Trotz allem frage ich ihn jedes Mal, wie er eine Aufgabe findet und ob er sie machen möchte und respektiere auch, wenn er sie nicht machen möchte oder wenn er nicht schreiben möchte. Ist das zu viel Freiheit?


    Nach einer zweiwöchigen Weihnachtspause starten Ben und ich nun wieder voll durch. Zumindest hatte ich das gehofft. In Wirklichkeit setzt sich eben dieses Verhalten von vor Weihnachten fort. Egal wieviele Aufgaben wir üben, egal wieviel wir Texte, Dialoge, Aufgaben lesen, er spricht nicht frei. Wenn ich ihn etwas Simples frage bleibt die Antwort aus. Ich weiß nicht, ob er schlichtweg nicht mehr mag oder ob er es nicht kann. Für beides habe ich Verständnis. Ich lerne auch chinesisch (auch wenn ich nicht wie er in eine fremde Umgebung gezwungen wurde und nicht gezwungen bin es zu lernen) und hatte eigentlich gehofft, dadurch mit ihm auf eine Wellenlänge zu kommen.

    Jetzt habe ich vor kurzem von der Mutter erfahren, dass sie fürchtet, dass Ben keine Fortschritte macht, weil er nicht spricht. Ich kann sie verstehen und möchte gerne helfen, aber ich kann nicht. Ich weiß nicht, wie ich den Unterricht gestalten soll und wie ich auf Ben zugehen soll, damit er wieder a) Freude b) Motivation und c) Disziplin beim Lernen hat.


    Morgen ist wieder die Nachhilfe und ich habe mir vorgenommen, Ben einmal direkt anzusprechen mit ein paar simplen Fragen. Was soll ich allerdings tun, wenn er darauf auch wieder nicht antworten möchte oder darauf wieder nur mit Google Übersetzer antwortet?


    Wir arbeiten derzeit mit dem Buch "Magnet A1" und dem Arbeitsheft. Beide sind nicht herausragend, aber das Beste, was ich finden konnte. Problem: Die Aufgaben sind sehr repititiv und nicht unbedingt alle interessant. Aber das Buch hat System und die Aufgaben bauen aufeinander auf, außerdem haben die Eltern es teuer gekauft. Ich möchte ungerne, dass das umsonst war und arbeite daher mit Ben das Buch viel durch.


    Ich hatte noch dazu gedacht ein paar "Lern"-spiele einzuführen. Kennt ihr vielleicht gute Spiele oder Spielideen für Kinder die DaF A1 sind und die vielleicht zum Sprechen animieren?


    Meine Unterrichtsplanung für die Zukunft sähe ungefähr so aus:


    - Anfang erstmal Smalltalk (Wie geht es dir, was hast du heute gemacht, hausaufgaben usw) Fällt meistens sehr sehr kurz aus, weil nun ja, Ben versteht mich kaum und spricht kaum.


    - Vokabelliste (er will sie nicht so recht benutzen, vielleicht steige ich auf vokabelkarten um), wir gucken uns Vokabeln der letzten Woche an, vielleicht teste ich ihn auch ein wenig. Er behauptet immer alles zu wissen und trotzdem nutzt er sein Wissen dann nicht ...


    - Alltagssätze (von der Mutter vorgeschlagen, ich weiß nicht wie ich es verwirklichen soll: Zu einem bestimmten Thema, er soll eigenständig fünf Sätze sprechen/aufschreiben/whatever ZBSP beim Bäcker. Frage ist wieder das Wie, wenn Ben das Werkzeug hat, es aber nicht benutzt.


    - Arbeitsheft/Arbeitsbuch Aufgaben


    - Wenn Zeit und Platz ist Grammatik (sind gerade bei Akkusativ und Nominativ, das Buch hat die Zeitformen sowie andere Fälle noch nciht eingeführt, sollte ich vorgreifen? Weil die Zeitformen sind ja jetzt schon wirklich wichtig und das Buch hat gute Erklärungen, ist mit den Grammatik Lektionen aber sehr sparsam)


    - Spielen (Wir haben Galgenmännchen etabliert, allerdings wie oben erwähnt bin ich au fder Suche nach neuen Spielideen, die nicht zu kompliziert sind und auch wirklich Spaß machen)


    Leider habe ich jetzt persönlich nicht ein Budget um mir teure Lernkarten, Poster, Bücher usw zuzulegen (arme Studentin) und ich möchte den Eltern auch nicht alles auf die Nase drücken.


    Glückwunsch und vielen Dank an alle, die soweit gekommen sind. Jetzt sind in diesem Beitrag fünfhundert Probleme und dreihundert Fragen. Ich hoffe, ihr habt dennoch den Durchblick (nicht wie ich) und könnt mir einen guten Rat geben. Bitte seht von beleidigenden oder gemeinen Kommentaren ab. Ich habe nun mal nicht so viel Erfahrung. Das heißt nicht, dass ich sie nicht gerne sammle und aus Fehlern lernen möchte. Ich will mein Bestes geben!


    Wie würdet ihr mit Ben verfahren wenn er wieder sein "Pausenspiel" usw spielt und was haltet ihr von dem Plan, den ich entworfen habe?

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