Beiträge von Antimon

    Aber schaut man sich an, wie dünn besiedelt manche Ecken sind, kann man auch irgendwo verstehen, dass das keine priorisierten Entwicklungsgebiete waren

    Was denkst du denn, warum da keiner mehr wohnt? Meine Generation unter meiner Verwandtschaft hat sich komplett verpisst. Hamburg, Berlin, bloss weg vom Plumsklo in Mecklenburg. Die Übriggeblieben sind über die Jahre verbittert.

    Man sieht doch auch andernorts genau, wo Nachkriegssiedlungen gebaut wurden und immer noch bewohnt sind.

    Das meinst du jetzt bitte nicht ernst.



    Ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst.

    Offensichtlich, ja. Das ist das Problem. Was haben die nur immer, die doofen Ossis? Ist doch eigentlich alles schick?


    Wenn man bedenkt, dass der Osten ja erst seit 1990 renoviert wird

    Wenn man bedenkt, dass da "erst" seit 34 (!!) Jahren renoviert wird. Es geht nicht um Timbuktu, es geht um Deutschland, eine der reichsten Volksrepubliken auf diesem Planeten. Das meine ich mit westdeutscher Arroganz. Ihr dürft das natürlich weiterhin anders meinen, aber ich bin mir schon sicher, dass ich das hier Geschriebene für mich richtig interpretiere. Missverständnisse gibt es da nicht.

    in einigen Städten in BW bei über 30%.

    In Basel liegt er bei 39.5 %. In Basel musste aber im Jahre 2000 keiner (mehr) zum Scheissen aufs Plumsklo gehen, weil einzelne Ortsteile immer noch nicht an die zentrale Abwasserentsorgung angeschlossen waren und es wäre interessant zu wissen, wann das im Baden-Württemberg zuletzt irgendwo der Fall war. Ich kenne auf jeden Fall Orte in Ostdeutschland, die man derartig "vergessen" hat. Man sieht in Sachsen bis heute (!!) an der Bausubstanz der Häuser abseits der grossen Städte, dass das 40 Jahre lang DDR war.

    Dann erkläre es bitte, aus deren Sicht

    Ich wähle keine AfD, meine Verwandtschaft auch nicht. Der Stimmanteil liegt aber bei über 30 %. Wenn du die alle für dumme Verschwörungstheoretiker halten möchtest, hast du wahrscheinlich wirklich ein Problem mit deinem Wohnort. Meine Gedanken dazu habe ich schon oft genug geäussert. Die Gefahr ist hoch, dass man dann selber als Nazi deklariert wird. Was soll ich also noch schreiben?

    Anerkennung dafür, dass zwei rechtsradikale Landesverbände die Möglichkeit erhalten das demokratische System, dass sie in dieser Weise nicht respektieren, weiter von innen zu unterwandern?

    Nein, Anerkennung dafür, dass es insbesondere die Sachsen waren, die die Wiedervereinigung auf den Weg gebracht haben. Aber ich glaube, da kommen wir auf keinen gemeinsamen Nenner und ich finde nicht, dass wir darüber streiten müssen. Ich verstehe deine Wut vor allem auch als Lehrperson, die im Bereich politische Bildung unterrichtet. Ich beobachte das als Person mit einem Grossteil der Verwandtschaft in ostdeutschen Bundesländern, die 40 Jahre lang unter der DDR-Diktatur gelitten hat. Ich verstehe den Frust der Menschen dort und ich verstehe, warum sie die AfD wählen, auch wenn ich es noch so dumm finde.

    Heute vor 35 Jahren begannen die Montagsdemos, die zur Einheit geführt haben. Guckt euch mal die Bilder von damals an. Unglaublich, wie fahrlässig ausgerechnet in Ostdeutschland mit der lang ersehnten Demokratie umgegangen wird :neenee:

    Wie Kapa bereits schrieb: Wo ist die westdeutsche Anerkennung dafür? Die AfD wurde demokratisch in zwei ostdeutsche Landtage gewählt, das ist das demokratische Recht der Sachsen und Thüringer. Ich sehe als grösstes Problem an der Sache immer noch ganz viel westdeutsche Arroganz und Gutsherrenmanier. Dass Höcke und Weidel natürlich Wessis sind... Geschenkt.

    ich müsste sie natürlich suchen, aber nein, es gibt durchaus fach(didaktische) Literatur, die dafür argumentiert (mit Belegen und Studien), dass die schwierigere Sprache mehr Zeit braucht und als erste angefangen werden sollte,

    Das würde mich tatsächlich interessieren, wie diese Studien gemacht wurden. Wenn du also noch was findest, darfst du's gerne hier verlinken oder so. Bei uns wurde halt im ganzen Land der Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler am Ende der Volksschule erhoben, und zwar einmal bei *allen* und nicht nur in einer ausgewählten Gruppe. Wenn sich da zeigt, die Abfolge Englisch - Französisch ist vor allem fürs Französisch besser, dann will ich das jetzt einfach mal so stehen lassen und dann bin ich als Lehrperson auch froh drum (auch wenn es meine Unterrichtsfächer nicht betrifft), dass die Politik endlich mal drauf reagiert. Was sich natürlich auch zeigt ist, dass Französisch in den zweisprachigen Kantonen viel besser geht. Aber das wundert jetzt hoffentlich niemanden.

    Ich hoffe, die dafür einberufene Expert*innengruppe hat nicht zu viel Geld für die Erkenntnis verlangt ...
    :rofl: :rofl:

    Es ist in der Tat grotesk, dass das so ein Kampf ist. Das Bemerkenswerte an der Sache ist einfach, wir sind in der Schweiz und es geht um die zweite Landessprache. Das ist sowas wie die heilige Kuh, die grade geschlachtet wird und wie wird halt evidenzbasiert geschlachtet und nicht weil es jemandem anekdotisch grad in den Kram passt.


    Abgesehen davon: Du "argumentierst" halt grade wirklich anekdotisch ("für mich war es so rum einfacher") und es gibt Belege dafür, dass die Reihenfolge Englisch - Französisch besser ist als andersrum.

    Naja, wir haben schon auch Belege dafür, dass diejenigen, die Französisch als 2. Fremdsprache später lernen, besser sind. Das Thema ist hier ganz gross und wurde in den letzten Jahren im Detail auseinander genommen weil es ja um politische Entscheidungen geht.


    Edit: Ich muss es wahrscheinlich präzisieren. "Unsere" Jugendlichen = Kanton Baselland. Die fangen in der 3. Klasse Primar an. Das ist aber nicht überall im Land so. Der Aargau fängt z. B. in der Primar mit Englisch an, Französisch kommt erst in der Mittelstufe dazu. Weil meine Schule bis jetzt noch ein bikantonales Einzugsgebiet hat, bekommen wir Geld für Förderkurse im Franösisch. Weil ja die armen Aargauer später erst damit starten und unsere Jugendlichen aus dem Baselland ergo mehr können müssten. In echt sitzen immer schon die aus dem Baselland in den Förderkursen.


    Ich habe die Literaturliste meiner Gewerkschaft irgendwo ja schon mal verlinkt. Es geht um die politische Entscheidung, wann man mit welcher Fremdsprache startet und welche überhaupt bis in die Sek II hinein unterrichtet wird. Wir diskutieren da nicht über anekdotische Evidenz sondern über die wahrscheinlich grösste diesbezügliche statistische Erhebung in Europa. Der Befund ist sehr eindeutig. In der Ostschweiz wird Französisch im tiefsten Niveau der Mittelstufe schon gar nicht mehr unterrichtet und Baselland wird die Reihenfolge drehen. Französisch ist offensichtlich schwerer zu erlernen als Englisch.

    Ich wusste gar nicht, dass das so episch ist. Das sind ja mehrere Veranstaltungen und es geht unter der Woche schon los. Das liegt auf meinem Arbeitsweg. Ich schwane nichts Gutes. Vielleicht schlage ich einfach vor, die ganze Schule da hin zu verschieben. Wir können zu Fuss laufen, total öko.

    Ich finde es beneidenswert, wenn Jugendliche angstfrei in Fremdsprachen kommunizieren, auch wenn's grammatikalisch falsch sein sollte.

    Also da kann ich chilipaprika leider nur bestätigen: Das klappt im Englisch, aber absolut nicht im Französisch, auch nicht in der Schweiz, 5 km vor der Landesgrenze zu Frankreich und 15 km vor der innerschweizerischen Sprachgrenze. Wir haben Jugendliche, denen der kalte Schweiss auf die Stirn tritt, wenn sie in Delémont auf der Strasse einen Satz auf Französisch sagen sollen. Bewundernswert finde ich da die Kolleginnen und Kollegen, die einfach nicht aufgeben und eine Mathe-Klasse notfalls an die EPFL verschleppen, damit die nur irgendwie mal den Mund aufbekommen. Fragt mich eine Kollegin letztens ganz besorgt: "Es geht dann da irgendwie um Plasma ... Was ist das? Muss ich darüber irgendwas wissen wenn ich mit denen da hingehe?!" Nein, R. du liest bitte überhaupt nichts über Plasma, die Schöfli sollen selber fragen was sie interessiert. Auf Französisch. Die schaffen das.

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