Beiträge von Antimon

    Ich habe Lehramt Grundschule studiert, ich möchte mit kleineren Kindern arbeiten und daher keine Realschüler oder Gymnasiasten unterrichten. Diskriminierend? Oder ist das in dieser Richtung okay?


    Oh, ich kann dir da gerne eine Anschuldigung draus stricken:


    Du denkst bestimmst wir hielten uns für was Besseres und weil du mit so Eingebildeten nichts zu tun haben willst, diskriminierst du uns.


    Jetzt kommt aber gleich einer daher und erklärt mir, dass es uns ja nicht zum Nachteil gereicht uns für was Besseres zu halten und deswegen nennt man das dann nicht Diskriminierung ... wetten? :P


    Ich kann mich ganz, ganz dunkel dran erinnern dass vor sicher 30 Jahren oder so eine Bekannte meiner Mutter mir mal eine ähnliche Diskussion aufdrücken wollte. Die ging plötzlich auf mich los, warum ich denn mit ihrer Tochter nichts mehr zu tun haben wolle, die ging nämlich an eine Hauptschule. Es war der auch schon nicht beizubringen, dass mich echt keiner dazu zwingen kann mit Menschen befreundet zu sein, mit denen ich absolut keine Gesprächsthemen finde. Es war einfach so und ja, kann sein, dass mit ein Grund war, dass wir an unterschiedliche Schulen gingen. Der Hauptgrund wird wohl gewesen sein, dass die ganz andere Interessen hatte als ich. So wie 90 % meines Jahrgangs am Gymnasium auch, mit denen ich genauso wenig befreundet war. DAS schien aber kein Problem zu sein, zumindest keins über da man sich hätte echauffieren können.

    Vielleicht muss es auch einfach passieren und dann hoffentlich möglichst viele den Antrag auf Entlassung aus dem Dienst (so heisst es doch, ne?) stellen, dass es in der Politik zum Umdenken kommt. Meine Sicht als Gewerkschaftlerin ist allerdings, dass sich viel zu viele von uns viel zu viel gefallen lassen. Sei es aus Bequemlichkeit, aus Uninformiertheit oder auch tatsächlich aus Mangel an Alternativen. Dass letzteres eine Rolle spielt zeigt sich daran, dass zuverlässig immer jene zuerst laut werden, die sich am meisten leisten können: Gymnasium, MINT-Fächer.


    Bedauerlicherweise ist ja aber der Mangel an qualifizierten Primarlehrpersonen bzw. Heilpädagog*innen (das sind bei uns die Föderschulis) eigentlich viel grösser, sonst wäre ja auch hier im Forum nicht die Diskussion um mögliche Abordnungen an diese Schulformen aufgekommen. Nur meint die Politik, das kann ja jeder, im Zweifel auch irgendein dahergelaufender Student mit zweiwöchigem Crashkurs (kein Witz ... das ist der Status Quo im Baselland). Und wie man hier im Forum auch sehr schön sieht, gibt es immer genügend KuK, die sich mit wehenden Fahnen parat machen um den neuesten Brand dann ganz befliessen wieder zu löschen. Im Zweifel geht es ja um das Gute, um den Dienst am Menschen. Da darf man nicht so sein. Es muss wohl wirklich - leider auf Kosten der Kinder - einmal komplett den Bach runter gehen, bevor die Verantwortlichen und auch alle Beteiligten merken, dass es so nicht weitergehen kann.

    Dann ist die Frage, wenn Kompromisse eingegangen werden müssen, wo der benötigte Aufwand zur Neuorientierung am geringsten ist. Ehrlich gesagt ist die Arbeit bei allen drei Aspekten sehr groß, da das Lehramt eben so hochspezialisiert ist. Mathematik folgt einer ganz anderen Didaktik als sagen wir mal Kunst. Zwischen Grundrechenarten und Analysis liegen fachlich auch noch einmal Welten. Und auch pädagogisch ist der Umgang mit Sechsjährigen ein ganz anderer als mit Achtzehnjährigen.

    Ich persönlich habe mit dem Plan der Facherweiterung Informatik schon auch noch andere Gedanken im Kopf. Sollten die hier auf die Idee kommen, uns kognitiv beeinträchtigte Jugendliche ans Gymnasium zu setzen, kündige ich. Einmal mehr bin ich froh nicht versklavt... äh... verbeamtet zu sein.


    Ich glaube aber nicht, dass das so kommt. Wenn die FSS Basel mit der Kleinklassen-Initiative erfolgreich durchkommt, und davon gehe ich aus, wird das Gegenteil der Fall sein.

    Ja, dann mag das sinnvoll sein. Meine Prüfungen dürfen beliebig schlecht rauskommen, das entscheide nur ich, ob die allenfalls wiederholt werden. Ich zeige es hin und wieder, wenn sich eine "Haufenbildung" manifestiert, sprich eine Gruppe ständig ungenügend ist und eine andere Gruppe irgendwo über 5 rauskommt. Dann sieht der Klassenschnitt unverdächtig aus, tatsächlich haben wir aber ein Problem.


    Im Zeugnis soll im Klassenschnitt irgendwas zwischen 4 und 5 stehen, ansonsten muss man sich kurz erklären. Wobei schon gar keiner mehr fragt, wenn da im Französisch eine 3.7 steht.

    Einen Klassenschnitt anzugeben ist auch dann Quatsch wenn man wie wir mit Zehntelnoten rechnet. Ich habe nur zufällig mal eine Gauss-Verteilung, sprich niemand hat überhaupt die Durschnittsnote auf dem Papier stehen. Manchmal zeige ich einfach die Verteilung, ist aber auch fragwürdig, was man damit erreichen will. Darüber hinaus... Die Noten unterschiedlich wertiger Arbeiten lassen sich unterschiedlich gewichten. Ist irgendwie klar, dass 10 min Vokabeltest nicht gleich viel zählt wie 90 min Aufsatz. Ich verstehe das Problem nicht.

    Ich hatte mal eine Schülerin, die in der 1. Prüfung im Schuljahr eine 2.6 und in der 5. Prüfung eine 5.8 hatte. Was ich auch schon hatte, mehrfach sogar, sind SuS, die mit einer komplett verschifften Prüfung mit 1.x am Ende eine 4 im Zeugnis hatten. Meistens passiert das in der 1. Klasse, also direkt nach dem Übertritt ans Gymnasium wenn die das höhere Niveau noch nicht gewöhnt sind. Oder es steckt eine Lebenskrise dahinter. So völlig aus dem Nichts habe ich das noch nie erlebt.

    Bei Mathe würde ich lieber ein Nebenfach nehmen, zwei Hauptfächer wären mir glaub ich im Schulaltag zu viel, vielleicht würde ich Mathe mit Politikwissenschaft oder Biologie kombinieren.

    Wenn die Arbeitsbelastung ein wichtiges Kriterium für dich ist, würde ich aber nicht zu Bio raten. Das ist ein Fach mit kleiner Stundendotation, viel Vorbereitungszeit da Experimentalunterricht und hoher Korrekturbelastung da viel Geschwafel bei Schülerantworten. Wieso nimmst du nicht einfach Mathe UND Informatik? Oder Mathe und Physik wenn du eine Naturwissenschaft dazu willst?



    Ich wäre bereit eins dieser Fächer auf Lehramt zu studieren, Ich muss leider zugeben, für die Einstellungschancen.

    Wenn du das "leider" findest, würde ich davon abraten. Ohne wirklich Bock drauf zu haben wirst du sowohl an Mathe als auch an Informatik kläglich scheitern. Dann liegen deine Einstellungschancen ganz sicher bei 0 ;)

    Ich habe mal eine Gegenfrage an dich: Hast du die betreffenden Förderschultypen denn schon einmal von innen gesehen? Kennst du ihre Methodik usw.?

    Meine Vermutung: Wer so offensiv und zu jeder Gelegenheit äussert keinen Wert auf Klassenfahrten zu legen, keine Beziehung zu Jugendlichen jenseits des Fachunterricht aufbauen zu wollen und darauf besteht, dass Mathe mit dem gespitzten Bleistift auf ein kariertes Blatt Papier gemacht wird, hat mit Inklusion wenn überhaupt nur am Rande zu tun. Aber Hauptsache die grosse Keule schwingen. Passt ja ganz gut zum Thema des Threads.

    Da ist aber die Region, wo Pinkel gegessen wird, viel zu klein!

    Das dachte ich auch. Ich habe den zuerst ja in Oldenburg gegessen. Und dann wurde mir in Bremen erklärt, das zählt aber nicht ... Vermutlich ist das so ähnlich wie wenn man sich in Basel einbürgern lässt. 'N Schweizer wird man deswegen noch lange nicht. :doc:

    Wann werden in der Schweiz die leistungsstarken Schüler getrennt? Vielleicht liegt daran deine andere Einschätzung?

    Das glaube ich durchaus, dass das eine Rolle spielt. Das Elend ist der schlechte Fachunterricht an der Sek I. Mir wäre es am liebsten, die hätten da gar kein Chemie oder eben rein phänomenologisch wie im Leistungszug E. Ich war letztens kurz davor, mich an einem Langzeitgymnasium in Zürich zu bewerben weil es mir allmählich wirklich nur noch stinkt.

    Deshalb sind international alle gut funktionierenden inklusiven Schulsysteme ausschließlich solche, deren Schulsystem keine Dreigliedrigkeit aufweist und die Selektionsfunktion anders gestaltet, die andere finanzielle und vor allem strukturelle Ressourcen aufweisen und die insgesamt Schulbildung anders organisieren bzw. politisch anders denken;

    Wo soll das denn sein und was ist das Kriterium für "gut funktionierend"? Die UNESCO kann mir die Frage nicht beantworten, da habe ich gerade nachgeschaut. Es heisst in Italien gingen 99.9 % aller Kinder auf eine Regelschule. Italien schneidet aber bei internationalen Vergkeichstest in Sachen Bildung unter dem OECD-Durchschnitt ab und kommt bei der Erwerbsquote für Menschen mit Behinderung etwa zwischen Österreich und der Schweiz raus, das sind ja zwei der von dir genannten schlecht inkludierenden DACH-Länder. In anschaulich hier:


    Exklusionsraten (die gleiche Statistik, die ich gestern verlinkt habe in einer anderen Darstellung):



    Differenz der Erwerbsquoten zwischen Menschen mit und ohne Behinderung:



    Zugehörige Quelle: https://publications.parliamen…lect/cmworpen/56/5604.htm


    Was da nun jeweils unter "Erwerbstätigkeit" verstanden wird, müsste wohl noch geklärt werden m


    Das hat mich jetzt übrigens erstaunlich viel Zeit an Recherche gekostet, so viel wie drüber diskutiert wird, so wenig Fakten findet man dazu nämlich. Die verfügbaren Daten sind zudem uralt und auch die UNESCO räumt ein, dass ein internationaler Vergleich aufgrund der schlechten Verfügbarkeit von Daten und der unterschiedlichen Erhebungsmethoden in den einzelnen Ländern abschliessend gar nicht möglich sei. Hier im Lehrerforum scheint die Sache aber vollkommen klar zu sein. Erstaunlich.

    Kommt mir bekannt vor. Wir hatten auch schon eine Schülerin die meinte den Finger in die Gasbrennerflamme stecken zu müssen. Achtung Zynismus: Das nennt man Inklusion. Wer sich unbedingt umbringen will, hat auch ein Recht darauf.


    So, jetzt bin ich aber wirklich raus. :gruss:

    Ich schrieb auch schon mal, dass ausgerechnet diejenigen mit den ganzen Vorwürfen es nicht schaffen, nach Art der Behinderung zu differenzieren. Insofern ist das hier doch nur noch lächerlich und ich widme mich jetzt endgültig meiner intellektuell ausgesprochen anspruchsvollen Unterrichtsvorbereitung*.


    *Muss ich das jetzt wieder als Ironie kennzeichnen damit mir keiner Standesdünkel vorwirft? Ich verzweifle allerdings wirklich gerade an scheinbaren Banalitäten. Vielleicht kann mir ja eine der anwesenden Förderschullehrpersonen weiterhelfen. Bitte PN an mich, es geht um Reaktionskinetik.

    Beim Sezierbeispiel mit der spastischen Schülerin hatte ich für einen Moment einen Klos im Hals und hatte erst einmal ein Sicherheitsbedenken - auch für die Schülerin selbst.

    Den Sicherheitsaspekt muss ich im Praktikum in den Naturwissenschaften immer bedenken, dabei spielt es keine Rolle ob die Schülerin Spastiken hat oder nicht. Das scheint hier (ich meine gar nicht dich) aber auch nicht bei allen auf dem Schirm zu sein, dass ich an einer Regelschule eben kein geschütztes Setting anbieten kann. Die gleiche Schülerin hat auch bei uns in der Chemie irgendwie "überlebt", eine weitere Schülerin im Rollstuhl hatte zuletzt sogar Schwerpunktfach Biologie und Chemie mit entsprechend mehr und anspruchsvolleren Praktikumslektionen. Ich will diejenigen, die hier ständig polemisieren, einfach mal sehen, wie sie das umsetzen - ohne entsprechend angepasste Ausstattung, ohne heilpädagogische Unterstützung. Im besten Fall kann ich unsere Assistenz anfragen ob sie hilft, die ist ausgebildete Chemielaborantin, ansonsten kann sie auch nur mit gesundem Menschenverstand dienen. Also wir machen und schaffen das schon irgendwie. Läuft.

Werbung