Wo habe ich denn so etwas behauptet?!
Nirgends.
Das ist jetzt wirklich mein allerletzter Versuch und auch nur, weil ich dich eigentlich mag Plattenspieler
Das sind Unterschiede, aber imho keine prinzipiellen oder wesentlichen, und die speziellen Aufgabenbereiche lassen sich alle den Kernbereichen des Lehrerberufs zuordnen (Unterrichten, Erziehen, Beurteilen, Beraten, Innovieren).
Da hast du das geschrieben. Du weisst schon, dass hier KuK mitschreiben, die in der Erwachsenenbildung tätig sind? Die erziehen nichts und niemanden. Was genau meinst du denn mit "Innovieren"? Ich behaupte, die meisten Fachlehrpersonen innovieren genau gar nichts, wenn ich überhaupt richtig verstehe, was du meinst. Wenn's um Änderungen in der Stundentafel bzw. dem Lehrplan geht, dann wird das an den jeweiligen Fachvorstand delegiert, der sich freiwillig dafür gemeldet hat und der bei uns in der Schweiz nota bene noch nicht mal Entlastungsstunden dafür bekommt. Weiss ich, weil ich mir den Fachvorstand Chemie mit einem Kollegen teile, ich bin für die FMS zuständig.
Als Fachlehrperson am Gymnasium berate ich auch nur ausgesprochen selten im eigentlichen Sinne. Dafür ist die Klassenlehrperson zuständig, die im Idealfall meine diesbezügliche Meinung einholt. Wenn mich eine Schülerin oder ein Schüler explizit um Rat bezüglich der weiteren Ausbildungskarriere fragt, stehe ich selbstverständlich jederzeit zur Verfügung, das passiert jedoch ausgesprochen selten. Ich schwafle natürlich ständig irgendwas über das Leben im Allgemeinen im Fachunterricht, aber das ist mehr so allgemeine Lebensberatung um die mich eigentlich keiner gebeten hat. Wir haben vier explizit für entsprechende Probleme ausgebildete Kolleginnen und Kollegen, die für die allgemeine Beratung auch Entlastungsstunden bekommen. Not my buisiness.
Im Idealfall funktionieren Gymnasiastinnen und Gymnasiasten tatsächlich einfach so. Es wird ja immer mal wieder behauptet, dass ein gewisser Intellekt auch Probleme im sozialen Bereich mit sich brächte, das ist aber absolut nicht so, ganz im Gegenteil. Ich mache seit 10 Jahren die Erfahrung "je schlauer, desto unproblematischer", sprich unsere A-Schülerinnen und Schüler (Schwerpunktfach Mathe und Physik) sind diejenigen, mit denen man neben dem Fachunterricht am wenigsten zu tun hat im Sinne von irgendwelche Wehwehchen verarzten. Mit denen sitzt man allenfalls in der Sonne und philosophiert vollkommen dekadent über denn tieferen Sinn des Lebens.
Was mir aber regelmässig den Schweiss ins Gesicht treibt sind z. B. experimentelle Maturarbeiten. Da wird von jungen Menschen, die eigentlich noch keine Ahnung von irgendwas haben, abverlangt sie mögen eine wissenschaftliche Arbeit kurz vor Bachelor-Niveau verfassen, irgendwas, was pihaupts noch keiner vor ihnen so gemacht hat (steht so in unserem MA-Leitfaden), was natürlich vollkommener Quatsch ist, aber die nehmen das echt ernst. Also hockt man als betreuende Lehrperson Stunden um Stunden um Stunden daneben und zeigt wissenschaftliche Methoden, hilft bei der Recherche und Einordnung von Quellen, zeigt wie man Daten in Excel respektive R auswertet, bemüht sich um Durchblick bei der Interpretation des generierten Datenwusts, steht 2 Tage vor Abgabe der MA dann doch noch mal mit im Labor weil alles ganz anders rauskam, als man so gedacht hat, usw. usf.
Das ist jetzt nur eines von ganz vielen ganz konkreten Beispielen, die dir an der Förderschule so ganz sicher noch nie begegnet sind. Ich habe dafür noch nie erlebt, dass Jugendliche morgens ohne Frühstück an die Schule kommen, weil Mutti daheim keine Brote schmiert. In dem Alter, in dem die zu uns kommen, holen die sich morgens das Brötli bei Coop Pronto, wenn's daheim keins gibt. Ich habe auch keine Jugendlichen denen man beibringen müsste, dass es nicht angebracht ist nur mit ner löchrigen Strumpfhose bekleidet an die Schule zu kommen. Das merken die selbst, dass das irgendwie schräg ist. Deren Probleme sind subtiler und erfordern subtilere Lösungen. Meist sind die Probleme auch gar nicht die Jugendlichen selbst sondern deren Eltern und man muss überlegen ob und wie man helfen kann die nötige Distanz herzustellen.
Sehr oft führe ich allerdings akademische Diskussionen über den Sinn des Lebens im Allgemeinen, so ähnlich wie hier im Lehrerforum. Da geht es nicht um irgendeine existenzielle Bedrohungslage sondern dass eins meint, man müsse doch am Gymnasium auch mal anschauen wie man eine Steuererklärung ausfüllt. Oder dass das jetzt aber schon ganz schlimm sei, im Klassenlager, dass wir gestern bei der Migros eine Packung Minze gekauft haben die wir heute gar nicht verkocht haben und die jetzt leider im Müll landet weil sie sonst eh nur vergammelt.
Das sind wirklich komplett andere Themen mit denen ich tagtäglich konfrontiert bin. Ich meine ich habe schon mehrfach erwähnt, dass ich selbst aus dem absoluten Ghetto gekrochen komme aber ich habe ehrlich keine Lust mich in meinem Berufsleben weiter mit diesem zu beschäftigen. Die intellektuelle Dekadenz hat auch ein Recht darauf beschult und begleitet zu werden. Für die möchte ich zuständig sein und ich glaube, das kann ich sehr gut. Ich habe grossen Respekt vor all jenen, die sich um die weniger Privilegierten kümmern und auch die auf den Weg bringen. Ich bin froh und ewig dankbar dafür, dass es eine Lehrperson in meinem Leben gab, die mich auf den Weg gebracht hat. Ich könnte neben meiner Mutter hier auch einen Namen nennen, die Person ist allerdings leider früh verstorben, sie würde es also sicher nicht mehr lesen. Meine Berufung ist das aber nicht.