Ich verstehe durchaus, dass du eine Veränderung im Positiven suchst nach allem, was du durchgemacht hast, bin aber der Überzeugung, dass dein Studium zu unterbrechen (Vertretungsstelle) oder gar komplett abzubrechen (denn andernfalls würde der Quereinstieg, so überhaupt möglich, keinen Sinn ergeben) ein Weg ist, mit dem du dich letztlich eher selbst sabotieren wirst. Wenn du in den Schuldienst gehen willst, dann studier konsequent fertig, um dich dementsprechend zu qualifizieren. Arbeite ggf. als Vertretungskraft nebenbei, aber verrenn dich nicht in Quereinstiege, die du irgendwann wieder abbrechen willst zugunsten deines Studiums.
Wenn du einen Quereinstieg machen möchtest, dann nimm dir selbst die Zeit, dich intensiv einzulesen in die Bedingungen der für dich infrage kommenden Bundesländer und Schularten. Um dir die Suche zu erleichtern: In BW scheint mir basierend auf dem, was ich über deine bisherigen Abschlüsse weiß ein Quereinstieg nicht möglich zu sein. Bleiben 15 Bundesländern zum Durchforsten für dich.
„Hauptsache mal raus“ klingt für mich auch weniger danach, als wäre der Einstieg in den Schuldienst - sei es als Vertretungskraft oder im Quereinstieg- das, was du gerade suchst und brauchst. Für mich liest sich das eher nach Urlaubsbedarf. In jedem Fall solltest du nicht unterschätzen, was so ein Berufseinstieg dich an Kräften kosten wird, die du deinem eigenen Bekunden nach infolge deiner gesundheitlichen Probleme gerade immer wieder nicht hast. Hier in BW müssen Vertretungskräfte an sämtlichen Konferenzen teilnehmen (unteilbare Aufgaben), haben ggf. Klassenlehrerverantwortung, wenn der Vertrag entsprechend lange dauert und tragen auch sonst sämtliche Verantwortung fertig ausgebildeter Lehrkräfte. Das ist ohne abgeschlossenes Studium, dafür aber mit schweren gesundheitlichen Problemen alles andere, als ein erholsamer Tapetenwechsel, sondern harte Arbeit, um sich erst einmal einzuarbeiten. Wir haben mehrere Studierende an der Schule als Vertretungskräfte, alle kerngesund, aber dennoch schildern diese ausnahmslos, dass es sie viel Zeit koste, sich in Dinge einzuarbeiten, die sie im Berufsalltag benötigen und mangels Ref oder auch mangels abgeschlossenem Studium noch nicht beherrschen. Ich glaube, du unterschätzt den Beruf und seine Belastungen- gerade auch für Lehrkräfte mit Behinderung/ Erkrankung- gerade massiv bzw. betrachtest diesen durch Scheuklappen hindurch namens „Tapetenwechsel“ oder auch „ Hauptsache mal raus“, die die Herausforderungen offenbar rosig verklären, die dir bevorstehen bei einem derartigen Umbruch.
Was genau ändert deines Erachtens der/ein Grad der Behinderung an den beruflichen Herausforderungen eines Quereinstiegs bzw. einer Tätigkeit als Vertretungskraft?
Möglicherweise verstecken sich hinter dieser Formulierung realistische Vorstellungen, auch wenn es im ersten Moment anders klingt, vielleicht aber können Lehrkräfte wie ich (GdB 70) die eine oder andere Fehlvorstellung zu Entlastungen die du hast korrigieren, ehe du dich auf etwas verlässt, was es so im Berufsalltag nicht oder zu wenig gibt.
Für Lehrkräfte in der Rekonvaleszenz ist der Schuldienst extrem herausfordernd und auch belastend, weil wir an vielen Stellen nicht einfach mal tagesaktuell etwas langsamer arbeiten können, etwas früher gehen/ später kommen können wie bei Gleitzeit, kein Homeoffice machen können an schlechteren Tagen und wenn wir vor Ort sind ständig mehrere Aufgaben parallel jonglieren müssen, was extrem viel Kraft kostet, wie dir auch jede gesunde Lehrkraft, die an die ersten zwei Schulwochen nach den Sommerferien denkt bestätigen kann. Mit schwerer Erkrankung/ Schwerbehinderung ist im Zweifelsfall jeder normale, gute Schultag, wie für andere die ersten Schultage nach den Sommerferien von der Belastung her, Tage an denen es dir schlechter geht sind bedeutend herausfordernder. Dem musst du gewachsen sein, wenn es nicht am Ende ebenso belastend werden soll, wie es bislang im Studium infolge deiner Erkrankung gelaufen ist. Deine Probleme im Studium mit der Abgrenzung gegenüber Dozierenden sind darüber hinaus etwas, was auch im Schuldienst zum Tragen kommen und dich belasten kann. Ein Tapetenwechsel ändert schließlich nicht, wer du bist und wie du an die Welt heranzugehen vermagst (aktuell).
Nimm dir in Ruhe die Zeit, deine Motive zu hinterfragen genauso wie deine Lösungsansätze und deren Herausforderungen bzw. spezifischen Belastungen. Weglaufen- und ein wenig liest es sich so, als würdest du das machen wollen- ist nur selten eine Lösung. Überleg dir ehrlich, was du benötigst an Veränderung bzw. Entlastung und dann prüfe für dich, wie du das tatsächlich erreichen kannst. Ich bin mir sehr sicher, dass ein Quereinstieg dann kein Thema mehr ist und die Überlegungen zu einer Vertretungstätigkeit anders klingen werden (reflektierter), als das momentan der Fall ist.