Beiträge von Gymshark

    Nein, die wollen meist in die Industrie. Dahin wollen aber auch die SuS aus dem beruflichen Gymnasium und sind da meist erfolgreicher. Handwerk ist in jedem Fall verbunden mit viel körperlicher Arbeit - das wollen die nicht. Ich hatte einen Schüler in der Unterstufe, der hat geschmissen und eine Ausbildunng beim Discounter angefangen. Da hat er sich aber auch nicht lange gehalten wohl - er konnte sich nicht an regelmäßige Zeiten und eine gewisse Frustrationstoleranz da gewöhnen.

    Puh, schwierig. Da müssen wir uns gesamtgesellschaftlich dringend etwas überlegen, denn ich gehe nicht davon aus, dass deine Schüler eine seltene Ausnahme in Deutschland sind. Da gibt es sicher viele Jugendliche in berufsbildenden Lehrgängen, egal ob schulisch oder dual, mit ähnlichen Situationen. Noch halten die vorhandenen Fachkräfte den Laden am Laufen, aber was ist, wenn die mal in Rente gehen? Bei unseren Schülern sind diese "Probleme" oft noch vermeintlich weit weg, aber eure Schüler stehen (je nach Bildungsgang mal mehr, mal weniger - das habe ich schon verstanden) mit einem Bein im Berufsleben, daher ja die Ausgangsfrage, ob sie sich bewusst sind, wie viel gesellschaftliche Hoffnung gerade auf ihren Schultern liegt.

    Haubsi1975 : Ich denke nicht, dass ich da etwas verwechselt habe, sondern eher die Azubis und deine HBF-Schüler in einen gemeinsamen Topf geworfen habe, nämlich verallgemeinert als dem Arbeitsmarkt möglichst bald zur Verfügung stehende Fachkräfte. Ob sie sich selbst als solche wahrnehmen, ob sie sich bewusst sind, dass gesellschaftliche Erwartungen auf ihnen liegen *, da bin ich mir jedoch nach deinen Beschreibungen unsicher.


    * Ja, ich gebe zu, dass man da vielleicht zwischen einem angehenden kaufmännischen Assistenten und einem angehenden Handwerksgesellen differenzieren sollte.

    Wenn man nicht ständig von Medien und Politik vermittelt bekommen würde, dass der Fachkräftemangel so gravierend sei, wenn nicht immer mehr Geschäfte ihre Öffnungszeiten aus Personalmangel einschränken würden, wenn die Wartezeit auf einen Handwerker nicht immer länger werden würde, man könnte fast lachen. Haubsi1975 , da du direkt an der Quelle sitzt: Ist deinen Schülern bewusst, dass gerade ein ganzes Land seine volle Hoffnung in diese zukünftigen Fachkräfte setzt?

    Eigentlich müsste man Herrn Dusel mal fragen, wie er sich Schule vorstellt und weniger, wie er sich Schule nicht vorstellt. Ich habe den Eindruck, dass er möchte, dass alle Schüler, womöglich unterschiedlicher kognitiver und sprachlicher Niveaustufen, gemeinsam unterrichtet werden und der Lehrer bietet zu jedem Thema Lerngegenstände auf allen möglichen Niveaustufen an. Am Ende haben alle etwas im Rahmen eines gemeinsamen Oberthemas gemacht, jeder ist im Idealfall schlauer als vorher und bekommt womöglich eine individuelle Rückmeldung vom Lehrer. Klingt schön in der Theorie, hat aber sicher nicht viel mit unserem derzeitigen Bildungssystem zu tun, in dem die Selektion nach Leistung ein zentrales Merkmal darstellt.

    Fordert Herr Dusel so wie er es formuliert nicht sogar die Abschaffung des gegliederten Schulsystems? Denn wenn er sagt, dass alle Kinder in die gleiche Schule gehen sollen, bedeutet das, so wie ich ihn verstehe, dass ein Hochbegabter theoretisch neben einem Geistigbehinderten sitzen könnte. Dann bräuchte es keine Noten mehr und eine Versetzung wäre eh automatisch der Fall. Geistigbehinderte würden dann vermutlich auch keinen lebenspraktischen Unterricht mehr erhalten, sondern in Chemie und Latein dabei sitzen. Wäre das Inklusion gemäß den Vorstellungen von Herrn Dusel?

    Zitat von O. Meier

    Nicht kommend, schon länger. Es ist aber nur ein Buzzword, kein Ding. Digitalisierung an Schulen ist in den bestehenden Strukturen nicht möglich.

    Buzzword trifft es ganz gut. Momentan wird in Schulen und Unternehmen viel digitalisiert, ohne das wirklich klar ist, was damit wirklich bezweckt werden soll. Sollen analoge Zugänge ergänzt oder ersetzt werden? Zu oft erscheint mir der Einsatz digitaler Medien als Ersatz und da finde ich persönlich es immer gut, bei einem Ersatz zu hinterfragen, ob dieser mehr Vorteile als Nachteile bringt. Das ist natürlich insofern schwer, da ein aktueller Trend selten wirklich neutral betrachtet wird. Je nach Typ Mensch geht der Eine per se an neue Dinge mit Skepsis heran, die Andere mit Neugier. Jemandem, der Neuem gegenüber skeptisch eingestellt wird, werden vermutlich eher die Nachteile einer neuen Herangehensweise auffallen. Jemandem mit einer Grundneugier eher die Vorteile.

    Papier sollte nicht verschwendet werden, das ist klar, man sollte generell nachhaltig mit Ressourcen umgehen, ohne deren Nutzung per se zu verteufeln. Ich benutze gerne Papier und wünsche mir persönlich, dass gesamtgesellschaftlich auch wieder die Vorteile dieser Ressource gesehen werden und im Gegensatz dazu bei digitalen Medien nicht nur die offensichtlich vorhandenen Vor-, sondern auch die Nachteile im Sinne einer mündigen Medienerziehung und -nutzung reflektiert werden.

    Ich dachte eine Zeit lang, dass ich eher zu viel an länger haltbaren Lebensmitteln zuhause habe und hatte mal die diffuse Idee, diese aufzubrauchen, statt dass dann doch noch das dritte Nudel- und das fünfte Saucenpäckchen dazugestellt wird, aber vielleicht ist es wirklich nicht verkehrt, ein bisschen was da zu haben, und keine Tragödie, wenn Schränke und Kühlungen am Tag vor dem nächsten Großeinkauf nicht komplett leer sind.

    Ich empfehle z.B. "Blackout" von Marc Elsberg

    Jetzt wo du es sagst: Ich bekam das Buch mal geschenkt und las die ersten 100 Seiten. An der Stelle verlor ich so ein bisschen das Interesse und jetzt ist es eines der vielen Bücher, die bei mir angefangen, aber nicht zu Ende gelesen wurden :( .

    Ich denke, man kann ganz allgemein sagen, dass Regeln gebrochen werden, wenn deren Sinnhaftigkeit infrage gestellt wird, und wenn deren Einhaltung zudem nicht kontrolliert wird oder werden kann, sind sie defacto sinnlos. Streng genommen ist es unrealistisch, zu erwarten, dass die Einhaltung von Regeln in jedem Augenblick kontrolliert werden kann - das ist zu zeit-, kosten- und personalintensiv. Bestes Beispiel sind Tempolimits. Wenn man wirklich alle Geschwindigkeitsüberschreitungen vermeiden wollte, müsste auf jeder Straße alle 5m ein Radargerät stehen oder eine Polizeikontrolle stattfindet. Die Überschreitungen werden dadurch eingeschränkt, dass es diese Maßnahmen (im geringeren Ausmaß) gibt, manche fest installiert und daher berechenbar, aber auch durch zusätzliche temporäre Maßnahmen wie mobile Radargeräte oder Polizeikontrollen. Das reine Wissen um eine potentielle Strafe bei Verletzung geltender Gesetze schreckt manche bereits ab. Andere haben schlichtweg intrinsisch nicht das Bedürfnis, schneller als nötig zu fahren.


    Diese Ausführungen lassen sich natürlich auch auf das Beispiel mit der Deutschpflicht anwenden. Diese Pflicht wird nicht verhindern, dass auf dem Pausenhof womöglich auch eine andere Sprache gesprochen wird. Manche Schüler werden es womöglich erst recht aus Trotz machen. Andere werden durch eine etwaige Pflicht ihr Sprachverhalten anpassen, sei es aus Verständnis für deren Sinnhaftigkeit oder, und auch das muss (leider) bei Regeln und Pflichten immer erwähnt werden, um eine Strafe bei Nichtbeachtung zu vermeiden. Und wie wird diese Nichtbeachtung festgestellt? Ich schätze mal stichprobenweise, eben vergleichbar mit den Radargeräten auf den Straßen.

    Jetzt soll hier jede*r darüber nachdenken, wie schwer oder einfach es ihr/ihm fallen würde, ab nächster Woche draußen auf der Straße nur noch auf Englisch mit seinen Nachbarn zu sprechen, mit denen er/sie schon seit Jahren auf Deutsch kommuniziert.
    Oder gar mit Verwandten.

    Das ist Gewöhnungssache. Eine Parallelität zum Fremdsprachenunterricht ist da schon erkennbar, da die Schüler durchaus auch untereinander in der Fremdsprache kommunizieren (sollen). Am Anfang ist die Idee, mit Anderen auf Englisch oder Französisch zu sprechen, wissend, dass sie einen nicht nur auf Deutsch (vielleicht sogar besser) verstehen, sondern es zuvor üblich war, sich auf Deutsch zu unterhalten, gewöhnungsbedürftig, aber daran gewöhnt man sich schnell. Es ist eine Kopfsache, aber auch eine der Sache der Konvention.

    Entscheiden sich die schweizer Chemielehrer, die du kennst, überwiegend vor oder nach der Promotion für den Lehrberuf? Im Lehrberuf selbst bringt die Promotion im Vergleich zu einer (Führungs-)Tätigkeit in der chemisch-pharmazeutischen Industrie vermutlich eher weniger direkte Vorteile; außer natürlich, wenn intrinsisch motivertes (fachliches) Interesse an einem Promotionsvorhaben besteht.

    Schokozwerg : Hier im Thread vermischen sich immer wieder zwei Positionen: Einmal, dass Entscheidungen für traditionelle Familien- und Arbeitsmodelle freiwillig und bewusst getroffen werden, einmal, dass Entscheidungen durch das Nachgeben gesellschaftlicher Erwartungen herbeigeführt werden. Ich weiß gar nicht, warum es immer wieder zu diesen Vermischungen gibt, vermute aber, dass sie daher rühren, dass sich manche User nicht vorstellen können, dass man sich aus freien Stücken für ein traditionelles Familien- oder Arbeitsmodell entscheidet, selbst wenn damit alle Beteiligten sehr zufrieden sind.

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