Beiträge von Gymshark

    Mit all diesen Möglichkeiten, die Förderschulen wirklich bieten, frage ich mich, warum wir überhaupt über Alternativen diskutieren. Ich glaube ja, dass andere Länder neidisch wären, wenn sie wüssten, wie viel Mühe wir betreiben, um den Schwächsten unserer Gesellschaft zu ermöglichen, auf ein Leben mit gesellschaftlicher Teilhabe vorbereitet zu werden. Gerade in den Bereichen "Lernen" und "emotional-soziale Entwicklung" hast du natürlich viele Hardcore-Fälle, die aus völlig zerrütteten Elternhäusern mit problematischem Freundeskreis und wenig Bildungsnähe kommen. Da kann auch eine Förderschule keine Wunder vollbringen - sagt auch keiner! Da es aber von Anfang an klar ist, dass diese Schüler besondere Bedürfnisse haben, kann die Förderschule von Anfang an bewusst Akzente setzen, um den Schülern Alternativen aufzuzeigen, z.B. wie man mit Konflikten umgeht, wie man seinen Tag strukturiert, was es heißt, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten. Im Gymnasium, aber auch in anderen Formen der Sek I, ist nicht das Hauptziel, Menschen gesellschaftsfähig zu bekommen, sondern die inhaltliche und methodische Vorbereitung zum Erwerb eines Schulabschlusses. Das gerät jedoch in Gefahr, wenn die vorhandene Zeit nicht zur Vermittlung von Unterrichtsinhalten genutzt werden kann.

    China schließt doch auch immer sehr erfolgreich in Bildungsstudien ab und da kann mir keiner weismachen, dass die Chinesen besonders inklusiv sind. Da müssen andere Faktoren eine Rolle spielen, z.B. sowas wie Leistungsdruck/Erwartungshaltung der Elternhäuser.

    Davon mal abgesehen, heißt es nicht, dass andere Länder etwas zwangsläufig besser machen, nur weil sie es anders machen. Man könnte das Ganze mal positiv formulieren: Während andere Länder behinderte Kinder einfach "nur" mitlaufen lassen, gibt (gab?) sich Deutschland extra die Mühe, sich zwecks individueller Förderung eigene Schulen, in denen Kinder mit besonderem Förderbedarf gezielt in Bezug auf ihre kognitiven, körperlichen und/oder psychischen Bedürfnisse beschult werden, mit eigens hierfür ausgebildeten Lehrern, niedrigerem Klassenteiler, zusätzlichem Personal (~ geistige Entwicklung, körperlich-motorische Entwicklung) und finanziellen Ressourcen, zu leisten.

    Analog das Ausbildungssystem, das es in dem Ausmaß in anderen Ländern so auch nicht gibt. Nur weil in anderen Ländern mehr Leute studieren, spricht das ja nicht gegen unser Bildungssystem, in dem anteilig mehr Leute sich für eine (qualitativ hochwertige) Ausbildung entscheiden.

    Streng genommen müssten solche Schulen auch Schülern ohne Förderbedarf aber mit (leichter unter-)durchschnittlichem IQ aufnehmen, die realistische Chancen auf einen Haupt- oder Realschulabschluss haben, da nicht vermittelbar ist, warum Schüler mit Förderbedarf "Lernen" beschult werden dürfen, Schüler mit höherem kognitiven Potential jedoch nicht. Gleichermaßen dürfte auch keiner sitzen bleiben, da Schüler mit Förderbedarf "Lernen" das Klassenziel mit größter Wahrscheinlichkeit ebenso wenig erreichen konnten. Wir wären hier bei einer Gesamtschule ohne Selektionsmöglichkeit (also auch ohne das Selektionsinstrument "Noten").

    Nur weil sich bislang vor allem Gymnasial- und Berufskollegkollegen an der Diskussion beteiligten, ging es nie darum, dass Gymnasien eine Sonderrolle einnehmen sollen. Ich habe es stets so verstanden, dass die Argumente gleichermaßen für die anderen Schulformen (zumindest der Sek I, um die Primarstufe ging es bislang noch nicht wirklich explizit) gelten. Ich meine mich auch daran zu erinnern, dass Schmidt das mal explizit auch so schrieb.

    Natürlich sind Aussagen wie "Ich will nicht mit Menschen mit Behinderung arbeiten." und "Ich will nicht mit Menschen mit Krebs arbeiten." problematisch, auf der anderen Seite muss man doch sagen, dass sich außerhalb des sozialen oder medizinisch-pflegerischen Bereichs diese Problematik gar nicht erst stellt. Arbeitet man als Fleischereifachverkäufer, Rechtsanwalt oder Busfahrer hat man sicherlich auch mal Kunden mit Behinderung, aber ob ich jetzt Karl oder Franz ein Stück Wurst verkaufe oder von A nach B fahre, beeinflusst die Arbeit tatsächlich weniger als wenn ich Karl oder Franz im Unterricht sitzen habe. Der Fleischereifachverkäufer spricht vielleicht etwas langsamer und nutzt einfachere Worte, aber er muss nicht die ganze Auslage neu gestalten, wenn er weiß, dass er Menschen mit Behinderung zu seinen Kunden zählt. Und das ist der Unterschied zum Lehrer. Für ihn hat die kognitive Ausgangssituation seiner Schüler schlichtweg einen sehr großen Einfluss auf seine Arbeit und daher spielt dieser Aspekt mit in die Entscheidung für das jeweilige Lehramt mit rein.

    Ob digitale Nachrichten immer so umweltfreundlich sind, sei mal dahingestellt. Der Energieverbrauch durch Versenden dieser riesigen Datenmengen Tag ein, Tag aus wird gerne mal stark unterschätzt. Bei Papier kommt es immer darauf an, wo es herkommt, wie es verarbeitet wird, wie es verwendet wird und was nach der Verwendung hiermit geschieht. Papiergebrauch kann durchaus nachhaltig sein.


    Humblebee: Aus eigener Erfahrung kann ich dir den Tipp geben, das Fehlen der Zeitung zeitnah zu melden - in der Regel bei der Firma, die die Zeitungen vertreibt. Spätestens bei der 3. Meldung fragen die Zeitungsfirmen beim Zusteller doch mal nach, was da los ist und erinnern an die fristgerechte Zuteilung an alle Haushalte im Einzugsbereich.

    Ich verschicke gerne Briefe und finde den Vorgang super einfach: Brief schreiben, zur Poststelle im Ort laufen/fahren, Brief abgeben - fertig. Daher überlege ich, wo genau die Schwierigkeit dabei ist, aber vielleicht haben wir hier vor Ort einfach eine Poststelle, die das Ganze super managet und daher größere organisatorische Probleme gar nicht erst entstehen.

    Es gibt sehr unterschiedliche Herangehensweisen zum Lebensabschnitt "Studium". Diejenigen, die sich auf die rein vorgegebenen Veranstaltungen im Modulhandbuch halten, machen dies aus sehr unterschiedlichen Beweggründen: Entweder, sie haben nicht viel Geld, müssen daher nebenbei viel arbeiten, gleichzeitig das Studium in möglichst kurzer Zeit absolvieren und beschränken sich daher auf das Nötigste. Dann gibt es die Pragmatiker, die einfach möglichst schnell von A nach B kommen wollen - und da ist das Studium Mittel zum Zweck. Ein kleiner Teil hat vermutlich schlichtweg keine Lust, mehr als absolut nötig zu machen. Und dann gibt es natürlich diejenigen, die zwar merken, dass der Beruf das Richtige ist, das Studium ihnen aber einfach nicht liegt, weswegen sie irgendwie versuchen, einfach durchzukommen - auch wieder orientiert am Mindestmaß.

    Grundsätzlich ist es sicher immer von Vorteil, zusätzliches Professionswissen zu haben, insbesondere, wenn es nicht nur darum geht, die Arbeit möglichst qualitativ hochwertig zu verrichten, sondern im Idealfall darüber hinaus noch Interesse am neuen Wissenserwerb zu haben. Dabei frage ich mich, ob es Studienfächer gibt, in denen die Studenten eher bereit sind, zusätzliche Kurse zu wählen, als in anderen. Antimon : Wie sieht das denn im Bereich Chemie/andere Naturwissenschaften aus?

    Wenn heute so viele Kinder wie irgend möglich aufs Gymnasium gehen sollen, dann fällt den Realschulen mittelbar die Rolle der Restschule, d.h. die Schule für alle Nicht-Gymnasialkinder, zu, da es ja nur noch sehr wenige Hauptschulen gibt. Das entspricht nicht meiner eigenen Meinung, ist aber eine nüchterne Feststellung. (Allerdings blendet das natürlich die Gesamtschulen völlig aus.)

    Dieser Trend wird heutzutage ja doch deutlich stärker (auch medial) kritisiert als es noch vor 10 oder 15 Jahren der Fall vor. Ich stelle da schon ein Umdenken innerhalb der letzten 2-3 Jahre fest, wobei es vermutlich noch ein paar Jahre dauern wird bis die Eltern sich komplett von der "Die Welt geht unter, wenn mein Kind es nicht auf das Gymnasium schafft."-Mentalität, die letztendlich auch über mehrere Jahre wuchs, verabschieden, sich auch wieder trauen, ihr Kind auch auf eine nicht-gymnasiale Schulform zu schicken, und, das is zumindest meine Hoffnung, damit ihren Teil dazu beitragen, dass das Restschulimage wieder verschwindet.

    Bei der Förderschule gab es dieses Umdenken bereits: Förderschulen haben heute ein viel positiveres Image als noch vor 10-15 Jahren.

    Ich hatte beide Fächer nicht bis zum Abitur, von daher gebe ich dir da Recht. Mir ging es in dem zitierten Fall um laleona s Schüler, die eben laut ihrer Stundentafel Informatik- (und vielleicht auch Chemie- oder zumindest NaWi-) Unterricht haben und wenn dieser Unterricht schon stattzufinden hat, dann am ehesten noch mit Inhalten, die für die Schüler auch tatsächlich Alltagsrelevanz haben. Das ist ja gerade das Argument für den Fortbestand der Förderschule.

    Da spielt sicher noch einmal die zugehörige Schulform eine Rolle. Im Gymnasium lassen sich "Formalismen" sicher nicht vermeiden, wenn das Ziel die allgemeine Hochschulreife und damit im Fall von Chemie die Vorbereitung für ein naturwissenschaftliches Studium ist. Bei der Förder- oder Hauptschule sollte "Alltagsrelevanz und Nachhaltigkeit" vergleichsweise eine größere Rolle spielen. Ob Förderschüler Lernen wirklich später groß mit Programmierung zu tun haben werden, wage ich zu bezweifeln, aber ein paar von den von laleona genannten Aspekten spielen ja durchaus auch für ihre Schüler in deren Alltag eine Rolle.

    Ich glaube, bei den Rechnungen muss noch berücksichtigt werden, dass zwischen den einzelnen Lebensphasen (sprich Abitur, Studium, Referendariat, Übernahme Planstelle) auch mal mehrere Wochen oder gar Monate Leerlauf/Wartezeit vorhanden sind, die man nicht vermeiden kann, da die einzelnen Phasen ihre fixen Anfangs- und Startpunkte haben. Klar, kann man dazwischen jobben o.ä., aber wenn mit konkreten Zahlen gerechnet wird, müssen auch diese paar Monate berücksichtigt werden.

    plattyplus hat insofern mit seinem Einwand Recht, dass zwischen optimaler und realistischer Planung unterschieden werden sollte. Wenn alles glatt läuft, kann man sicher mit 26 als Berufsschullehrer arbeiten. Wenn nur ein Zahnrädchen sich nicht wie erwartet in die gewünschte Richtung mit dem gewünschten Tempo weiterdreht, verzögert sich der Berufseinstieg und damit reduziert sich wiederum das Lebenseinkommen,

    Die Kopftuchdebatte halte ich für anachronistisch. Das ist doch längst geklärt. Wer es aus religiösen Gründen tragen will, darf es tragen.

    Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich geklärt ist, da die Debatte sonst nicht immer aufs Neue auftauchen würde. Gerade der Vergleich mit anderen religiösen Kleidungsstücken bzw. der Hinweis auf nicht-religiöse, aber weltanschauliche oder kulturspezifische Kleidungsstücke zeigt meiner Meinung nach, dass das Thema noch nicht ausreichend gesamtgesellschaftlich durchdrungen und hinsichtlich vorhandener Widersprüche zu Ende gedacht wurde.

    Aber ich habe die Vorstellung, dass es durch die Inklusion eben nicht die komischen Kinder von der Dummenschule sind, sondern Tina und Sylvie aus der eigenen Klasse, mit denen man spielen kann, die besonders schön singen oder zeichnen oder eine Vorliebe für was-auch-immer haben.

    Ich würde behaupten, dass Freundschaften genau dann entstehen, wenn viele gemeinsame Interessen bestehen. Theoretisch ist es natürlich möglich, dass auch in einem inklusiven Setting die schlaue Susi mit den von dir genannten Tina und Sylie befreundet ist. Intuitiv würde ich jedoch zunächst sagen, dass das, je nachdem inwieweit Tina und Sylvie eingeschränkt sind, weniger wahrscheinlich ist. Aus einer unterschiedlichen Entwicklung leiten sich schnell unterschiedliche Interessen ab, es würde vermutlich an einer gemeinsamen Basis für eine Freundschaft zwischen Susi und den anderen Beiden mangeln.

    Ein solches theoretisches Szenario wäre super, aber ist es realistisch? Man könnte einfach mal spaßeshalber hier im Forum fragen, wie viele User Freunde mit Behinderung im Bereich GE/LE/EE haben.

    Ich habe gerade herausgefunden, dass die niedersächsische Regierung plant, die Förderschule "Lernen" bis 2028 auslaufen zu lassen, die FDP jedoch ein Volksbegehren startete, um Eltern und Kindern weiterhin die Möglichkeit zu lassen. In Barsinghausen wird z.B. die Förderschule "Lernen" sehr gut angenommen (Quelle). Vielleicht kannst du, Palim , uns ja auf dem Laufenden halten, wie es in der Sache weitergeht.

    Ich verstehe deine Argumente, kleiner gruener frosch , aber nur weil Inklusion an den von dir genannten Schulformen häufiger praktiziert wird, heißt das ja nicht unbedingt, dass Inklusion dort automatisch auch gut läuft. Auch hier im Forum habe ich durchaus den Eindruck, dass sich zwar Grund- und Gesamtschullehrer eher damit arrangieren, das Beste aus der Situation wie sie jetzt ist zu machen, dass ihnen dennoch die große Heterogenität zu schaffen macht und sie unter Stress stehen, allen Schülern gerecht zu werden, die curricularen Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig all das im vorhandenen Deputat unterzubringen.

    Eine Idealvorstellung von inklusiven Schulen ist eben das, eine Idealvorstellung, daher finde ich, wenn ein Vergleich angestrebt werden soll, dann zwischen realistischem Bild von Unterricht an Förderschule im Jahr 2022 und realistischem Bild von Unterricht an [Schulform des Regelschulsystems] im Jahr 2022 sinnvoller, um zu überlegen, wo a) Kind mit Behinderung b) Mitschüler c) Lehrer am meisten profitieren.

    Wenn jemand befürwortet, dass ein Kind mit Lernbehinderung zieldifferent an einem Gymnasium unterrichtet wird, müsste das dann nicht in gleichem Maße für ein Kind mit durchschnittlichem IQ, das vermutlich an einer Realschule anzutreffen wäre, gelten? Wenn man den Gedanken zu Ende denkt, wären wir im Prinzip bei einer Gesamtschule. Es muss einfach geklärt werden, was wir gesamtgesellschaftlich wollen: leistungshomogene oder -heterogene Klassen.

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