Vorab, danke für deine Rückfrage. Ich bin ehrlich, dass mir noch keine erfolgsversprechende Maßnahme für die Erreichung dieses Zieles eingefallen ist. Zur Analyse aktueller Probleme schaue ich gerne, wie es "früher" war. Auch früher lief nicht in allen Familien alles glatt; vieles lief sogar deutlich eher "unter dem Radar" als heute. Mir fehlt der Blick weit in die Vergangenheit, aber ich würde behaupten, dass ein größerer Anteil an Kindern heutzutage über basale Alltagskompetenzen verfügt als dies früher der Fall war. Ironisch, wenn man bedenkt, dass heutzutage die Lage viel besser ist: Familien und Kinder haben vor dem Gesetz mehr Rechte, das Bildungs- und Wirtschaftsniveau ist zumindest formal höher, die Anzahl der Kinder pro Frau geringer und das Alter der Frau beim ersten Kind höher. Warum erziehen Eltern ihre Kinder überhaupt? Geht es ihnen im Leben gut, wollen sie, dass die Nachfolgegeneration es auch gut im Leben hat. Geht es ihnen im Leben schlecht, wollen sie es von Anfang an mit den Kindern "richtig" machen, sodass diese es im Leben später mal besser haben. Es geht am Ende um soziale Angepasstheit.
So, warum ist das aber bei einem immer größer werdenden Teil der Familien nicht mehr der Fall? Hier kann ich nur Vermutungen anstellen. Erfahren Familien wirklich erhebliche Nachteile, wenn sie ihren Kindern nicht zeigen, wie man gescheit eine Schere hält? Wenn wir ehrlich sind: nein. Im Zweifelsfall übernimmt diese Aufgabe ein Anderer und das ist häufig die Schule. Du wirst mir zustimmen, dass die Schule viele Aufgaben in den letzten Jahren übernahm, die davor klassisch vom Elternhaus übernommen wurden - und auch vom Elternhaus übernommen werden können, da die Vermittlung von Alltagskompetenzen unabhängig von Bildungsstand und wirtschaftlicher Ausgangslage ist. Wir, als einzelne Lehrkräfte, nicht einmal einzelne Schulen, können hier wenig erreichen, aber vermutlich müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen:
Wenn Eltern ihren Kindern nicht zeigen, wie man eine Schere hält, übernehmen wir diese Aufgabe, auf dass Familien sich ggf. darauf ausruhen, dass im Zweifelsfall die Schule "schon macht", oder lehnen wir das ab mit der Konsequenz, dass dies zum Nachteil der Kinder ist, die noch am allerwenigsten etwas für die Erziehungsentscheidungen ihrer Eltern können?
Es ist eine schwierige Ausgangslage, aber vielleicht hast du eine Idee hierzu.